Luzern scheint attraktiver zu werden

Die Trendwende ist da: Luzern hat Sogwirkung auf Pendler

Die Anzahl Personen, die in den Kanton Luzern zur Arbeit pendeln, hat zugenommen. (Bild: Leserreporter)

Erstmals pendeln mehr Leute in den Kanton Luzern als umgekehrt. Ist das ein gutes Zeichen?

Es gab Zeiten, da trug der Interregio von Luzern nach Zürich den Übernamen «Brain Train» – als Anspielung auf den Begriff «Brain-Drain», mit dem die Abwanderung von talentierten und gut ausgebildeten Fachkräften in andere Wirtschaftsräume gemeint ist.

Dass dieser Übername noch angebracht ist, daran lassen die am Donnerstag veröffentlichten Zahlen von Lustat zweifeln. Denn im Jahr 2021 pendelten erstmals seit Beginn der Erhebung mehr Arbeitnehmer in den Kanton Luzern als vom Kanton Luzern weg pendelten. Das bedeutet auch: Luzern hat insgesamt mehr Arbeitsplätze als Arbeitnehmer.

Besonders viele Arbeitnehmer pendeln in die Stadt Luzern

Im Jahr 2010 pendelten noch 5’200 Personen mehr in andere Kantone, als Arbeitnehmer in den Kanton Luzern pendelten. Im Jahr 2021 nun die Trendumkehr: 38’700 in Luzern wohnhafte Arbeitnehmer pendelten für ihre Arbeit in einen anderen Kanton, deren 39’700 kamen von einem anderen Kanton in den Kanton Luzern.

Die Pendlermuster nach Wohn- und Zielort variieren je nach Region stark. «Als dominantes Arbeitsplatz- und Ausbildungszentrum übt die Stadt Luzern im ganzen Kanton eine starke Sogwirkung aus», heisst es im Bericht von Lustat. Sie verzeichnet 44’200 Zupendelnde und 20’000 Wegpendelnde (Durchschnitt 2019–2021). Auch die Region Sursee/Sempachersee zählt mehr Zu- als Wegpendelnde, während alle übrigen Analyseregionen des Kantons Luzern mehr Weg- als Zupendler aufweisen.

Gründe für Trendumkehr sind vielfältig – Trend nicht zwingend positiv

Die Gründe, weshalb mehr Arbeitnehmer in den Kanton Luzern pendeln als umgekehrt, sind vielfältig. Mögliche Erklärungen sind, dass im Kanton Luzern mehr Arbeitsplätze entstanden sind, dass in den angrenzenden Kantonen relativ gesehen Arbeitsplätze verloren gingen oder dass die Erwerbsquote in Luzern abgenommen hat, schreibt Widar von Arx, Dozent am Institut für Tourismus und Mobilität der Hochschule Luzern, auf Anfrage von zentralplus.

Unabhängig von den Ursachen, sei der Trend nicht zwingend positiv: «Dies hängt damit zusammen, welche Art von Arbeitsplätzen geschaffen wurde. Entstehen diese im privaten oder staatlichen Sektor? Wie produktiv sind diese Erwerbstätigen? Was ist ihr Beitrag zur Wertschöpfung? Es kann also nicht direkt auf einen Wohlstandseffekt geschlossen werden», so von Arx.

Anteil an Personen, die zur Arbeit pendeln, hat abgenommen

Weiter zeigen die neuen Zahlen von Lustat, dass die Anzahl an Pendlerinnen gegenüber dem Vorjahr leicht angestiegen ist. Jedoch hat auch die Anzahl Erwerbstätige zugenommen. In der Summe hat der Anteil an Erwerbstätigen, die zur Arbeit pendeln, aber leicht abgenommen – ein Trend, der schon vor der Pandemie eingesetzt hat.

Von Arx relativiert: Bei den nationalen Zahlen lasse sich kein Trend bei den Pendlerdistanzen und der Dauer des Arbeitswegs feststellen. Klar sei aber, dass der Anteil an Berufen ansteige, die Arbeitnehmer auch von zuhause aus ausüben können (zentralplus berichtete). Dieser Anteil werde auch weiter ansteigen. Von Arx gibt aber zu bedenken, dass Homeoffice nicht unbedingt zu weniger Verkehr führe. «Die Forschung zeigt, dass die eingesparten Pendlerwege von den Leute durch neue Freizeitwege kompensiert werden.» Zu diesem Schluss kam etwa ein im Januar 2022 publizierter Bericht des Bundesamts für Verkehr und des Bundesamts für Strassen.

Die neu publizierten Zahlen geben auch Aufschluss über die benutzten Verkehrsmittel: So benutzen die über Gemeindegrenzen hinweg pendelnden Arbeitnehmer zu 64 Prozent den motorisierten Individualverkehr. Den öffentlichen Verkehr nutzen sie zu jeweils 29 Prozent. Anders sieht es bei denjenigen aus, die innerhalb der Gemeindegrenzen pendeln. Bei ihnen ist die Fortbewegung zu Fuss, per Velo oder mit dem E-Bike mit einem Anteil von 56 Prozent am ausgeprägtesten, gefolgt vom motorisierten Individualverkehr mit 29 Prozent und dem ÖV mit 15 Prozent.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Widar von Arx, Dozent an der Hochschule Luzern
  • Bericht des Bundesamts für Verkehr und des Bundesamts für Strassen
  • Zahlen von Lustat
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