Touri-Zone: Luzerner Stadtrat will moderate Lösung

Neues Gutachten hält fest: keine Ausweitung des Sonntagsverkaufs

Abendeinkauf in der Luzerner Weggisgasse: Wie lange sollen die Geschäfte geöffnet sein?

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Stadt schiebt im Streit um die Ladenöffnungszeiten neue Argumente vor: Mit dem geplanten Tourismusrayon sollen Geschäfte nur moderat länger geöffnet sein, sagt ein neues Gutachten. Der Sonntag soll ein Ruhetag bleiben. Wird jetzt ein Kompromiss möglich?

Am Dienstagabend wurde in einem Workshop ein möglicher Pilotversuch in Luzern besprochen: Sollen in bestimmten Touristenzonen die Geschäfte länger geöffnet haben dürfen? Der Stadtrat strebt das an, die Gewerkschaften und der Detaillistenverband haben Widerstand angekündigt und boykottierten die Gespräche (zentralplus berichtete).

Dennoch spricht Stadträtin Franziska Bitzi von einem gelungenen Abend: «Der Workshop verlief konstruktiv und ich bin froh, dass in den rund zwei Stunden die Positionen und die Vorbehalte der Teilnehmenden offen dargelegt wurden. Zudem habe ich es sehr geschätzt, dass der Luzerner Gewerkschaftsbund am Anfang des Workshops die Positionen und Bedenken der Sozialpartner des Detailhandels aufgezeigt und Kompromissbereitschaft signalisiert hat», so Franziska Bitzi Staub.

Ein Kompromiss scheint also möglich: Der Luzerner Stadtrat wie auch die Sozialpartner peilen Öffnungszeiten am Samstag bis 17 Uhr statt wie bisher bis 16 Uhr an. Dafür dürfte der Abendverkauf bald fallen. Nur über das Vorgehen gehen die Meinungen noch auseinander.

Im Vorfeld tauchten Angstszenarien auf

Der Luzerner Stadtrat stützt sich auf ein Gutachten: Wenn der Tourismus ein Drittel des Umsatzes beisteuert, könnten in bestimmten Zonen grosszügigere Ladenöffnungszeiten gelten. Schnell machten Angstszenarien von 22.30 Uhr unter der Woche und bis 20 Uhr am Sonntag die Runde, die zuständige Stadträtin Franziska Bitzi Staub wurde hart angegangen.

Auch der Grüne Politiker Christian Hochstrasser sprach in unserem Streitgespräch von einem «Gefälligkeitsgutachten». Es gebe mit dem geplanten Versuch keinen Ermessensspielraum und keinen Platz für eine moderate Lösung, so Hochstrasser: «Es geht letztlich um die Frage, ob Läden bis 22.30 Uhr und am Sonntag bis 20 Uhr offen haben.»

Sonntag soll Ruhetag bleiben

Der Stadtrat hat sich bis jetzt noch nie auf bestimmte Öffnungszeiten festgelegt. «Wir haben nie gesagt, dass wir den maximalen rechtlichen Spielraum ausnutzen wollen, den die Stadt aufgrund des Rechtsgutachtens hätte», sagte Franziska Bitzi Staub kürzlich zu zentralplus. Man strebe eine «moderate und bedürfnisgerechte Anpassung» der Ladenöffnungszeiten in der Innenstadt an.

«Am Sonntag müssen Läden geschlossen bleiben.»

Gutachten von Paul Richli

Nun schiebt der Stadtrat eine weitere Ergänzung zum Gutachten des Juristen Paul Richli nach – und dieses nimmt den Argumenten der Gegner des Pilotprojekts den Wind aus den Segeln. Es hält fest, dass aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung «eine Rayonlösung möglich ist und dass ein Tourismusgebiet anhand von statistischen Zahlen umschrieben werden kann».

Moderate Lösung ist möglich

Kein Geschäft werde jedoch verpflichtet, die erweiterten Möglichkeiten wahrzunehmen. Zudem hätten in einem künftigen Tourismusrayon nicht alle Geschäfte automatisch die gleichen Rechte wie jene mit den heutigen Einzelbewilligungen. Läden wie Bachmann, Bucherer oder Casagrande haben am Sonntag offen, das soll jedoch nicht für die neue Touristenklausel gelten.

Will heissen: Mit dem vermuteten Mindestumsatz von einem Drittel mit Tourismus empfiehlt das Gutachten Öffnungszeiten von Montag bis Freitag bis höchstens 20 Uhr und am Samstag bis 17 Uhr. «Am Sonntag müssen sie geschlossen bleiben», empfiehlt Paul Richli. Zusätzlich sollten die beiden Abendverkäufe am Donnerstag und Freitag gestrichen werden.

Nur 3,5 Stunden mehr in der Woche

Der Vorschlag ginge weit weniger weit, als theoretisch möglich wäre. Und auch die derzeitigen Ausnahmebewilligungen sind nicht alle gleich, gewisse Geschäfte haben nur bis 19 Uhr offen, andere bis 20 Uhr oder sogar 22.30 Uhr. «Die Differenzierung verstösst nicht gegen das Gebot der rechtsgleichen Behandlung», hält das Gutachten fest.

«Die Sozialpartner erwarten ein klares Bekenntnis, dass die Salamitaktik der Liberalisierten endlich aufhört.»

Gewerkschaften/Detaillistenverband

Mit der moderaten Erweiterung (werktags bis 20 Uhr, Samstag bis 17 Uhr) ergeben sich unter dem Strich nur wenige Zusatzstunden an Öffnungszeiten – konkret 3,5 Stunden in der Woche. «So verlieren allfällige Argumente gegen die genügende gesetzliche Grundlage im Ruhetags- und Ladenschlussgesetz (RLG) zusätzlich an Gewicht», so das Gutachten. Die Regelung würde innerhalb der arbeitsgesetzlichen Tagesarbeit bleiben (6 bis 20 Uhr).

Zudem hält Paul Richli fest, dass Geschäfte im Tourismusrayon keine Gesuche für erweiterte Öffnungszeiten stellen müssen. Aber: Im Zweifelsfall, also wenn der Minimalumsatz mit Touristen nicht erreicht werde, könnte die Bewilligung für längere Ladenöffnungszeiten im Einzelfall entzogen werden.

Auch Sozialpartner sind kompromissbereit

Mit der moderaten Anpassung liegt ein Kompromiss in Griffnähe. Auch der Luzerner Gewerkschaftsbund, die Unia und der Detaillistenverband bringen Öffnungszeiten am Samstag als Kompromiss in die Diskussion ein. Dafür müsste ihrer Ansicht nach der Abendverkauf am Freitag wegfallen. «Im Gegenzug erwarten die Sozialpartner aber ein klares Bekenntnis, dass die Salamitaktik der Liberalisierten endlich aufhört und die Kompromisslösung auf längere Zeit nicht infrage gestellt wird», so die Mitteilung.

Trotzdem halten sie den Pilotversuch der Stadt weiterhin für illegal und wollen diesen juristisch verhindern. Die Ladenöffnungszeiten müssen auf kantonaler Ebene geführt werden, so die Sozialpartner. Die zusätzliche Stunde am Samstag markiere die rote Linie. Lediglich über eine Verlängerung der Öffnungszeiten unter der Woche mit einer Kompensation des Abendverkaufs am Donnerstag könne diskutiert werden. – Das entspräche dann genau der Lösung, die Paul Richli im Gutachten vorschlägt.

So geht’s nun weiter

Der Stadtrat wolle nun die Positionen würdigen und zu einem späteren Zeitpunkt über die Einführung eines möglichen, befristeten Pilotversuches entscheiden, schreibt er in einer Mitteilung vom Dienstagabend. Er werde im engen Dialog mit den betroffenen Kreisen bleiben und die Entwicklung auf kantonaler Ebene in seine Erwägungen zum weiteren Verlauf des Projekts miteinbeziehen.

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