Neues Löschboot der Stadt Luzern: Darum machten die Finnen das Rennen
Aus der Region für die Region? Mitnichten. Warum der fast eine Million Franken schwere Auftrag für ein neues Löschboot in den hohen Norden geht. Und weshalb hiesige Schiffbauer dennoch profitieren können, erklärt der Feuerwehrkommandant der Stadt Luzern.
Die Feuerwehr der Stadt Luzern braucht ein neues Löschboot. Darin sind sich alle einig. Das aktuelle Boot «Donner» steht schon seit über einem Vierteljahrhundert im Einsatz, erste Abklärungen für einen Ersatz sind vor über zehn Jahren getroffen worden.
Geregelt ist inzwischen auch die Finanzierung des Ersatzbootes, auch wenn der Preis mit rund 914'000 Franken deutlich höher ausfallen wird als ursprünglich geplant (zentralplus berichtete). Für Kopfschütteln und Leserbriefe sorgt nun aber etwas anderes: «Donners» Nachfolger soll von der finnischen Weldmec Marine ab Werft produziert werden.
Da schweisst man am Ufer des Vierwaldstättersees ein topmodernes Passagierschiff «Diamant» zusammen für über 15 Millionen Franken. Ein Löschboot von ungleich bescheideneren Dimensionen (zu einem immerhin stattlichen Preis von fast einer Million Franken) hingegen muss im fernen Norden zusammengebaut werden?
«Der Preis ist aber nicht der alleinige ausschlaggebende Faktor.»
Den gewöhnlichen Sparfuchs schimpft man wirtschaftsschädlichen Einkaufstourismus, die öffentliche Hand hingegen soll nur ordentlich ennet der Grenze zulangen? Warum in diesem Fall die Finnen den Zuschlag erhalten sollen, trotz unbestrittener Innerschweizer Schiffsbauerkompetenz, erklärt Theo Honermann, Feuerwehrkommandant der Stadt Luzern.
zentralplus: Drei der gesamthaft vier Anbieter stammen aus der Schweiz, zwei davon gar aus der Innerschweiz. Geht es nach der Stadt Luzern, soll das neue Löschboot dennoch in Finnland gebaut werden, wie unlängst bekannt wurde. Auch weil «wirtschaftlich am günstigsten». Ist das liebe Geld letztlich der ausschlaggebende Faktor?
Theo Honermann: Ausschlaggebend ist das Gesetz: Gemäss dem WTO-Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen müssen Anschaffungen von über 350'000 Franken öffentlich ausgeschrieben und nach klaren Kriterien beurteilt werden. Das verhindert Vetterliwirtschaft und führt dazu, dass wir das beste Produkt zum besten Preis und in bester Qualität bekommen. Die finnische Weldmec Marine Ab hat das günstigste und wirtschaftlichste Angebot von allen eingereicht. An die von der Werft veranschlagten 914'000 Franken kamen die anderen Anbieter nicht heran. Ihre Offerten fallen 100'000 bis fast 300'000 Franken höher aus. Der Preis ist aber nicht der allein ausschlaggebende Faktor. Alle Angebote sind in über 100 Kriterien geprüft, verglichen und bewertet worden. Und auch da hat sich gezeigt, dass die Finnen die Nase vorn haben. Ihr Angebot erreichte in der Bewertung 979 von maximal 1'000 Punkten. Das zweitbeste Angebot schaffte 855.
zentralplus: Mit welchen weiteren Argumenten vermochten denn die finnischen Schiffsbauer zu überzeugen – mal abgesehen vom Preis?
Theo Honermann: Mit ihrer grossen Erfahrung. Grundsätzlich handelte es sich bei allen Angeboten um fachlich qualifizierte Lösungen. Die Weldmec Marine Ab hat aber schon über 370 Feuerwehrboote und -schiffe gebaut. Die Erfahrung im anspruchsvollen und komplexen Einbau von Feuerwehrtechnik ist die grosse Stärke im Angebot der Weldmec Marine Ab. Genau dies garantiert uns einen zuverlässigen, langlebigen und damit auch wirtschaftlich nachhaltigen Betrieb.
«Die Wertschöpfung aus Wartung und Reparaturen bleibt somit über die ganze Lebensdauer des neuen Bootes – also für mindestens 25 Jahre – in der Region.»
zentralplus: Und die Regionalität, die spielt beim Beschaffen eines Feuerwehrbootes keine Rolle?
Honermann: Für uns war immer klar: Wartung und Reparatur müssen zwingend in der Region erfolgen. Allein schon wegen der ständigen Einsatzbereitschaft des Löschboots. Das ist explizit in der Ausschreibung festgehalten.
zentralplus: Eröffnen die Finnen nun eine Zweigstelle am Vierwaldstättersee?
Honermann: Das würde wenig Sinn machen. Wie erwähnt werden lokale Firmen mit dem Unterhalt beauftragt. Die Wertschöpfung aus Wartung und Reparaturen bleibt somit über die ganze Lebensdauer des neuen Bootes – also für mindestens 25 Jahre – in der Region.
zentralplus: Und doch fliesst mit der Auftragsvergabe unbestritten ein gutes Stück Steuergelder ins Ausland ab ...
Honermann: Und ein gutes Stück Steuergeld kann eingespart werden. Wie erwähnt muss sich auch die Stadt Luzern an die Gesetze und Vorschriften halten. Zumal: Gerade die Schweiz als Exportnation hätte wenig zu lachen, wenn alle Länder ihre Produkte nur im Inland beziehen dürften.
zentralplus: Wenn sich nun ein engagierter Zeitgenosse in einem Leserbrief die Frage stellt, was denn bei einem solchen Zuschlag für die regionale Wirtschaft abfällt, wie die «Luzerner Zeitung» berichtete, haben Sie dafür kein Verständnis?
Honermann: Doch. Vor allem bei konstruktiver, begründeter Kritik. Wie soll das öffentliche Beschaffungswesen organisiert sein? Wie stark soll dabei die lokale Wirtschaft bevorzugt werden? Das sind wichtige Fragen. Politische Fragen, die man selbstverständlich diskutieren darf und soll. Wenn wir aber dafür kritisiert werden, dass wir die Ausschreibung und Vergabe für das neue Lösch- und Rettungsboot gemäss den rechtlich zwingenden Vorgaben vorgenommen haben, dann verkennt jemand ganz einfach die Umstände.
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M. Moser, 19.05.2020, 07:12 Uhr Na ja, um den Herrn Leserbriefschreiber würde ich mir keine Sorgen machen. Für mich scheint es als hätte das Boot «Hand und Fuss». Das Finnen nicht erst seit gestern solide «Arbeitsboote» bauen können zeigt der Schnitt durch das Boot. Und für den Meckerer vielleicht Folgendes. 914’000 Fr sind ein stolzer Preis, das stimmt. Wenn ich nun aber die Preise der Mitbieter anschaue, frage ich mich ob dann, notabene von der gleichen Person, das Argument gekommen wäre- Das Boot viel zu teuer, warum nicht im EU-Raum Angebote einholen?
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