Statussymbol SUV unter Dauerbeschuss

Neues Ungemach für die «Zugerberg-Panzer»

Eine neue Studie bescheinigt SUVs in puncto Sicherheit kein gutes Zeugnis. (Bild: Adobe Stock)

Als «Dreckschleudern» stehen sie schon lange am Pranger: die in Zug besonders beliebten SUVs. Nun kommt eine Studie der Axa-Versicherung auch noch zum Schluss, dass Geländelimousinen im Strassenverkehr eine erhöhte Gefahr sind. Der Zuger TCS wehrt sich jedoch gegen eine weitere Verteufelung der unvermindert beliebten Fahrzeuge.

«Kosenamen» haben sie viele: «Zugerberg-Panzer», «Züriberg-Traktor», «Soft-Roader» oder «Hausfrauenpanzer». Die Stadtgeländewagen – oder SUVs – sind ein einfaches Ziel für allerlei Spott und Kritik. Letzteres dürfte sich nun noch verstärken: Eine kürzlich erschienene Studie zeigt auf, dass Strassengeländewagen bis zu einem Viertel häufiger in Unfälle verwickelt sind als andere Autos.

Schon seit über zehn Jahren wird die schlechte Umweltbilanz der SUVs angeprangert. Nun bestätigt sich also auch noch der Verdacht, dass die grossen Autos ein grösseres Risiko im Strassenverkehr sind. Für SUV-Freunde kommt es also knüppeldick.

Ungebrochene Beliebtheit

Die aktuelle Studie wurde von der Versicherung Axa, dem grössten Motorfahrzeugversicherer der Schweiz, erstellt. Inzwischen ist jedes fünfte dort versicherte Auto ein Stadtgeländewagen.

Seit Jahren schon gilt der Kanton Zug als Schweizer Meister in Sachen Motorisierungsgrad der Bevölkerung und SUV-Dichte. Zumindest was die Beliebtheit der Geländelimousinen betrifft, kann man aber nicht von einem spezifischen Zuger Phänomen sprechen. SUVs sind schweizweit ein Verkaufsschlager.

Die Vereinigung der offiziellen Automobil-Importeure, Auto Schweiz, registriert die in der Schweiz und in Liechtenstein neu zugelassenen Marken und Automodelle. Die Statistik wird monatlich aktualisiert. Der aktuelle Überblick zeigt, dass 6 der 10 beliebtesten Modelle im aktuellen Jahr SUVs sind:

Je grösser und schwerer, desto gefährlicher

Die Befunde der Axa-Studie sprechen jedoch eine klare Sprache: Geländewagen verursachten im Jahr 2019 knapp 10 Prozent mehr Haftpflichtschäden als andere Personenwagen. Mit zunehmendem Gewicht wird der Unterschied noch grösser. Solche die zwischen 2’155 und 3’500 Kilogramm auf die Waage bringen, verursachten sogar 27 Prozent mehr Haftpflichtschäden als andere Autos. «Je grösser und schwerer ein SUV, desto häufiger verursacht er eine Kollision», lautet das Fazit des Studienberichts.

«Je grösser und schwerer ein SUV, desto häufiger verursacht er eine Kollision.»

Auszug aus dem Bericht zur Axa-Studie

Haftpflichtschäden sind das eine, Personenschäden das andere. Und auch hier zeigen die Axa-Zahlen: Je grösser ein Geländewagen, desto häufiger werden Personen in Mitleidenschaft gezogen.

Wichtig ist dabei, eine Unterscheidung zwischen jungen und älteren Lenkern zu machen. Jüngere Lenker (18- bis 39-Jährige) verursachen zwar deutlich mehr Unfälle, fahren aber seltener einen SUV. Bei den 40- bis 80-jährigen Fahrern registriert man insgesamt zwar weniger Unfälle mit Personenschaden. Wenn doch, dann aber öfter durch grosse Geländewagen.

Hauptproblem: Hohe Stossstangen

Die Gründe für dieses erhöhte Gefahrenpotenzial ortet die Studie bei der Höhe und dem Gewicht der Fahrzeuge. Insbesondere auch die Höhe der Stossstange: Beim Zusammenprall zwischen herkömmlichen Personenwagen sind die Stossstangen fast immer auf derselben Höhe und können ihre Wirkung entsprechend voll entfalten. «Bei einer Kollision zwischen einem normalen Auto und einem Geländewagen ist dies nur bei zwei Dritteln der Fall», heisst es im Studienbericht.

Ein durchschnittlicher Personenwagen ist gegenüber einem Geländewagen also schlechter geschützt. Welche Folgen dies haben kann, zeigt ein Crashtest, den die Axa durchgeführt hat. Ein Geländewagen übersieht dabei einen von rechts kommenden Personenwagen:

«Wenn ich einmal gross bin, werde ich ein Traktor»

In der öffentlichen Diskussion um die SUVs lag der Fokus bisher vor allem auf dem Aspekt der mangelnden Ökologie der Stadtgeländewagen (zentralplus berichtete). Diese wird schon seit über einem Jahrzehnt angeprangert. Unvergessen bleibt die Offroader-Initiative der Jungen Grünen aus dem Jahr 2008.

Damals kamen nicht nur rund 150’000 Unterschriften zusammen, sondern auch Begriffe wie «Dreckschleuder» und legendäre Aufklebersprüche wie «Klimaerwärmung? Na und? Ich habe eine Klimaanlage», «Wenn ich einmal gross bin, werde ich ein Traktor» oder «Ich bin auch ein Panzer».

Die Initiative wurde 2011 zugunsten eines bundesrätlichen Gegenvorschlages, der Grenzwerte für Neuwagen vorsah, zurückgezogen. Die damals gemachten Versprechungen seien aber nicht eingehalten worden, weshalb die Jungpartei im Februar 2020 einen offenen Brief an den Bundesrat verfasste.

Neue Initiative liegt vorerst auf Eis

Darin wird ab 2021 ein Importverbot für Neuwagen mit mehr als 95 Gramm CO2-Ausstoss pro Kilometer und ab 2025 ein Importverbot für Verbrennungsmotoren gefordert. Ansonsten müsse eine neue Initiative lanciert werden (zentralplus berichtete).

Die Zugerin Julia Küng ist Co-Präsidentin der Jungen Grünen. Sie bestätigt, dass die «Offroader-Problematik» zwar weiterhin ein Thema bleibt, aber aktuell nicht Priorität hat. Die Partei will sich zunächst auf eine andere Initiative fokussieren, die noch in diesem Herbst definiert werden soll, sagt Küng auf Anfrage.

TCS fordert «differenzierte Betrachtung»

Thomas Ulrich ist Präsident der TCS-Sektion Zug. Die polemischen Diskussionen um die SUVs kennt er nur zu gut – und plädiert für eine differenzierte Betrachtung: «Unser Eindruck ist, dass die SUV-Fahrer in der Regel relativ entspannt und moderat unterwegs sind. Insbesondere im Vergleich zu den diversen getunten kleineren Rennwagen oder beispielsweise Fahrzeugen wie dem BMW M3.»

«Nicht jeder, der ein Sportauto kauft, ist ein Raser. Und nicht jeder, der einen SUV besitzt, ist ein Umweltsünder.»

Thomas Ulrich, Präsident TCS-Sektion Zug.

Die Umweltbedenken könne er zwar nachvollziehen, weist aber auch auf die fortlaufenden technischen Entwicklungen hin: «Tatsache ist, das der Benzinverbrauch der heutigen Fahrzeuge bereits um ein Vielfaches tiefer ist als noch in den 1970er-Jahren. Und diese Entwicklung ist – auch mit Blick auf die Hybridmotoren – noch längst nicht abgeschlossen.»

Letztlich wehrt sich Ulrich gegen eine «pauschale Verteufelung» der SUVs. «Nicht jeder, der ein Sportauto kauft, ist ein Raser. Und nicht jeder, der einen SUV besitzt, ist ein Umweltsünder.» Zudem gelte es zu anerkennen, «dass wir in einer freien Marktwirtschaft leben. Es steht jedem selbst zu, was für ein Auto er fahren will.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Marc
    Marc, 18.09.2020, 12:04 Uhr

    Importverbot für Verbrenner 2025. Wovon träumen die nachts?

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    • Profilfoto von P. Meier
      P. Meier, 19.09.2020, 22:06 Uhr

      Diese Frage ist mir auch durch den Kopf. Völlig realitätsfremd. Und deshalb nicht lösungsorientiert.

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