Baarer Holz-Firma am Pranger der Konzern-Intitiative

Nachhaltig, ökologisch – und doch Prügelknabe

Holzlager im Konzessiongebiet von Interholco im Kongo – dieses ist so gross wie ein Viertel der Schweiz. (Bild: zvg)

Die Konzernverantwortungsinitiative macht gegen Zuger Firmen mobil, erwischt aber dabei auch mal den Falschen – wie im Fall der Baarer Holzfirma Interholco. Das sorgt für Zwist unter den Aktivisten.

Über 20'000 Freunde hat die Konzernverantwortungsinitiative (Kovi) auf Facebook. Und die lesen regelmässig Neuigkeiten über Schweizer Firmen, die nach Ansicht der Initianten im Ausland unethisch geschäften, regelmässig auch solche aus Zug (zentralplus berichtete). Und weil diese Freunde die Posts auch nach einer Weile noch teilen, erscheinen sie immer wieder im Newsfeed von Tausenden von Benutzern.  

So ergeht’s auch der Baarer Holzfirma Interholco AG. Sie gehört zur internationalen Danzer-Gruppe, deren Hauptquartier im vorarlbergischen Dornbirn steht. Interholco vermarktet und organisiert vom Baarer Schutzengelquartier aus die Produktion des Konzerns in Afrika, wo man über Holzschlagkonzessionen verfügt.

Protest organisiert

Kurz bevor die Kovi im Parlament wieder zum Thema wurde, riefen die Aktivisten im Frühsommer dazu auf, einen Protestbrief gegen das Unternehmen zu unterzeichnen. Es würde im Kongo den «Regenwald roden» und «die letzten der vom Aussterben bedrohten Flachlandgorillas gefährden».

Tausendfach geteilt: Facebook-Post der Konzerninitiative. (Bild: zvg)

«Das ist falsch», sagt Interholco-Geschäftsführer Ulrich Grauert. «Zwar befürworten wir im Kern die Ziele der Konzernverantwortungsinitiative und handeln schon heute danach», sagt er. Aber «solche tendenziösen und irreführenden Behauptungen» könne er nicht so stehenlassen.

Es sei nämlich gerade umgekehrt. Man betreibe nachhaltige Forstwirtschaft und verhindere so das Abholzen des Regenwaldes, so Grauert. Entwaldung werde gestoppt und ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Er verweist auf Indonesien und Brasilien, wo Regenwald oftmals zu Palmöl-Plantagen umgenutzt werde.

Alle 30 Jahre ein Baum

Auf eine Fläche von zwei Hektaren Wald – das entspricht ungefähr zwei Fussballfeldern – wird laut Grauert gerade mal ein Baum gefällt, aber nur alle 30 Jahre. Danach würden in einem zweiten Rotationszyklus auch die gleichen Erschliessungsstrassen benutzt, die in der Zwischenzeit längst wieder zugewachsen seien. «In zwei, drei Jahren sind die Schneisen schon wieder überwuchert und nach 10 Jahren ist der Baumbestand erneut so hoch, wie der Wald rechts und links der Schneise», sagt der Interholco-Chef.

Wie kommt also die Kovi dazu, ein nachhaltiges Forstunternehmen an die Pranger zu stellen?  «Aus unserer Sicht ist das Konzessionsgebiet ein besonders wertvolles Ökosystem», sagt Kovi-Campaigner Tom Cassee. 


Schonendes Wirtschaften

«Holzschlag durch Tochterfirmen von Konzernen mit Sitz in der Schweiz wäre zwar auch nach Inkrafttreten der Initiative durchaus möglich, aber nur, wenn besonders schützenswerte Ökosysteme nicht geschädigt werden», meint er.

Interholco-Geschäftsführer Ulrich Grauert indes bestreitet, dass seine Firma das Ökosystem schädige. Er sei überzeugt, dass die schonende Wirtschaftsweise des selektiven Holzschlags das Weiterleben von einheimischen Völkern und Tieren garantiere. Und er verweist darauf, dass Interholco den anerkannten Umwelt- und Sozialstandards der Weltbank-Tochter International Finance Corporation (IFC) nachlebe, die auch die Kovi einfordert. Ausserdem habe man sich auch durch das Umweltlabel FSC (Forest Stewardship Council) zertifizieren lassen.

Urwald in Ruhe lassen

Neutral betrachtet, läuft die Kritik an Interholco die Forderung heraus, auf jede Nutzung des Regenwaldes zu verzichten und das Gebiet im Kongo als Urwald zu belassen. Das käme auch dem dort lebenden Pygmäen-Volk zugute, dessen traditionelle Lebensweise als Jäger und Sammler unter Druck kommt.

Riesige Wälder: Ein Holztansporter im Konzessionsgebiet von Interholco.

Doch in der Realität passiert genau das Gegenteil: Die Zahl der erteilten Konzessionen für Holzschlag im Kongo hat stark zugenommen. Grauert plädiert deshalb dafür, gemeinsam für eine nachhaltige Entwicklung einzustehen. Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen sollten dabei zusammenarbeiten.

Nicht ohne Stolz erzählt er, dass Interholco in Afrika nicht nur die kostbaren Hölzer gewinnt, sondern sie vor Ort auch fast alle weiterverarbeitet. Den 20 Stellen in Baar stehen so rund 1000 im Kongo gegenüber.

Wertschöpfung bleibt vor Ort: Interholco produziert im Kongo laminiertes Kantholz.

Anklage von Startseite entfernt

Die Shaming-Kampagne der Kovi hat im Zuger Unterstützungskomitee für Diskussionen gesorgt. Mittlerweile ist die Anklage gegen das Baarer Unternehmen auch von der Startseite der Kovi-Homepage verschwunden.

Barbara Gysel, Präsidentin des WWF Zug, wurde von Interholco kontaktiert. Sie könnte sich ein weniger konfrontatives Vorgehen vorstellen. «Eigentlich müsste jedes unethische Unternehmen zur Verantwortung gezogen werden, doch internationale Konzerne stehen in einer besonderen Verantwortung», sagt sie. Deshalb könne man sie auch in die Pflicht nehmen.

Konzerne beim Wort nehmen

Tatsächlich schreiben sich viele Konzerne soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit ausdrücklich auf die Fahnen. Unternehmen wie Glencore geben mittlerweile Nachhaltigkeitsberichte heraus, die so dick wie Telefonbücher sind. Und legen offen, wie viele Steuern und Abgaben sie in den jeweiligen Förderländern zahlen. Wie stellen sie sich also zur Konzernverantwortungsinitiative?

«Politische Debatten sind nicht unsere Sache. Wir übernehmen Verantwortung für Mensch und Umwelt aus persönlicher Überzeugung und arbeiten dabei mit Tier- und Umweltschutzorganisationen zusammen», sagt Interholco-Geschäftsführer Grauert.

Westlicher Flachlandgorilla: Mehrere Hundert davon leben auf dem Konzessionsgebiet von Interholco.

Auch Glencore äussert sich nicht zur Initiative. Man begrüsse jedoch die «wichtige Debatte in der Schweiz» im Zusammenhang mit der Initiative, sagt Glencore-Sprecherin Sarah Antenore und beteuert: «Wir arbeiten seit vielen Jahren an griffigen Massnahmen im Bereich Umwelt und Menschenrechte.»

Ausschliesslich nationale Lösungen scheinen bei Glencore nicht im Vordergrund zu stehen. «Unserer Meinung nach ist ein Engagement im internationalen Umfeld und der Dialog mit der lokalen Bevölkerung, Regierungsvertretern, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen für tatsächliche Verbesserungen entscheidend», so Antenore.

Im Moment heisst es sowieso abwarten. Nachdem sich der Ständerat heuer gegen einen Gegenvorschlag ausgesprochen hat, liegt es nun am Nationalrat zu entscheiden, ob er an einem Gegenvorschlag festhalten möchte. Sollte es dazu kommen, könnte dieser zu einem Rückzug der Initiative führen.

Selektiver Holzschlag. Vereinzelte wertvolle Stämme werden geschlagen und über Schneisen abtransportiert. (Bild: zvg)
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