Machtballung in Luzerns einflussreichstem Verband

Neue Führung muss Gräben im Gemeindeverband schliessen

Rolf Born (rechts) und Armin Hartmann waren die Aushängeschilder des Verbands der Luzerner Gemeinden. Ihre Rolle sorgte aber auch für Kritik. (Bild: les)

Im achtköpfigen Vorstand des Verbands der Luzerner Gemeinden (VLG) kommt es zu zahlreichen Wechseln. Bei der Besetzung der Ämter spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle, was die Sache verzwickt macht. Zudem stand der Verband in letzter Zeit in der Kritik und hatte mit internen Meinungsverschiedenheiten zu kämpfen.

Der Verband der Luzerner Gemeinden (VLG) steht vor einer Erneuerung. Drei Vorstandsmitglieder treten ab, sechs Bewerbungen sind eingegangen (zentralplus berichtete). Der VLG gilt als erster Ansprechspartner für die Regierung, wenn es um Anliegen geht, welche die Gemeinden betreffen. Rund um die Spardiskussionen liess der einflussreiche Verband mehrfach seine Muskeln spielen und drohte mit Referenden, wenn sich der Kanton daran machte, Kosten auf die Gemeinden abzuwälzen.

Präsidium bleibt wohl in FDP-Hand

Für das Präsidium bewirbt sich einzig die Gemeindepräsidentin von Malters, Sibylle Boos-Braun. «Als Gemeindepräsidentin einer mittelgrossen Gemeinde an der Grenze zwischen Stadt und Land kann ich diverse Erfahrungen in den Verband einbringen», sagt sie. «Ein starker Verband ist sowohl für uns Gemeinden wie auch für den Kanton Luzern wichtig. Nur gemeinsam werden wir optimale Lösungen finden und die Herausforderungen der Zukunft meistern.» Sie nennt Themen wie Verkehr, Bildung oder Klima, die nicht an der Gemeindegrenze enden würden.

«Zudem ist es wichtig, dass wir bei Möglichkeit eine einheitliche Meinung gegenüber der Kantonsregierung vertreten können, um entsprechendes Gewicht zu erhalten.» Als eines ihrer Ziele nennt Boos-Braun die Wiederaufnahme der Stadt Luzern in den Verband, welche 2014 ausgetreten war (zentralplus berichtete).

Weitere Kandidaturen möglich

VLG-Geschäftsführer Ludwig Peyer erklärt auf Anfrage, dass bis zur Wahl am 26. September weitere Bewerbungen eingehen können. Dies gilt auch für die Posten im Ressort Bau, Umwelt und Wirtschaft sowie im Finanzressort. Die Wahrscheinlichkeit weiterer Kandidaturen sei jedoch gering, da die Gemeinden über die freien Posten und die Anforderungsprofile informiert waren und der Vorstand Bewerbungen bis Ende August offiziell entgegennahm.

Innerhalb des Vorstands habe sich ein Ausschuss gebildet, der auch aktiv auf Personen zuging, erklärt Peyer. Denn die Besetzung der Mandate ist nicht ganz einfach, eine gleichmässige Vertretung der Regionen, aber auch der Gemeindegrösse, wird gar statuarisch vorgeschrieben.

Eine Voraussetzung ist ein Gemeinderatsmandat, eine erneute Kandidatur im Frühling ist also zwingend. «Weiter muss die Person mit dem Thema vertraut sein und darüber hinaus auch noch genügend Zeit haben», sagt Peyer, «und nicht zuletzt spielt auch der parteipolitische Hintergrund eine Rolle.»

VLG war bei Monstervorlage federführend

Der VLG stand zuletzt massiv in der Kritik. Es ging um seine Rolle bei der Erarbeitung der Aufgaben- und Finanzreform 18 (AFR18). Diese regelt die Aufgaben zwischen Kanton und Gemeinden neu und führte zu grossen Kostenverschiebungen. Die VLG-Vertreter, Präsident Rolf Born und Finanzchef Armin Hartmann, waren federführend. Die Vorlage verkam zu einem «Wunschkonzert der VLG-Herren», urteilten die Grünen einst in einer Mitteilung. Auch die SP monierte: «Die einseitige Abstützung auf einzelne Exponenten des VLG genügt nicht.» (zentralplus berichtete)

Doch im linken Lager macht sich niemand daran, die Machtverhältnisse im VLG-Vorstand zu ändern. Bei den Grünen ist der Fall eindeutig, es gibt schlicht niemanden. Nach dem Austritt der Stadt aus dem Verband kommt Adrian Borgula nicht in Frage. Der Krienser Stadtpräsident Cyrill Wiget wird im Frühling nicht mehr antreten.

Die SP besetzt laut Website zehn Gemeinderatssitze im Kanton Luzern. Die Auswahl wäre also etwas grösser. SP-Parteipräsident David Roth hätte eine Bewerbung begrüsst, beeinflussen kann er das aber nicht, da dies jeweils der Entscheid einzelner Exekutivmitglieder respektive des Gesamtgemeinderats sei.

Ressort Soziales wird bald frei

Mit Oskar Mathis, der dem linken Bündnis L20 in Horw angehört, befindet sich noch ein Mitglied des linken Lagers im VLG-Vorstand. Sowohl SP als auch Grüne zählen ihn zu «ihren» Gemeinderäten dazu. Per Ende September tritt Mathis aber aus dem Horwer Gemeinderat zurück. Sein Sitz im VLG-Vorstand und damit das Ressort Soziales wird auf die ordentliche Generalversammlung im nächsten Frühling neu besetzt.

Möglicherweise wird Mathis’ Nachfolgerin als Sozialvorsteherin in Horw, Claudia Röösli (L20), auch gleich seinen Sitz im VLG-Vorstand übernehmen. Schliesslich sollen auch die Agglo-Gemeinden im Vorstand vertreten sein. Sowohl Röösli wie Mathis haben in der Vergangenheit auf der SP-Liste für den Kantonsrat kandidiert und sind deshalb eher den Sozialdemokraten zuzuordnen.

CVP und FDP unter sich

VLG-Geschäftsführer Ludwig Peyer sagt: «Uns ist es wichtig, eine Vertretung von links im Vorstand zu haben.» Bei der Betrachtung aller Anforderungen und aufgrund der fehlenden Bewerbungen werde ein gewisses Dilemma bei der Besetzung der Ämter aber sichtbar.

Tatsächlich bleiben die CVP- und FDP-Vertreter im Machtzentrum des VLG fast unter sich. Peyer erklärt sich dies mit der numerischen Überlegenheit der beiden Parteien in den Gemeinderäten. «Fast 80 Prozent der Gemeinderatssitze sind in CVP- oder FDP-Hand. Es ist klar, dass sich dies auch im VLG widerspiegelt.»

«Der VLG hat eine Rolle gespielt, die ihm nicht zustand.»

David Roth, SP-Präsident

Da auf das Jahr 2021 auch das Bildungsressort in Folge des Rücktritts von Ursi Burkart (CVP, Adligenswil) frei werde, ist Peyer aber guten Mutes, dass spätestens dann wieder eine linke Vertretung Einsitz nimmt. Tatsächlich sind die meisten SP-Gemeinderäte im Bildungsressort zu Hause. Brahim Aakti aus Emmen könnte dann ein heisser Kandidat sein. Schliesslich würde er zugleich auch noch die bevölkerungsreichste Gemeinde im VLG repräsentieren.

Wie repräsentiert der VLG die Bevölkerung?

Für SP-Präsident David Roth kommt die Machtballung von FDP und CVP nicht von ungefähr. «Das Wahlprozedere begünstigt dies.» Die Gemeinden erhalten im VLG je nach Bevölkerungszahl unterschiedliches Gewicht. Wie stark die einzelnen Parteien in einer Gemeinde sind, spiele keine Rolle, die Stimmen würden absolut vergeben.

Oder mit anderen Worten: Wenn SP und Grüne in Emmen oder Kriens zwei von fünf Sitzen im Gemeinderat und etwas weniger als die Hälfte der Parlamentssitze besetzen, wird dies bei einem VLG-Beschluss nicht berücksichtigt. «Gerade in grossen Gemeinden wählen uns viele Bürgerinnen und Bürger, im VLG findet diese Repräsentation aber nicht entsprechend statt«, erklärt Roth.

Die mangelnde Repräsentation wirke sich später auf das Verhalten des Verbandes aus. «Bei der AFR18 hat man dies exemplarisch gesehen» erklärt Roth. «Der VLG hat eine Rolle gespielt, die ihm nicht zustand. Er hat die Interessen der bürgerlichen Parteien über die Anliegen der Gemeinden gestellt», sagt der SP-Präsident. Dass sich daraufhin zwölf Gemeinden gegen den VLG auflehnten und die AFR18 bekämpften, war eine logische Folge davon (zentralplus berichtete).

Urs Brücker (Bildmitte) wehrte sich mit Gemeindevertretern aus unterschiedlichsten Parteien gegen die AFR18. (Bild: les)

Dass der VLG vor einigen Herausforderungen steht, bestätigt auch Neo-Präsidentin Sibylle Boos-Braun. «Nach den intensiven Diskussionen zur AFR 18 mit der unterschiedlichen Haltung der Gemeinden müssen wir nun alles daransetzen, wieder vereinter aufzutreten.» Dies immer im Wissen, dass die Luzerner Gemeinden verschiedene Herausforderungen haben und entsprechend ihre eigene Meinungen vertreten können.

Ein AFR-Gegner will mit ins Boot

Einer, der bei dieser Vereinigung eine Rolle spielen will, ist Meggens Gemeinderat Urs Brücker. Er kämpfte an vorderster Front gegen die AFR 18, weil sie die finanzstarken Gemeinden zu stark belastete. Nun strebt der Kantonsrat der Grünliberalen einen Sprung in den Vorstand des damaligen Gegners an. Brücker lacht ob dieser Feststellung: «Es ist sicher keine Protestwahl», sagt er. Obwohl es natürlich zu begrüssen wäre, wenn auch die finanzstarken Gemeinden im VLG-Vorstand vertreten wären.

Für Brücker selbst spielt der parteipolitische Hintergrund indes nur eine Nebenrolle. «Ich hoffe doch, eine Wahl schafft man aufgrund seiner Kompetenzen.» Er selber interessiere sich für das Ressort Bau, Umwelt und Wirtschaft, weil gerade im Umweltbereich in den nächsten Jahren enorm viele Themen aufkommen. «Es ist schlicht und einfach hochspannend», fasst er diese Verbandsarbeit zusammen.

Sollte Brücker sich gegen seinen Konkurrenten Fredy Winiger (SVP Hohenrain) durchsetzen, schnappt er der SVP den Sitz im VLG-Vorstand weg. Parteipolitisch bleibt die Angelegenheit also durchaus delikat.

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