Sans-Papiers in der Coronakrise

Kanton Luzern will Sans-Papiers den Zugang zu Corona-Tests erleichtern

Sans-Papiers ohne Krankenkasse müssen den Covid-Test selber bezahlen. (Bild: ida)

Aus Angst, aufzufliegen oder auf Kosten sitzenzubleiben, schrecken Sans-Papiers oft vor einem Covid-Test zurück. Das sei eine Herausforderung, räumt die Luzerner Regierung ein. Anonyme Tests seien aber keine Lösung.

Menschen ohne gültige Aufenthaltsbewilligung würden sich in Luzern nie auf Corona testen lassen, auch wenn sie Symptome haben. Zu gross sei ihre Angst, aufzufliegen, sagte Nicola Neider vom Verein Sans-Papiers kürzlich gegenüber zentralplus.

Ein Problem, das auch in der Politik erkannt wurde. Der Kantonsrat hat am Dienstag ein Postulat von SP-Kantonsrat David Roth teilweise überweisen, von der Regierung Massnahmen verlangt, um den Zugang von Sans-Papiers und weitere Menschen ohne Krankenversicherung zu Corona-Tests und Impfungen sicherzustellen.

Alleine die Beratungsstelle der Kirche habe laut David Roth 150 Anfragen von Betroffenen gehabt, die sich nach Tests erkundigt hätten. Wie die Beratungsstelle schlägt auch der SP-Präsident anonyme Tests vor, um den Betroffenen die Angst vor Repression und Kosten zu nehmen.

Datenschutz wird gewährleistet

Auch für den Luzerner Regierungsrat ist es wichtig, dass sich möglichst viele auf das Coronavirus testen lassen, um die Ansteckungen einzudämmen. Theoretisch sei der Zugang auch gewährleistet, unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Persönliche Daten würden nicht an andere, etwa an die Polizei oder an Migrationsämter, weitergegeben, versichert die Regierung in ihrer Stellungnahme zum Postulat.

Für eine Impfung brauche es zudem keine Krankenversicherung. Sans-Papiers müssen persönliche Informationen und eine Telefonnummer angeben sowie sich vor Ort identifizieren, wofür beispielsweise ein Führerausweise oder der Swisspass genügen. Eine Krankenversicherung brauche es hingegen nicht zwingend. «In den Impfzentren besteht für die Sanspapiers somit bereits ein unbürokratischer und kostenloser Zugang zu den Impfungen unter Wahrung der Geheimhaltung», so die Regierung.

«Das Impfen haben wir im Griff, das Testen noch nicht.»

Guido Graf, Regierungsrat

Gesundheitsdirektor Guido Graf räumte am Dienstag aber ein, dass beim Testen Handlungsbedarf bestehe – nicht nur bei Sans-Papiers, sondern auch bei obdachlosen und sozial schwachen Menschen. «Das Impfen haben wir im Griff, das Testen noch nicht.»

Bund zahlt nur, wenn Krankenkasse vorhanden ist

Nebst der Angst vor einer Abschiebung sind beim Testen auch die Kosten ein Thema. Der Bund zahlt beim Covid-Test – anders als die Impfung – nur dann, wenn eine Krankenversicherung vorliegt. Sprich: Ohne Krankenkasse müssen Sans-Papiers die Kosten aus der eigenen Tasche berappen.

Der Kanton sei dran, für das Testen eine Lösung zu erarbeiten, sagte Guido Graf. Wie diese aussehe, konnte er am Dienstag noch nicht sagen. Einen anonymen Zugang zum Testen, wie dies David Roth forderte, ist laut Regierung aber keine Lösung. Das Ziel der Tests sei es ja gerade, erkrankte Personen zu ermitteln und Übertragungsketten zu unterbrechen – was mit einem anonymen Test verunmöglicht werde.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von estermap
    estermap, 28.01.2021, 08:39 Uhr

    Der Sans-Papiers soll sich vor Ort identifizieren, beispielsweise mit einem Führerausweis. Aha. Also ein schweizerischer kann ohne Wohnsitz nicht erworben werden. Und ein afghanischer kann im Impfzentrum gelesen werden…?

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  • Profilfoto von Linus Ruegge
    Linus Ruegge, 26.01.2021, 20:09 Uhr

    Bei der Einhaltung von Quarantäne und Isolation sind die Behörden sowieso auf die Eigenverantwortung der Erkrankten angewiesen. Wenn der Kanton anonyme und kostenlose Tests für Sans-Papiers ermöglichen würde, könnten diese Übertragungsketten eigenverantwortlich besser unterbrechen, als wenn sie sich aus Angst vor Repressalien gar nicht erst testen lassen.
    Dass dieses Problem nach einem Jahr Pandemie nicht nur ungelöst ist, sondern willentlich weiter bestehen soll, verstehe ich nicht. Ist der Regierung das «Prinzip» in diesem Fall wichtiger als die Gesundheit der Betroffenen und der Bevölkerung als Ganze?

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