«Ich bin nicht an Opferrollen interessiert»

Nach dem Knall bei der «Neuen Luzerner Zeitung»: Thomas Bornhauser meldet sich erstmals zu Wort. Und schreibt, wie er den «Krimi» erlebt hat.

Nachdem die «Neue Luzerner Zeitung» (NLZ) letzte Woche kräftig durchgeschüttelt wurde, hört man jetzt zum ersten Mal etwas über die Befindlichkeit des abtretenden Chefredaktors Thomas Bornhauser. Und zwar aus dessen eigener Feder. In seiner Sonntagskolumne in der «Zentralschweiz am Sonntag» schreibt Bornhauser, dass ihm der Wechsel nahegehe. «Nun halte ich gerne fest» schreibt Bornhauser, «aus der Vogelperspektive betrachtet gibt es wahrlich wichtigere öffentliche Themen auf dieser Welt. Aber in unserer kleinen Medienwelt schlug das Ganze wie eine Bombe ein. Auch ich als Hauptbetroffener in Luzern bin bewegt und schlafe derzeit schlecht. Was Wunder, wenn man sich über 20 Jahre lang mit Haut und Haar für ein Produkt und ein Team einsetzt!»

«Sogennante strukturelle Veränderungen»

Es sei eine der emotionalsten Wochen seines Berufslebens gewesen, schreibt Bornhauser. Begonnen habe sie mit der Meldung des «Tagesanzeigers», dass die Regionalausgaben der «Neuen Zürcher Zeitung» vor einschneidenden Massnahmen stünden. Am Montag sei er vom zuständigen Führungskollegen persönlich ins Bild gesetzt worden. Am Mittwoch ging die Medienmitteilung raus und informierte die Öffentlichkeit über die, O-Ton Bornhauser, «sogenannt strukturellen Veränderungen».

Bornhauser schreibt: «Und gleichentags wurde die Gesamtredaktion im Rahmen einer formellen Anhörung in Kenntnis gesetzt. Und vorgestern Freitag schliesslich haben wir vereinbart, dass ich die operationelle Leitung der Zeitung per Ende April abgebe.»

Es gäbe für ihn aber auch schöne Momente und herzliche Reaktionen. Und mit Beiträgen aus seiner Feder werde auch in Zukunft zu rechnen sein. «Mit dieser Ausgangslage bin ich ja nicht wirklich allein in einer Berufswelt mit wachsenden Unberechenbarkeiten. So oder so aber bin ich als Gestalter nicht an Opferrollen interessiert», schreibt Bornhauser. Das Leben gehe weiter. Das gelte ganz speziell für die «Neue Luzerner Zeitung» mit ihren Regionalausgaben und ihrem Onlineportal. Bornhauser: «Das, was publizistisch für unsere Region zählt, ist unabhängiger Journalismus. Nicht umsonst habe ich dafür in all den Jahren mehr gekämpft als für alles andere.»

 

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2 Kommentare
  • Profilfoto von thomas vonarburg
    thomas vonarburg, 26.02.2016, 10:44 Uhr

    Zum Wechsel an der Redaktionsspitze der «Neuen Luzerner Zeitung» und ihrer Regionalausgaben

    «Die NZZ räumt auf»: So brachte es «Der Landbote» letzten Donnerstag auf den Punkt. Will heissen: Das Zürcher Mutterhaus wird in Luzern bei der NLZ und in St. Gallen beim St. Galler Tagblatt – wohl eher früher als später – durchgreifen. Sprich: Stellen streichen, und zwar in den Ressorts Inland, Ausland sowie Wirtschaft, Sport und Kultur national/international. Alle anders lautenden Verlautbarungen sind Augenwischerei.
    Ein Armutszeugnis: Die NLZ brachte zu diesem medialen Erdbeben letzte Woche «in eigener Sache» nur ein dürres, ganz offensichtlich von Zürich diktiertes Communiqué zustande, unterzeichnet vom stellvertretenden NLZ-Chefredaktor Dominik Buholzer. Ende der Durchsage.

    Wen wunderts: In Luzerns «kleiner Medienwelt schlug das Ganze wie eine Bombe ein», wies NLZ-Chefredaktor Thomas Bornhauser drei Tage später in der «Zentralschweiz am Sonntag» dann doch noch kommentierte. Nur: Bornhauser verharrte dabei als «Hauptbetroffener» (Zitat Bornhauser!) etwas gar selbstgefällig in seinem persönlichen «Mikrokosmos» und seinen «schlaflosen Nächten» – um dann noch Eigenlob in Form von zwei Lesermeinungen nachzuschieben.
    Kein Zweifel, es ist ungerecht und hart, nach 20 Jahren als Chefredaktor aus der Ferne abserviert zu werden – und dies erst noch aus dem Zürcher Tages Anzeiger erfahren zu müssen. Was aber sagt Bornhauser über die restlichen NLZ-Redaktionsmitglieder – ebenfalls jede und jeder für sich eine «Hauptbetroffene» resp. ein «Hauptbetroffener» –, die dereinst auf der Strasse stehen könnten?

    Als langjähriger NLZ-Abonnent frage ich mich zusätzlich: Was beinhaltete die «formelle Anhörung zu den sogenannten strukturellen Veränderungen» der NLZ-Redaktion durch die NZZ-Verantwortlichen?
    Als zahlender Kunde möchte ich zudem wissen: Wieso verharrt die Redaktion an der Maihofstrasse in totaler kollektiver Schockstarre? Das ebenfalls betroffene St. Galler Tagblatt bewies letzte Woche, dass man über dieses Thema «in eigener Sache» durchaus kritisch und hintergründig berichten kann!
    Und als Bürger der Stadt Luzern drängt sich mir die Frage auf: Was gedenkt die lokale Politik gegen diese Zürcher Vereinnahmung zu unternehmen?

    Immerhin könnte diese unerfreuliche Entwicklung auch eine Chance sein: Nämlich wenn man bei der NLZ endlich zur Erkenntnis gelangt, dass es nur eine wirklich Erfolg versprechende Strategie gibt, um das «Printmedium NLZ» am Leben zu erhalten: Indem man das Lokale und Regionale deutlich stärker als bisher gewichtet – so halt, wie es für eine regional verankerte Zeitung mit Zentralschweizer Ausstrahlung selbstverständlich sein sollte.

    Thomas Vonarburg, Luzern

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  • Profilfoto von Markus Mathis
    Markus Mathis, 21.02.2016, 17:06 Uhr

    Der publizistische Zweck der NLZ ist es, die herrschenden Eliten der Region zu stützen, aber bestimmt nicht, unabhängigen Journalismus zu betreiben. Ich frage mich, in welchem Paralleluniversum Herr Bornhauser lebt und ob es dort Luft zum Atmen gibt.

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