Luzerner Team plant Revival nach sechs Jahren

Nach «Verona 3000»-Erfolg: Musical-Team sucht Menschen ohne Job

Ein Teil des Teams hinter «Verona Beach Club» (von links): Alexander Graf, Elia Schwaller, Tiffany Limacher, Daniel Korber und Emanuel Järmann. (Bild: zvg)

Erfahrung in Gesang oder Tanz braucht es nicht – ein Leben ohne Job ist sogar Pflicht: Sechs Jahre nach dem Überraschungserfolg melden sich die Macher von «Verona 3000» mit «Verona Beach Club» zurück. Ein Musical als soziales Gross-Experiment.

Schon fast sechs Jahre sind seit dem etwas grössenwahnsinnigen Projekt «Verona 3000» vergangen. Zwei Jahre lang hat damals über 100 junge Beteiligte um Regisseur Daniel Korber die «Romeo und Julia»-Geschichte als Realityshow ins Reich der heutigen Jugend – das dritte Jahrtausend – gebeamt. Praktisch aus dem Nichts haben sie eine grosse Musical-Kiste aus dem Boden gestampft – und damit fast 8000 Zuschauer in die Mehrzweckhalle Allmend gelockt.

«Gross träumen. Gross denken», zog Korber damals als Bilanz. «Wegmeisseln» könne man dann immer noch. Mit diesem Spirit haben Korber und Co. besonders bei jungen Zuschauern eine ansteckende Begeisterung entfacht (zentralplus berichtete).

Aufführung von «Verona 3000» vor sechs Jahren. (Bild: zvg)

Zu einem Musical-Team schweissen

Nun steht das Comeback bevor: Nach dem Blick ins dritte Jahrtausend folgt eine Strandgeschichte – «Verona Beach Club» wird die neue Produktion der damaligen Drahtzieher heissen. Aber noch ist das Zukunftsmusik, die Premiere soll im Sommer 2022 über die Bühne gehen.

«Wir wollen ein Zeichen setzen, dass die unterschiedlichsten Menschen für eine gemeinsame Sache Verantwortung übernehmen können.»

Daniel Korber, Regisseur

Die lange Vorlaufzeit hat wiederum mit der ambitionierten Idee zu tun, die durchaus eine gesellschaftspolitische Bedeutung hat: Das Team sucht für die Produktion Menschen ohne Job. Damit sind nicht nur Arbeitslose gemeint, sondern alle ohne bezahlten Erwerb im freien Arbeitsmarkt: Kinder, Jugendliche, Rentnerinnen, Hausfrauen und -männer, Asylsuchende, Studierende, IV-Bezüger, Stellensuchende, Selbstversorger, Querschläger, Lebenskünstlerinnen … das Feld ist weit gesteckt.

Angesprochen seien «mutige Menschen, die mit uns eigenes Stück Strand erfinden», erklärt Elia Schwaller, für Bühne und Ausstattung zuständig. Es soll letztlich ein Stück über das Miteinander unterschiedlichster Menschen resultieren. «Wir versammeln Menschen aus verschiedenen Generationen und aussergewöhnlichen Lebenssituationen und schweissen sie zu einem Musical-Ensemble zusammen», sagt Daniel Korber. Es sei eine professionelle Musical-Produktion, aber auch ein soziales Experiment.

«Verona»-Label wieder aktiviert

Ob es ein Revival geben würde, war lange offen. Wieso ist nun der Zeitpunkt gekommen? «Wir hatten einfach Lust, das Label ‹Verona› wieder aufzugreifen», sagt Daniel Korber. So viele Leute über einen ehrgeizig langen Zeitraum zusammenzubringen, sei eine tolle und erfüllende Erfahrung gewesen.

«Der Strand ist der Ort, wo sich Tourismus und Migration treffen.»

«Verona» steht für die Arbeitsweise mit der offenen Ausgangslage. «Und für das Format des Mundart-Musicals, das subversiv und selbstironisch daherkommt», so Korber. Der Unterschied zur ersten Produktion: andere Teilnehmende, ein anderer Aufführungsort und andere Themen. «Der Strand interessiert uns politisch: Es ist der Ort, wo sich Tourismus und Migration treffen», sagt Korber.

Zwei Jahre Arbeit am Stück

Der 5. April markiert mit einem ersten Treffen den Startschuss. Bis dann können sich Interessierte anmelden (siehe Box). Und Verona wäre nicht Verona, wenn das Ganze nicht ein ziemlich wagemutiges Experiment wäre. Die Überraschung und das Unvorhergesehene gehören zum Konzept.

Vor sechs Jahren hatten die beteiligten Jugendlichen das Stück in Eigenregie entwickelt – jetzt sieht der Prozess ähnlich aus: Alle Beteiligten ohne Job bringen sich in die Entwicklung von Story, Text und Musik ein. Daniel Korber: «Wir wollen ein Zeichen setzen, dass die unterschiedlichsten Menschen für eine gemeinsame Sache Verantwortung übernehmen können.»

Das Ensemble wird in den Wochen nach dem Kick-off geformt. Es geht dabei nicht nur darum, wer auf der Bühne steht, sondern um alle kreativen Aspekte wie Bühnenbild oder Kostüme. «Es ist im ‹Verona Beach Club› egal wie alt, wie schön, wie klug oder wie fit du bist oder wo du herkommst – Hauptsache, du gehst nicht arbeiten», so Elia Schwaller.

Menschen ohne Job gesucht

Kick-off «Verona Beach Club»: Sonntag, 5. April, um 12 Uhr beim Schiffssteg «Verkehrshaus-Lido» in Luzern. Infos und Anmeldung auf der Website. Nach dem unverbindlichen Kennenlernen kann man sich für einen von fünf Workshops anmelden, die ebenfalls im April stattfinden.

Mutige und offene Menschen

Das Team hofft, dass am Kick-off verschiedenste Altersstufen, Lebensgeschichten und Fantasien aufeinandertreffen. «Man muss keine besondere Erfahrung in Musik oder Theater mitbringen. Vielmehr suchen wir Leute, die sich mutig und offen auf die Begegnung mit unterschiedlichen Menschen einlassen und sich kreativ ins Projekt einbringen», sagt Stimm-Coach Tiffany Limacher.

Ganz ohne künstlerische Vorarbeit geht das Team natürlich nicht ans Werk: «Wir haben einen Pool von Ideen, die wir spannend finden, aber keine geheime Agenda», so Korber. Denn eine Tabula rasa könne eine Gruppe anfangs auch lähmen. «Der Rahmen ist grob gesteckt, um in die Auseinandersetzung zu starten.» Die Absicht sei eine öffentliche Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen und Ängsten der Bevölkerung.

Eine Bedingung für Teilnehmende gibt’s doch: Dass man über eine längere Zeit regelmässig in Luzern proben kann. Im September 2020 geht’s los mit der Stückentwicklung und dem Training, ein Jahr später starten die eigentlichen Proben. Die Aufführungen sind zwischen Juni und Juli 2022 vorgesehen.

Bleibt die Frage, nach dem neuen Auftrittsort. «Es wird eine Freilicht-Aufführung geben», sagt Daniel Korber. Wo das sein wird, will er allerdings noch nicht verraten.

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1 Kommentar
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    Dunning-Kruger, 04.02.2020, 12:38 Uhr

    Für das soziale Grossexperiment muss nicht erst ein Theaterstück inszeniert werden. Dieses findet bereits jeden Tag in ganz Europa statt.

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