Auch wer nicht arbeitet, muss AHV-Beiträge zahlen

Bitte blechen – Bundesgericht verknurrt reichen Zuger

Rolf Lindenmann, Direktor der Ausgleichskasse und IV-Stelle Zug: «Als letztes Mittel greifen wir zur Observation.»

Ein Zuger Multimillionär, der nicht erwerbstätig ist, wollte der Zuger Ausgleichskasse die verlangten AHV-Beiträge nicht bezahlen. Er beklagte einen Eingriff in die Eigentumsgarantie und einen Verstoss gegen die Verfassung. Nichts da, urteilten die Bundesrichter in Luzern. Jetzt muss er noch mehr zahlen.

Reiche Leute mit einem grossen Vermögen mögen manchmal keiner Erwerbstätigkeit nachgehen – sie haben es nicht nötig. Sozialversicherungsbeiträge müssen sie aber trotzdem bezahlen. Das Gesetz sieht seit zwei Jahren einen jährlichen Mindestbeitrag von 392 Franken vor. Als Höchstbetrag ist das Fünfzigfache davon vorgesehen, also 19’600 Franken pro Jahr. Ausschlaggebend sind dabei die sozialen Verhältnisse der nichterwerbstätigen Person.

Nun verknurrte die Ausgleichskasse des Kantons Zug Im Februar 2016  einen Mann,mit einem massgeblichen Vermögen von 5 Millionen Franken, für 2016 Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von 13’681 Franken abzuliefern. Der zog vors Zuger Verwaltungsgericht, schiffte aber dort mit seiner Beschwerde ab.

Der Streit landete beim Bundesgericht, wo der Millionär beklagte, er habe nicht genügend Gehör erhalten, die Regelung sei falsch und die verlangte Summe verletze überdies die Eigentums­garantie.

Der Arme lebt von den Zinsen

Denn bei Anlage seines gesamten Vermögens von 5 Millionen Franken am Kapitalmarkt würde er bei einer Rendite von 0,22 Prozent ein jährliches Einkommen von 11’000 Franken erzielen. Das entspricht dem Referenzwert 2015 für inländische Verpflichtungen aus Kundengeldanlagen in Schweizer Franken gemäss Bundesamtes für Statistik. Warum so wenig, mag man sich fragen. Antwort: wegen der aktuell niedrigen Zinsen.

Wenn er nun neben den anfallenden Steuern von 14’000 Franken pro Jahr auch noch 13’681 Franken AHV-Beiträge bezahlen müsse, dann bleibe ihm nichts anderes übrig, als sein Vermögen anzuzapfen. Damit würde nicht nur sein Vermögen vermindert, sondern, weil er aus den Erträgen daraus lebe, auch seine Ein­kom­mensbasis geschmälert. Die Sozialversicherungsbeiträge seien also konfiskatorischer Natur – was nicht zulässig wäre – und viel zu hoch.

Kein Eingriff in die Eigentumsgarantie

Die in Luzern ansässige II. sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts räumt in ihrem Urteil zwar ein, dass die Eigentumsgarantie Schutz gegen eine konfiskatorische Besteuerung bietet. Eine solche liege jedoch nur vor, «wenn die Erträgnisse auf Dauer nicht ausreichen, um die Steuerlast zu decken, wobei ausserordentliche Umstände ausser Acht zu bleiben haben».

Die sozialrechtlichen Abteilungen des Eidgenössichen Bundesgerichts sind am Schweizerhofquai in Luzern beheimatet.

Die sozialrechtlichen Abteilungen des Eidgenössichen Bundesgerichts sind am Schweizerhofquai in Luzern beheimatet.

(Bild: Bundesgericht)

Im konkreten Fall geht das Bundesgericht aber davon aus, dass der effektiv erzielte Ertrag aus dem Vermögen von 5 Millionen Franken höher ist als die Abgaben von 13’681 Franken an die Ausgleichskasse. Jedenfalls habe der Millionär nicht geltend gemacht, er müsse Vermögensanlagen auflösen oder sogar eine Liegenschaft veräussern, um die Rechnung der Ausgleichskasse zu begleichen. Ein Eingriff in die Eigentumsfreiheit liegt also laut Bundesgericht nicht vor, weshalb der Zuger die 13’681 Franken bezahlen muss. Damit stützt das Bundesgericht auch das Vorgehen der Zuger Ausgleichskasse und des Zuger Verwaltungsgerichts.

Zuger Ausgleichskasse handelte richtig

Ebenso als haltlos beurteilt wurden die Klagen des Millionärs, er habe beim Zuger Verwaltungsgericht zu wenig Gehör erhalten und die Berechnungsrart sei falsch – er hatte dafür Reglungen aus dem Jahr 1947  ins Feld geführt.

Der Millionär muss nun neben den AHV-Beiträgen auch noch die Gerichtskosten von 1200 Franken bezahlen.

Urteil 9C_121/2017 vom 6. Juni 2017.

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