Luzerner Regierung publiziert rigorose Sparliste

Naturmuseum wird geschröpft: Regierung plant Fusion

Das Luzerner Naturmuseum soll laut der Regierung mit dem Gletschergarten zusammengelegt werden.

(Bild: zvg)

Kein Geld für den Vorkurs Design und Kunst, eine Zusammenlegung zweier Museen, keine neuen Polizisten: Am Freitagvormittag informiert die Luzerner Regierung im Rahmen der Organisationsentwicklung 2017 darüber, wo sie zu sparen gedenkt. Ein rigoroses Fitnessprogramm für die bereits gebeutelte Verwaltung.

Über 119 Massnahmen sollen dazu beitragen, dass die öffentlichen Aufgaben künftig um 5 Prozent effizienter oder günstiger erbracht werden als bisher, schreibt der Kanton Luzern in einer Mitteilung. Das Programm werde auch zu Einschnitten bei den Dienstleistungen führen.

Einige Massnahmen im Überblick

Betroffen ist etwa der Musikunterricht: Hier plant die Regierung über die nächsten drei Jahre 2.5 Millionen einzusparen. Diesmal wäre der Unterricht an den kantonalen Schulen betroffen. Auch die Luzerner Polizei muss sparen, indem die geplante Aufstockung des Personals weiter hinausgezögert wird.

Dicke Post erhalten auch der Gletschergarten und das Naturmuseum, sie sollen zusammengelegt werden. Die SP sieht laut ihrer Mitteilung die bedeutende Sammlung in Gefahr. Insgesamt zehn Millionen Franken Sparpotenzial sieht die Regierung mit dieser Massnahme vor.

40 Millionen Franken jährlich

Hart treffen könnte es auch angehende Musik- und Kunststudenten an der Hochschule Luzern: Die Subventionen von jährlich 1.5 Millionen Franken für den Vorkurs sollen gestrichen werden, was besonders weniger vermögende Studenten und deren Eltern belasten dürfte. Ebenfalls bluten sollen auch die drei Luzerner Hochschulen, die Beiträge des Kantons sollen ebenfalls um jährlich 1.5 Millionen Franken gekürzt werden.

Um den Kanton Luzern fit zu machen für die Zukunft, hat der Regierungsrat im April 2016 eine Organisationsentwicklung (OE17) in allen kantonalen Aufgabenbereichen gestartet. Im Juni hat der Regierungsrat zahlreiche Vorschläge im Detail beraten und 119 Massnahmen zur Umsetzung freigegeben. Damit ist die Detailkonzeptphase der OE17 abgeschlossen. Die angestrebten Entlastungen von rund 40 Millionen Franken pro Jahren können ab 2018 erreicht werden.

Potenzial zunehmend ausgereizt

Die Organisationsentwicklung wirke nicht nur entlastend für den Haushalt, sondern sei auch eine grosse Chance, den Kanton für die Zukunft fit zu machen, so im Bereich der Digitalisierung und der effizienten Leistungserbringung. Im Jahr 2014 zeigte eine vergleichende Analyse der kantonalen Finanzhaushalte, dass die öffentlichen Leistungen im Kanton Luzern bereits heute zu unterdurchschnittlichen Kosten erbracht würden. Gemäss einer Untersuchung von BAK Basel Economics AG liegen die Luzerner Pro-Kopf-Ausgaben für den «Staat» um 12 Prozent unter dem Schweizer Schnitt.

Mit den Entlastungsprogrammen Leistungen und Strukturen I und II sowie dem Konsolidierungsprogramm 2017 wurde der Handlungsspielraum seither weiter eingeschränkt. Das Potenzial für Effizienzsteigerungen bei gleichzeitiger Aufwandreduktion ist laut der Regierung zunehmend ausgereizt. Mit der OE17 wird es nun auch zu Einschnitten bei den Dienstleistungen kommen. Einige OE17-Massnahmen sind noch mit Risiken behaftet. Derzeit verzögere der budgetlose Zustand die Umsetzung einzelner Massnahmen. 

Reaktionen der Parteien

Bereits haben einzelne Parteien auf die Sparmassnahmen reagiert.

Stellungnahme der Grünen

Der Grüne Kantonsrat Michael Töngi schreibt: «Nun wird deutlich: Die OE 17 ist kein Prozess, um den Kanton fitter und zukunftstauglicher zu machen, sondern zum grössten Teil ein weiteres Abbauprojekt.» Die grossen Brocken betreffen Kürzungen bei der Polizei, Streichungen von Beiträgen im Bereich Musik und Kunst, höheren Musikschulgebühren an den Gymnasien, Kürzungen bei der ZHB. «Das ist alles reiner Leistungsabbau», schreibt der lanjährige Parlamentarier.

Exemplarisch für das Projekt sei das Stichwort «Neue Museumslandschaft». Zwar wolle der Regierungsrat jetzt mit der Umsetzung des Projektes beginnen, doch gemäss Antwort auf die Anfrage A 300 steht der Regierungsrat «noch am Anfang dieser Prüfung». Nichts ist in diesem Projekt klar, ausser dass im Naturmuseum 1.3 Millionen Franken weggespart werden. Das ist mehr als die Hälfte des heutigen kantonalen Betriebsbeitrags. Gleichzeitig wird die Sanierung ein weiteres Mal verschoben. Mit diesen Vorgaben würge man in den Augen Töngis ein erfolgreiches Museum ab.

Bereits ab 2020 will der Regierungsrat zudem 1.5 Millionen bei den Immobilien der Gymnasien einsparen. Töngi: «So kurzfristig können nur Mietobjekte gekündigt werden. Damit werden wohl weder die Kantonsschulen Beromünster noch Schüpfheim geschlossen, sondern eher die Kanti Musegg in die Kanti Reussbühl oder Alpenquai integriert?»Die Grünen kritisieren die Intransparenz bei den Massnahmen. Die Liste sei eine Aufzählung ohne Inhalte und hohe Beträge (25 Prozent) versteckten sich in nicht genauer beschriebenen C-Massnahmen.

Stellungnahme der Sozialdemokraten

Die SP begrüsst die Effizienzsteigerung. Insbesondere im Bereich der Digitalisierung und der Optimierung von Abläufen liegt aus Sicht der SP tatsächlich Optimierungspotenzial. Gleichzeitig kritisiert sich eine Reihe von Sparmassnahmen scharf: «Mehrere Bereiche des OE17 sind weitgehend Leistungsabbau und keine Massnahmen zur Organisationsentwicklung.»

  • Etwa die Sparmassnahmen bei Musikunterricht: Trotz klarem Nein zur Kürzung bei den Musikschulen, versuche die Regierung erneut über die nächsten drei Jahre 2,5 Millionen Franken einzusparen. Diesmal wäre der Unterricht an den kantonalen Schulen betroffen. Erneut würden die Eltern der Kinder zur Kasse gebeten.
  • Die Streichung der Subventionen würde die Vorkurse für viele Studierende und deren Eltern unerschwinglich machen. Diese Vorkurse wären akut gefährdet und der Ruf Luzern als Kulturstadt nähme einmal mehr massiv Schaden.
  • Eine erneute Kürzung der Beiträge an die Hochschule wird von der SP kritisch hinterfragt. Hier müsste der Regierungsrat aufzeigen, dass dies nicht via Leistungsabbau, sondern über eine Organisationsentwicklung eingespart werden kann.
  • Die geplante Zusammenlegung von Gletschergarten und Naturmuseum sieht die SP sehr kritisch. Das Naturmuseum würde massiv reduziert und die bedeutende Sammlung müsste wohl aufgegeben werden.
  • Die Aufstockung verkomme immer mehr zur reinen Farce. Der dritte Abbau innert Kürze sei eine Gefahr für die Sicherheit im Kanton Luzern und ein harter Schlag für die Polizistinnen und Polizisten, die seit Jahren Überstunden zu leisten haben.
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Matthias Lussi
    Matthias Lussi, 23.06.2017, 15:02 Uhr

    Der in der Medienmitteilung des Kantons verwendete Begriff ”Fitnessprogramm” weckt Assoziationen: Verfettete und verblödete Kantonsangestellte, welche auf dem Stühlchen sitzend ihrer Rente entgegendämmern und endlich mal etwas Bewegung brauchten, einen Tritt in den Allerwertesten. Liebe Regierung, ich leiste gute Arbeit und brauche kein ”Fitnessprogramm”.

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  • Profilfoto von Michael Toengi
    Michael Toengi, 23.06.2017, 11:52 Uhr

    Zusammenlegen oder vielleicht zusammenarbeiten oder doch was anderes? Gemäss Antwort auf eine Anfrage von mir steht die Prüfung der sogenannten Museumslandschaft Luzern «noch am Anfang». Trotzdem kann die Regierung bereits die Einsparung haargenau beziffern. Soviel zur Koordination und zum Reifestadium der Massnahmen in der Organisationsentwicklung.

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