Luzerner demonstrieren massiv mehr – trotz Kostengefahr
Die Luzerner Polizei kann ihre Kosten während gewalttätiger Demonstrationen auf den Veranstalter und die Störenfriede mit bis zu 30’000 Franken abwälzen. Dennoch nehmen Demos in Luzern massiv zu.
In der Stadt Luzern hat sich die Anzahl an genehmigten Demonstrationen seit 2015 fast verzehnfacht. Unbewilligte Versammlungen oder Krawalle durch Fussballfans sind in dieser Zahl nicht erfasst. Die Zunahme erstaunt, da es Luzern im kantonalen Vergleich nicht leicht macht, eine Demonstration zu beantragen.
Eine Demonstration anzumelden, bedarf hier nicht nur einiges an Geduld, sondern birgt auch eine finanzielle Gefahr. Wenn es auf der Veranstaltung zu Ausschreitungen kommt, darf die Polizei Teile der Kosten auf den Veranstalter abwälzen. Luzern hat die betreffende Regelung vor wenigen Jahren in sein Polizeigesetz aufgenommen.
Die Anzahl an Demonstrationen hat sich verzehnfacht
Doch von diesen rechtlichen Stolpersteinen scheinen sich die Luzernerinnen nicht aufhalten zu lassen. Während die Stadt im Jahr 2015 noch neun Demonstrationen bewilligen musste, stieg die Anzahl zuletzt massiv an und erreichte im Jahr 2021 mit 87 bewilligten Demonstrationen ihren Höhepunkt – bis jetzt.
«Wir stellen eine markante Zunahme, insbesondere auf Basis der Covid-Interventionen und der anhaltenden Auseinandersetzungen in der Türkei und Syrien fest.»
Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen
Auf Anfrage teilt der städtische Verantwortliche Mario Lütolf mit, Luzern verfüge über keine Vergleichsdaten aus anderen Städten, könne also nicht einschätzen, ob die Zunahme ein Einzelfall ist. «Wir stellen eine markante Zunahme, insbesondere auf Basis der Covid-Interventionen und der anhaltenden Auseinandersetzungen in der Türkei und Syrien fest.» Veranstaltungen letzterer Art unternimmt in Luzern der Kurdische Kulturverein.
2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
9 | 35 | 52 | 56 | 65 | 49 | 87 | 69 |
Demonstrationen in Luzern bedürfen immer einer Bewilligung oder im Falle eines kurzfristigen Ereignisses einer Meldung. So kann die Stadt Abklärungen mit allfälligen Parallelveranstaltungen treffen oder Sicherheitskonzepte mit der Polizei und dem städtischen Sicherheitsbeauftragten erarbeiten. Im laufenden Jahr seien bereits 17 Kundgebungen angefragt oder bewilligt worden, informiert Mario Lütolf.
Amnesty International kritisiert lange Bewilligungsverfahren
Für die Nichtregierungsorganisation Amnesty International dauern die Verfahren in Luzern und Zug trotzdem deutlich zu lang. Während in Zürich Gesuche bis 72 Stunden vor der Veranstaltung eingereicht werden können, brauche es in Luzern und in Zug wochenlange Vorarbeit.
«Wir sehen, dass in Zug und Luzern die Bewilligungsfristen vergleichsweise lange sind.»
Natalie Wenger, Pressereferentin Amnesty International Schweiz
In Luzern beispielsweise müssten Gesuche 4 bis 8 Wochen vor der Demonstration postalisch bei der Bereitschafts- und Verkehrspolizei eingereicht werden, schreibt die Schweizer Pressereferentin der Organisation, Natalie Wenger, auf Anfrage. In Zug dauere die Frist bereits für kleine Veranstaltungen wie Kuchenverkäufe vier Wochen. «Wir sehen, dass in Zug und Luzern die Bewilligungsfristen vergleichsweise lange sind.»
Ausserdem scheinen die beiden Kantone – gemäss Amnesty International – an Feiertagen häufiger Demonstrationsverbot auszusprechen als andere Kantone.
Die Stadt Luzern weist die Vorwürfe von Amnesty International zurück. Diese würden jeglicher Kenntnis der lokalen Verhältnisse entbehren und seien inkorrekt, erklärt Mario Lütolf. Der Vorbereitungsaufwand und die notwendigen Koordinationsarbeiten würden sich stattdessen nach der Kooperationsbereitschaft der Veranstalter, dem Raum, der Zeit und den Ressourcen richten.
Polizeikosten können in Luzern abgewälzt werden
Eine deutlich tiefergreifende Einschränkung des Rechts auf Protest sieht Amnesty International jedoch im §32b des Luzerner Polizeigesetzes. «Der Kanton Luzern hat als erster Kanton überhaupt eine Regelung zur Abwälzung von Polizeikosten realisiert», erklärt Natalie Wenger.
Im Jahr 2015 hat der Luzerner Kantonsrat gutgeheissen, dass Teilnehmer und Veranstalter von gewalttätigen Kundgebungen an den Polizeikosten beteiligt werden. Zwei Jahre später befand das Bundesgericht Teile des Gesetzes für verfassungswidrig. Indem Demonstrationsteilnehmer zu gleichen Teilen an den Kosten beteiligt werden, bestrafe das Gesetz auch friedliche Teilnehmerinnen – lautete das Argument.
Die Polizeikosten auf die Veranstalter und gewalttätige Teilnehmerinnen abzuwälzen, sei dagegen in Ordnung, urteilten die Richterinnen. Heute können Veranstalter in Luzern mit bis zu 30’000 Franken an den Polizeikosten beteiligt werden, wenn sie keine Bewilligung haben oder sich den Auflagen widersetzen. Gewalttätige Teilnehmer müssen mit bis zu 10'000 Franken oder in Ausnahmefällen mit maximal 30’000 Franken die Kosten der Polizei mittragen.
«Dies ist eine bedeutende Einschränkung des Rechts auf Protest, da drohende Kosten Veranstalterinnen und Demonstrantinnen abschrecken können, ihr Recht auszuüben.»
Natalie Wenger, Pressereferentin Amnesty International Schweiz
Natalie Wenger fürchtet aufgrund der hohen Hürden und Auflagen einen sogenannten «chilling effect» auf Menschen, die sich überlegen, protestieren zu gehen oder Demonstrationen zu organisieren. «Dies ist eine bedeutende Einschränkung des Rechts auf Protest, da drohende Kosten Veranstalterinnen und Demonstrantinnen abschrecken können, ihr Recht auszuüben.»
Die meisten Demonstrationen in Luzern verlaufen friedlich
Für die Stadt Luzern sind die «eingespielten Prozesse» bestens geeignet, um Demonstrationen zu organisieren. Es sei der Stadt so möglich «maximal flexibel, einfach, rasch und in der Regel in gutem Einvernehmen mit den Gesuchstellenden zu agieren», sagt Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen.
Zudem sei das Gewaltpotenzial bei den bewilligten Demonstrationen gering. «Die Platz- und Laufkundgebungen verlaufen grösstenteils friedlich, beziehungsweise im Rahmen der mit der Bewilligung gesetzten Bedingungen und Auflagen», ergänzt Lütolf.
Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde nachträglich um eine weitere Stellungnahme der Stadt Luzern ergänzt.
- Schriftlicher Austausch mit Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen
- Schriftlicher Austausch mit Natalie Wenger, Pressereferentin von Amnesty International Schweiz
- Beitrag von SRF
- Eintrag aus dem Luzerner Polizeigesetz
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Armando, 23.05.2023, 20:32 Uhr Der Kanton Luzern war noch nie ein Hort demokratischer Rechte, wie ich schon in meiner Jugendzeit erleben musste. Früher Patrizier-Herrschaft, welche die Bauern bis aufs Blut aussagte, bis es zum Bauernkrieg kam, später in Sonderbundskrieg auf der falschen Seite. Heute noch immer ein konservativer, asozialer Kanton, siehe z.B. Bundesgerichts-Entscheid Krankenkassenprämien. Mit 19 habe ich diese unwirtliche Gegend verlassen, der Kanton hat damit einen guten Steuerzahler verloren.
👍0Gefällt mir👏2Applaus🤔0Nachdenklich👎5Daumen runterMarie-Françoise Arouet, 23.05.2023, 20:58 Uhr Ihre Jugendzeit fiel in die Epoche der Bauernkriege? Spannend! Und nach dem Sonderbundskrieg sind Sie dann nach Zürich ausgewandert, da man es ja mit den Siegern halten soll, und zahlen dort jetzt gerne mehr Steuern, die nicht nur in die Rote Fabrik, sondern durch den Finanzausgleich auch in die Berner Reitschule und andere Narrenhäuser der Wohlstandsverwahrlosung abfliessen?
👍4Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎2Daumen runterDunning-Kruger, 24.05.2023, 07:31 Uhr Das ist nichts ungewöhnliches. Während meines Studiums an der ETH
konnte man Zwingli und Waldmann Hänsu regelmässig beim gemeinsamen Flanieren am Hönggerberg beobachten. Das ist in Zürich bekannt unter dem Begriff «osmotisches Zeitkapsel-Syndrom» und seit langem ins kollektive Bewusstsein eingegangen. In Comprimé-Form übrigens auch in den Apotheken und Drogerien rund um den HB 24h erhältlich. Nette Verkäufer. Fragen Sie mal Harald Nägeli; der wird Ihnen das alles bestätigen.👍4Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runter
LD, 23.05.2023, 21:26 Uhr Als Heimwehluzerner lesen Sie zentralplus. Ah!
Aber Herr Voltaire hat Ihnen die richtige Antwort geliefert. Nicht wahr.👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runterMichail Alexandrowitsch, 23.05.2023, 22:00 Uhr Sie wollten also zur gesellschaftlichen Verbesserung keinen Beitrag leisten und setzten sich ab ins gemachte neoliberale Nest.
👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎3Daumen runterMarie-Françoise Arouet, 24.05.2023, 11:27 Uhr Was ist ein gemachtes neoliberales Nest ausser zwei schlecht vernähten Totschlagworten?
👍3Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterMichail Alexandrowitsch, 24.05.2023, 21:28 Uhr Oje, meine Ironie scheint misslungen. Jedenfalls wird nun der Neoliberalimus totgeschlagen, das Nest platzt auf.
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Jerome Halter, 23.05.2023, 20:19 Uhr Denen gehts einfach zu gut. Diese Demos sind einfach langweilig, aber was solls, sollen sie ihren Spass haben – und bezahlen!
👍3Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runterLD, 23.05.2023, 19:54 Uhr Ohne massive Fremdfinanzierung aus dem Zentrum der Ober»Guten», gäbe es AI nicht. Das Spendenspiel ist nur die Diversion dazu.
Im Übrigen sollten diese Leute nicht bei uns demonstrieren, denn wir haben nichts damit zu tun, sie blockieren nur die Strassen. Ein Ärgernis. Die richtigen Ansprechpartner sind die Ober»Guten» und die Kolonialisten, die Kurdistan zerstückelt haben für das katastrophale Teile-und-herrsche-Spiel in dieser Gegend. Die geopolitische Lage im Nahen Osten hat aber sich grundlegend verändert: Die Region beendet dieses Spiel, befriedet und organisiert sich neu und wendet sich vom Westen ab. Die türkischen Kurden müssten sich nun neu orientieren, was ihnen schwer fällt, denn sie sind die Gefolgsleute der Ober»Guten». Auf der bisherigen Schiene verlieren sie alles. Dass die AI in die gleiche Kerbe haut, beweist wessen Agenda sie befolgt.
Der Kommentar von Herrn Roth ist nicht nur deplatziert, sondern zeugt von tiefem Unverständnis der regionalen Verhältnisse. Ich empfehle mal beim Vertrag von Lausanne 1923 anfangen, der die kurdische Zerteilung zementierte, die neuen Machtverhältnisse zwischen der Türkei und den Besatzungsmächten Grossbritannien, Frankreich und Italien vertraglich festgeschrieb. Der zweitgrösste Sieger des WK II hat später übernommen. Nun aber ist Ende Spass. Die türk. Kurden sollten das schnell lernen. Sonst werden sie zerrieben.👍2Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runterMarie-Françoise Arouet, 24.05.2023, 19:01 Uhr Kennen Sie etwas geistig Trägeres als die türkischen Kurden? Lenin, Stalin, Öcalan. Drei mal Personenkult. Und ein bisschen die Frauen kleinhalten.
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👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterMarie-Françoise Arouet, 24.05.2023, 22:25 Uhr Der Punkt geht an Sie, Herr D!
Aber klar doch, die Gutmenschen. Geistige Trägheit vom Allerranzigsten plus nervige Übergriffigkeit und Selbstgefälligkeit.
Sehr selten nimmt in diesem Forum jemand eine rhetorische Figur auf, spinnt sie weiter und setzt noch Einen drauf.
Chapeau und Dank.👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runter
Marie-Françoise Arouet, 23.05.2023, 12:14 Uhr Sehr gute Fotografie: G-Wörter, „Anti“-Faschisten und Anhänger eines kurdischen Stalinisten vereint unter ihren Masken, den Parteiabzeichen der Staatstreuen und Obrigkeitshörigen. Sowas gilt dann als widerständig. Bravo, AI, ihr habt das richtige framing, um weiter Spendengelder zu generieren.
👍8Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎6Daumen runterGruesse vom Einhorn Schlachthaus, 23.05.2023, 13:59 Uhr Ich empfehle der AI, ganz nach Mao Kapitel 27, sich dem «Läuterungsvorhaben» von «Kritik und Selbstkritik» zu unterziehen…
👍8Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎4Daumen runterHans Peter Roth, 23.05.2023, 14:34 Uhr Erscheint mir logisch, dass Rechtsextreme nicht für AI spenden.
👍3Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎9Daumen runterGruesse vom Einhorn Schlachthaus, 23.05.2023, 15:02 Uhr Grossartig. Kaum findet Mao Erwähnung, ist logischerweise auch der Spiritus Rector der Maskenliebhabergesellschaft Hans Peter Roth nicht mehr weit. Ich grüsse Sie vom Tiananmen-Platz; hinter mir die beiden grossen Portraits Ihrer Lieblinge.
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