Streit mit Regierung wegen Stadtfinanzen

Krienser Stadtpräsidentin ist wegen Steuer-Entscheid «konsterniert»

«Der Stadtrat ist enttäuscht und ein Stück weit auch konsterniert», sagt Stadtpräsidentin Christine Kaufmann-Wolf (CVP) am Donnerstag im Einwohnerrat. (Bild: bic)

Die Luzerner Regierung erhöht die Steuern in Kriens – aber weniger stark als erwartet. Der Krienser Stadtrat reagiert mit «Befremden und Unverständnis». Und sieht sich in seiner Finanzpolitik ausgebremst. Ausdrückliches Lob für den Entscheid gibt es in Kriens nur von einer Partei.

Der Knatsch rund um das Budget der Stadt Kriens hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Nachdem sich der Streit bislang auf die Krienser Lokalpolitik beschränkte, nimmt der Stadtrat nun die Kantonsregierung ins Visier. «Mit Befremden und Unverständnis nimmt der Krienser Stadtrat den Entscheid des Luzerner Regierungsrates zum Budget 2021 zur Kenntnis», schreibt er am Donnerstag in einer Mitteilung.

Denn die Kantonsregierung hat entgegen den Erwartungen des Stadtrates den Steuerfuss «nur» auf 1.95 Einheiten erhöht. Der Stadtrat hoffte auf eine Anhebung auf 2.0 Einheiten. Doch der Regierungsrat hält fest, dass das bisherige Budget unter anderem wegen der Steuererhöhung abgelehnt worden sei (zentralplus berichtete).

«Der Stadtrat ist enttäuscht und ein Stück weit auch konsterniert», sagte Stadtpräsidentin Christine Kaufmann-Wolf (CVP) am Donnerstag im Einwohnerrat. «Der Entscheid ist für den Stadtrat weder verständlich noch nachvollziehbar.» 

Schuldenbremse in Frage gestellt

Denn mit den tieferen Steuern fehlen der Stadt Kriens jetzt rund 1,8 Millionen Franken. Dieses Geld wird laut Stadtrat dringend für den Schuldenabbau benötigt. Der Luzerner Regierungsrat ist hingegen der Ansicht, dass die Stadt Kriens die 1,1 Millionen Franken Differenz zu einem ausgeglichenen Budget 2021 aus eigener Kraft stemmen könne. Wie man dieses Loch stopfen könne, wisse man noch nicht, sagt hingegen Stadtpräsidentin Kaufmann-Wolf. «Tatsache ist aber: Die finanziellen Herausforderungen werden für die Stadt Kriens noch grösser.»

«Mit seinem Entscheid erschwert der Regierungsrat das langfristige Gesunden der Krienser Stadtfinanzen – oder verunmöglicht es sogar.»

Stadtrat Kriens

Es geht aber nicht nur um die Finanzen im laufenden Jahr. Für den Krienser Stadtrat ist klar, dass der Regierungsrat mit seinem Entscheid die in Kriens parteiübergreifend festgelegte Finanzstrategie ernsthaft in Frage stelle. «Die Exekutive fühlt sich in ihren Bestrebungen als Konkordanzregierung im Stich gelassen», so der Stadtrat. Das Ziel, die Fremdverschuldung abzubauen und somit wichtige Kennzahlen der Stadtfinanzen wieder den vom Kanton selber geforderten Richtwerten anzunähern oder sie gar zu erreichen, rücke damit in weite Ferne.

Das Fazit in der drittgrössten Gemeinde des Kantons fällt deutlich aus: «Mit seinem Entscheid erschwert der Regierungsrat das langfristige Gesunden der Krienser Stadtfinanzen – oder verunmöglicht es sogar.»

Stadtschreiber Guido Solari (ganz links) und die fünf Krienser Stadträte (v.l.n.r.): Marco Frauenknecht, Cla Büchi, Christine Kaufmann-Wolf, Maurus Frey und Roger Erni.

Der Stadtrat erachtet die Einführung der Schuldenbremse in der aktuellen Lage nämlich als kaum umsetzbar, wenn gleichzeitig eine nachhaltig ausgeglichen Finanzplanung angestrebt wird. Doch genau das fordert der Kanton. Der Stadtrat von Kriens erwartet vom Regierungsrat deshalb «konkrete Hinweise, wie diese Quadratur des Kreises zu bewerkstelligen sei».

Linke kritisieren Entscheid ...

Rückenwind erhält der Stadtrat von den linken Parteien. Raoul Niederberger von der Fraktion der Grünen-Grünliberalen sprach am Donnerstag von einem «Affront». Für eine Gesundung der Finanzen brauche Kriens eine Steuererhöhung von einem Zehntel. Dass der Kanton diese Ansicht nicht teilt, ist für den Co-Präsidenten der Grünen Kanton Luzern unverständlich.

«Mit diesem Entschluss wird einmal mehr aufs Prinzip Hoffnung gesetzt.»

SP Kriens

«Der Regierungsrat des Kantons Luzern setzt auf veraltete und gescheiterte Rezepte aus der Krienser Finanzpolitik», meint auch die SP Kriens. «Mit diesem Entschluss wird einmal mehr aufs Prinzip Hoffnung gesetzt und auch ausgedrückt, wie wenig die hohen Zentrumslasten der Agglomerationsgemeinden den Regierungsrat kümmern.» So würden Kürzungen in Bildung, Tagesstrukturen, Sozialem sowie der Alters- und Gesundheitsversorgung in Kauf genommen, was die Attraktivität der Stadt Kriens weiter schwäche.

Die SP Kriens bringt zudem die Rolle von SVP-Regierungsrat Paul Winiker aufs Tapet. Man frage sich, «welchen Einfluss es auf den Entscheid im Regierungsrat hatte, dass mit Herrn Winiker der ehemalige Krienser Finanzchef im Regierungsrat Einsitz nimmt», schreibt die Partei in einer Mitteilung. Schliesslich habe er 2011 das Konzept der Krienser Finanzpolitik entwickelt, das man heute als gescheiterte betrachten müsse.

... Bürgerliche loben Regierung

Überrascht ist auch die FDP, wie sie in einer Mitteilung schreibt. Denn der Luzerner Regierungsrat entscheide sehr selten gegen den Antrag der Gemeindeexekutive, wie 2018 das Beispiel Emmen zeigte. Dort musste damals ebenfalls der Kanton eingreifen – und erhöhte die Steuern wie vom Gemeinderat ursprünglich vorgeschlagen.

Der Regierungsrat nehme im Fall von Kriens das wuchtige Nein der Bevölkerung von 65 Prozent zur Steuererhöhung ernst, so die FDP. Sie fühlt sich in ihrer Haltung bestärkt, wonach die Steuererträge zu tief budgetiert sind und eine Steuererhöhung von einem Zehntel nicht nötig ist.

Ebenso geht es der SVP. Einwohnerrat Räto Camenisch lobte am Donnerstag die «umsichtige Entscheidungsfindung» der Regierung. Kein Wunder: Der beschlossene Steuerfuss von 1,95 Einheiten entspricht dem Vorschlag der SVP-Fraktion. Die Kantonsregierung trage damit dem Volksentscheid vom Januar Rechnung, sagte Camenisch. Damals lehnte die Stimmbevölkerung von Kriens die Steuererhöhung auf 2,0 Einheiten deutlich ab (zentralplus berichtete).

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4 Kommentare
  • Profilfoto von stofe53
    stofe53, 27.05.2021, 19:22 Uhr

    Herr Erni hat vor kurzem lächelnd erklärt, «Wir bauen trotzdem» Also spielen die Abstimmungsresultate keine Rolle.
    Vielleicht hat der Herr Erni vergessen, dass der goldene Vogelkäfig an der Hauptstrasse eventuell für ihn eines Tages nur noch als Besucher gilt. 27000 gegen 7….. Lets play

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  • Profilfoto von Räto B. Camenisch, Einwohnerrat SVP Kriens
    Räto B. Camenisch, Einwohnerrat SVP Kriens, 27.05.2021, 17:57 Uhr

    Wir bürgerliche Krienser danken der Luzerner Regierung, dass sie mindestens zum Teil den Volksentscheid vom Januar 2021 berücksichtigt hat und den nötigen Spardruck für die weiteren Budgets aufrecht erhält. Der Regierungsentscheid entspricht nämlich genau dem in der Budgetberatung gemachten Kompromissvorschlag der SVP, der in der Beratung auch von der FDP mitgetragen wurde. Wir sind enttäuscht von der pointiert negativen Reaktion des Krienser Stadtrates und seiner Aeusserung, dass er das neue Finanzhaushaltsreglement unter diesen Umständen nicht einhalten könne. Damit geht er in eine konzertierte Stimmungsmache mit der Rats-Grün-Linken, die natürlich gerne ihre weitreichende Ausgabenpolitik fortgesetzt hätte. Statt so zu reagieren sollte er sich besser überlegen, wie er der Herausforderung nun gerecht wird.

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  • Profilfoto von Rengloch Böög
    Rengloch Böög, 27.05.2021, 15:31 Uhr

    Nun ist es also offiziell, der neue Krienser Stadtrat ist genauso unfähig, wie es der Alte war! Proletarier vermisst niemand. Vorschussbonus aufgebraucht! Zeit für den Rücktritt!

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  • Profilfoto von Nico
    Nico, 27.05.2021, 14:32 Uhr

    Die Finanzpolitik von Winiker ist gescheitert weil durch den alten Stadtrat an allen Ecken unnötig Geld verschwendet wurde. Den neuen Kreisel an der Horwerstrasse z.B. bräuchte es nicht und hätte damit schon 1 Million sparen können…

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