Markus Hürlimanns umfassende Erklärung

Diesen Donnerstag treffen Markus Hürlimann und Jolanda Spiess-Hegglin erstmals nach dem Skandal wieder im Kantonsrat aufeinander. Hürlimann versendet gleichzeitig eine Erklärung zu Handen des Kantons- und Regierungsrates. Diese finden Sie hier:

Erklärung z.H. des Kantonsrates und des Regierungsrates vom 29. Januar 2015

Sehr geehrter Herr Kantonsratspräsident Geschätzte Mitglieder des Kantonsrates Sehr geehrter Herr Landammann
Werte Mitglieder des Regierungsrates

Seit dem 23. Dezember, als mich die Staatsanwaltschaft zum Abend des 20. Dezember vernommen hat, habe ich mich mehrmals intensiv mit folgenden Fragen beschäftigt:

  • Kann ich als Präsident der SVP Kanton Zug weiterhin das nötige Vorbild sein?

  • Muss ich als Mitglied des Kantonsrates zurücktreten?

  • Soll ich an der heutigen Sitzung des Kantonsrats teilnehmen?

    Die Antworten auf diese und weitere Fragen fielen mir nicht alle gleich leicht. Sofort – am Sonntag nach der Landammann-Feier – war mir klar, dass ich mich mit meinem «Fremdküssen» mit Jolanda Spiess-Hegglin – erlauben Sie mir den Ausdruck – meiner Frau gegenüber unredlich und unwürdig benommen hatte und dass ich ihr dieses moralische Fehlverhalten «beichten» und dafür gradestehen wollte. Mir war sofort klar: Das war unangebracht, dafür muss ich die Verantwortung tragen. Entsprechend habe ich meine Verantwortung übernommen, sofort das Gespräch mit meiner Frau gesucht und ihr reinen Wein eingeschenkt.

    Verantwortung tragen

    Das Bewusstsein, dass wir für das, was wir tun, auch selbst die Verantwortung tragen – und tragen müssen –, ist und war mir immer schon sehr wichtig. Diese Einstellung hat sich mit dem 20. Dezember nicht im Geringsten geändert. Ich bin deshalb auch von allem Anfang an meiner Verantwortung nach- gekommen, als plötzlich der Vorwurf im Raum stand, ich hätte mich an Jolanda Spiess vergangen. Die schwerwiegenden Anschuldigungen und die Vorverurteilung, denen ich in den Medien und in der Öffentlichkeit seit der Landammannfeier ausgesetzt bin, gingen allerdings nicht spurlos an mir vorbei. Ich verwahre mich in aller Form dagegen. Ich bin sehr an einer raschen und vollständigen Klärung interessiert und arbeite in allen Punkten eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen. Gerne hätte ich schon längst ausführlich dazu Stellung genommen, doch aufgrund des laufenden Vorverfahrens sind mir die Hände gebunden.

    Abgabe des SVP-Präsidiums

    Ebenso rasch, wie mir klar war, dass ich privat zu meinem Fehlverhalten stehen musste, war mir klar, dass ich auch politisch zu meiner Verantwortung stehen und das Präsidium der SVP Kanton Zug abgeben musste. Ich hätte für die Partei nicht mehr das unbescholtene Vorbild sein können wie zuvor.

    Verpflichtung als Kantonsrat

    Zugleich war für mich klar, dass ich als Kantonsrat nicht zurücktrete, sondern auch hier meine Verantwortung als gewählter Volksvertreter wahrnehme. Als solche sind wir alle unseren Wählerinnen und Wählern verpflichtet, hier im Rat konstruktive Sachpolitik zu Gunsten unseres Kantons und seiner Bevölkerung zu betreiben. Mein einmaliges und privates moralisches Fehlverhalten ändert daran nichts.

    Privates moralisches Fehlverhalten

    Erlauben Sie mir, etwas eingehender auszuführen, weshalb ich von einem «privaten» moralischen Fehlverhalten spreche. Es geht hier um die grundsätzliche Frage, was wir alle als so genannte «Perso- nen des öffentlichen Interesses» alles dürfen und was nicht, welche ihrer Handlungen privat und welche öffentlich sind usw. Vielleicht haben Sie sich in den vergangenen Wochen gefragt, wie Sie reagieren würden, wenn Sie sich ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt wären?

    Einfach wäre eine möglichst klare Schwarz-Weiss-Definition: Entweder ist alles, was eine Person mit einer öffentlichen Funktion tut, per se öffentlich. Oder aber wir fordern für uns, dass wir auch ebenso umfassende Privatsphäre hätten wie alle andern Leute auch. Die Wahrheit liegt dazwischen: Jede öffentliche Person muss besonders sensibel für diese Fragen sein, jede Person hat aber auch eine Pri- vatsphäre.

    Jolanda Spiess und ich haben diese Sensibilität am 20. Dezember im Restaurant Schiff vermissen lassen. Das bedaure ich sehr. Wir haben jedoch beide nicht an einer offiziellen öffentlichen Veranstaltung und nicht als öffentliche Personen gehandelt. Die Landammannfeier war längst zu Ende. Die Personen, die sich im Restaurant Schiff nach der offiziellen Feier noch zu einer spontanen «Verlängerung» ein- fanden, taten dies weder geplant noch organisiert. Das mag für die Medien in ihrer notgedrungen verkürzenden Berichterstattung ein Detail sein, ist es aber nicht. Wäre nicht plötzlich von KO-Tropfen und strafrechtlichen Delikten die Rede gewesen, hätte wohl ein gehöriges Gerede resultiert, aber keine «Medienschlacht», wie wir sie jetzt erleben. Wohl niemand hätte meinen Rücktritt aus dem Kantonsrat oder meinen Parteiausschluss gefordert.

    Teilnahme an der heutigen Kantonsratssitzung

    Nicht mehr ganz so einfach fiel mir, offen gestanden, seit der Mitgliederversammlung der SVP Kanton Zug in Walchwil vor einer Woche die Antwort auf die Frage, ob ich denn tatsächlich an der heutigen Kantonsratssitzung teilnehmen sollte oder nicht. Mit Blick auf den Medienrummel in Walchwil musste ich befürchten, dass dieser hier weitergeht und die geordnete sachpolitische Arbeit des Kantonsrats behindert. Mein und sicher auch Ihr aller Anliegen ist, dass sich die Diskussionen in der Zuger Politik so rasch wie möglich wieder um Sachgeschäfte drehen. Aber: Ich kann’s nicht ändern, hätte es auch mit einem Ausstand für die aktuelle Sitzung nicht ändern können. Ich stehe deshalb auch hier zu meiner Verantwortung und nehme teil.

    Bedauern über die Auswirkungen

    Wie schon mehrmals betont, bedaure ich mein moralisches Fehlverhalten und das, was es ausgelöst hat, sehr. Dazu gehören auch die unangenehmen Auswirkungen auf die politische Diskussion im Kan- ton Zug und auf die Arbeit des Kantonsrates. Ich entschuldige mich für meinen Teil in aller Form bei Ihnen, Herr Kantonsratspräsident, geschätzte Mitglieder des Kantonsrats, Herr Landammann, werte Mitglieder des Regierungsrates. Ebenso entschuldige ich mich bei allen Personen, welche die Staatsanwaltschaft einvernommen hat oder noch einvernehmen wird, für die Unannehmlichkeiten.

    Ich versichere Ihnen nochmals: Ich werde alles tun, was für eine rasche Klärung, die es dafür braucht, nötig ist. Zugleich verwahre ich mich nochmals gegen jegliche Vorverurteilung. Ich habe mir strafrechtlich nichts zu Schulden kommen lassen, sondern ein moralisches Fehlverhalten begangen, und ich kann Ihnen garantieren, dass ich in meinem Leben weder jemals über KO-Tropfen oder ähnliche Substanzen verfügt noch daran gedacht habe, solche zu verwenden. Es läuft ein Vorverfahren und es gilt die Unschuldsvermutung. Diese gehört ebenso zu unserem gut funktionierenden Rechtsstaat wie ein wirksamer Opferschutz. Beides ist gut so.

    Zug, 29. Januar 2015, Markus Hürlimann

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