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Ausschreitungen nach FCL-Spiel

FCL-FCB: Aus Basel hagelt es Kritik an der Luzerner Polizei

Standaufnahme aus einem Video, das die Luzerner Polizei beim Einsatz von Gummigeschossen zeigt. (Bild: @Happyfaceslover/Twitter)

Drei Tage nach den Ausschreitungen beim Spiel FCL-FCB werden aus Basel immer mehr Details bekannt zum Polizei-Einsatz nach dem Spiel.

Basel beschäftigt sich weiterhin mit den Ausschreitungen vor der Swissporarena. Nach Luzerns 0:3-Niederlage gegen den FC Basel kamen es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Luzerner Polizei schoss mehrfach mit Gummischrot auf Basler. Dabei soll es auch zu Verletzungen gekommen sein.

Schilderungen aus Basel werfen nun Fragen zur Verhältnismässigkeit des Polizei-Einsatzes auf. Das Basler Stadtmagazin «Bajour» hat mit fünf Anhängern des FC Basel gesprochen und ihre persönlichen Schilderungen ausführlich festgehalten. Und ein neues Video zeigt, wie mehrere Polizisten ohne erkennbaren Grund mit Gummischrot in eine Menschenmenge schiessen.

Die Luzerner Polizei hat sich mit bisher zwei Communiqués verteidigt. Sie wirft FCB-Anhängern vor, provoziert zu haben. Und stellt klar, dass sie keinem Basel-Fan den Zugang zum Auto für die Heimfahrt verweigert habe, wie zuvor behauptet worden ist.

Sie habe nach dem Spiel die Basler Autofahrer lediglich aufgehalten, bis die Luzern-Fans weggefahren sind, um eine Konfrontation auf dem Parkplatz zu verhindern (zentralplus berichtete).

Luzerner Polizei fordert Basler auf, Schlüssel in die Höhe zu halten

Das wäre soweit nichts ungewöhnliches. Gelegentlich werden die Auswärtsfans in Schweizer Stadien einfach im Stadion behalten, bis die Heimfans abgezogen sind. In Luzern lief es jedoch anders, wird aus Basel berichtet.

So schildert ein Fan gegenüber «Bajour», dass die Fans aus dem Stadion gelassen, davor dann aber von der Polizei abgefangen worden seien. Dort habe die Polizei die FCB-Anhänger dazu aufgefordert, in die Busse zum Bahnhof einzusteigen.

Das sorgte bei den Basler Autofahrern für Unmut. Deshalb habe die Luzerner Polizei schliesslich Autofahrer dazu aufgefordert, ihre Autoschlüssel in die Höhe zu halten. So sei dann im Schein von Taschenlampen nach Autofahrern in der Menge gesucht worden.

Daraufhin habe die Polizei einige Basler mit Autoschlüssel passieren lassen, andere jedoch nicht. Der Fan schildert im Bajour-Bericht, dass mehrere Autofahrer und deren Mitfahrer mit den Shuttle-Bussen an den Bahnhof gebracht werden sollten.

Baslern den Weg frei gemacht und dann geschossen

Laut einem anderen Basel-Fan hat die Polizei zu diesem Zeitpunkt eine Kette aus Polizisten verschoben und den Basel-Anhängern so den Weg zu den Parkplätzen doch noch freigemacht. Als eine Gruppe Fans daraufhin passieren wollte, habe plötzlich eine Polizeieinheit mit Gummischrot das Feuer eröffnet.

Das habe ein Durcheinander ausgelöst. Die in den Bussen wartenden Fans hätten beobachtet, wie die flüchtenden Fans auf sie zurannten. Empörung habe dann zu ersten Beschädigungen an den Bussen geführt.

Ein Anhänger aus dem Umfeld der Basler Muttenzerkurve erzählt «Bajour», es habe vor und während dem Spiel «keine Pläne für Stress» gegeben. Die Gruppierungen, die für Auseinandersetzungen berüchtigt sind, hätten sich auf einen friedlichen Fussballabend eingestellt gehabt. Eine Konfrontation mit der Polizei hätten sie vermeiden wollen.

Luzerner Polizei ändert ihre Darstellung

Ursprünglich hat die Luzerner Polizei den Anhängern des FC Basel vorgeworfen, sie mit Böllern und Pyro-Würfen provoziert zu haben. Die Basler Anhänger dementierten das vehement. Und soweit zu Überblicken einstimmig. Auch sind bis jetzt keine Fotos oder Videos aufgetaucht, die die Aussagen der Polizei stützen.

Am Montag änderte die Luzerner Polizei ihr Narrativ dann in einem zweiten Communiqué, in dem Pyros und Böller plötzlich mit keinem Wort mehr erwähnt werden. Neu kommunizierte die Polizei, Anhänger hätten versucht eine Polizeisperre zu durchbrechen. Als diese wieder aufgestellt war, habe sie mit Gummischrot geschossen.

Auch darauf antworteten Basels Anhänger schon bald mit einem Video, in dem ein scheinbar unprovozierter Einsatz von Gummischrot zu sehen ist: Gleich mehrere Polizisten eröffnen in dem Video ohne erkennbare Bedrängnis das Feuer auf eine Gruppe von Basel-Anhängern. Gemäss «Basler Zeitung» hat ein Fan eine Verletzung am Auge davongetragen.

Offen bleibt, was jeweils vor und nach den kurzen Video-Sequenzen vorgefallen ist. Auf diesen Standpunkt stellt sich auch die Luzerner Polizei: Die Basel-Anhänger hätten provoziert, bevor es zu den gefilmten Einsätzen von Gummischrot gekommen ist. Sie untersuche die Gummischrot-Einsätze allerdings.

Schweizer Polizei darf Gummischrot so frei einsetzen wie kaum eine andere

Die Schweiz ist beim Einsatz von Gummigeschossen ein Ausnahmefall in Europa. Das zeigt eine Ausarbeitung des wissenschaftlichen Diensts des Deutschen Bundestags. Dieser hat 2017 den Einsatz von Gummigeschossen in europäischen Ländern untersucht.

Demnach ist der Einsatz von Gummigeschossen in kaum einem europäischen Land so wenig reguliert wie in der Schweiz. In einigen Ländern ist er gänzlich untersagt, in vielen anderen nur als letztes Mittel erlaubt. Oder bei Gefahr für Leib und Leben. In den Niederlanden etwa gelten für den Einsatz von Gummischrot dieselben rechtlichen Voraussetzungen wie für den Gebrauch von Schusswaffen.

In der Schweiz hingegen ist der Entscheid über den Einsatz von Gummigeschossen den kantonalen Polizeikorps freigestellt.

Verwendete Quellen
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