Am Baarer Bahnhof ist es ihm zu teuer geworden

Nach mehr als zehn Jahren muss dieser Schuhmacher aufhören

Joseph Yakoub hat Freude an seinem Schuhmacherberuf. Doch nun muss er Ende November seinen Laden in Baar schliessen.

(Bild: woz)

Irgendwie ist es traurig. Nach zehn Jahren schliesst der Schuhmacher Joseph Yakoub seinen Laden samt Werkstatt und Schlüsseldienst. Weil die Umsätze im Schuhverkauf eingebrochen sind. Doch er hat schon neue Pläne.

Die Tür zu seinem Geschäft ist weit geöffnet. Doch an diesem Morgen ist noch kein Kunde in seinem Laden in der Bahnhofstrasse 8b aufgetaucht. Das Geschäft befindet sich in der orangen Zeile des Bahnhofskomplexes, wo gleich mehrere Geschäfte um Kunden buhlen.

Kunden kamen bis von Walchwil

«Früher sind meine Stammkunden sogar von Walchwil und aus dem Ägerital zu mir gekommen», sagt Joseph Yakoub. Bei dem Baarer kann man viele schöne und gute Schuhe kaufen. Herren- und Frauenschuhe. Ordentlich sind diese postiert auf Regalen in dem rund 80 Quadratmeter grossen Ladenlokal. Auch Reparaturen führt er durch. Und Schlüssel kann man bei ihm nachmachen lassen.

Vor zehn Jahren hat sich Joseph Yakoub, heute 55 Jahre alt, verheiratet und Vater von fünf zumeist erwachsenen Kindern, diese Existenz aufgebaut. Die Büroarbeit macht seine Frau – weil sie besser Deutsch könne als er. Dabei spricht der gebürtige Syrer fliessend und gut verständlich.

70 bis 80 Stunden pro Woche gearbeitet

«Ich war Erstmieter, nachdem der neue Baarer Bahnhof fertig gebaut war. Zuvor arbeitete ich in der Gastronomie. Und in der chemischen Reinigung.» In seiner syrischen Heimat hatte Yakoub Metallbauschlosser gelernt. «Doch der Beruf des Schuhmachers passt am besten zu mir», sagt er und lächelt. Neben dem Verkaufstresen, auf dem eine Kaffeemaschine steht, hängt auch eine Schweizerflagge. Er fühlt sich wohl hier.

«Wenn es viel Arbeit gibt, ist dieser Mietpreis kein Problem.»

Joseph Yakoub, Ladeninhaber

70 bis 80 Stunden arbeitete er pro Woche – so viel Arbeit hatte er mit den Schuhen. Jeweils 200 bis 300 Paar Schuhe kaufte er pro Saison auf der Messe in Spreitenbach für seine Kunden. «Darunter sind auch solche qualitätvollen, rahmengenähten Schuhe wie diese hier», sagt er und zeigt ein Paar edle Herrenhalbschuhe. Die gibt’s jetzt um 60 Prozent billiger. Weil die gesamte Ware raus muss. Ende November ist Schluss. Dann geht der Laden zu.

Viele schöne Schuhe hat Joseph Yakoub im Angebot: Jetzt ist Räumungsverkauf.

Viele schöne Schuhe hat Joseph Yakoub im Angebot: Jetzt ist Räumungsverkauf.

(Bild: woz)

«Es ist nicht unbedingt die hohe Miete von 2’600 Franken plus Nebenkosten, warum ich jetzt nach zehn Jahren mein Geschäft schliessen muss», sagt Joseph Yakoub. Der Eigentümer sei die Migros-Pensionskasse, und die habe ihm früher schon einmal Ratenzahlung gewährt. «Wenn es viel Arbeit gibt, ist dieser Mietpreis kein Problem.»

Zu grosse Konkurrenz durch das Internet

Doch seit zwei, drei Jahren merke er, dass die Kunden immer weniger werden. Grund: Im Internet könne man die gleichen Modelle, die er anbiete, um die Hälfte günstiger erwerben. Will heissen: Früher seien von rund hundert Kunden 40 zu ihm gekommen, um Schuhe zu kaufen. «Jetzt sind es vielleicht noch zehn.» Das reiche eben nicht, so Yakoub.

Hinzu komme, dass er in dieser Situation auch spüre, dass sein Laden im Baarer Bahnhof doch etwas abgelegen sei. «Könnte ich weiter vorn an der Bahnhofstrasse verkaufen, wäre mir schon sehr geholfen.»

Neues Geschäft in Zug

Joseph Yakoub, der das Schuhmacherhandwerk in der Schweiz in einem Kurs lernte, sagt, er habe 60’000 bis 70’000 Franken in sein Geschäft in Baar investiert.

Seine Ladentür ist noch weit geöffnet: Joseph Yakoub muss sein Geschäft mangels Umsatz Ende November dichtmachen.

Seine Ladentür ist noch weit geöffnet: Joseph Yakoub muss sein Geschäft mangels Umsatz Ende November dichtmachen.

(Bild: woz)

Deswegen verwundert es nicht, wenn sich der Kleinunternehmer traurig darüber zeigt, dass er nun seinen Laden schliessen muss. Arbeitslos werden möchte er aber auf keinen Fall. Deshalb hat er schon seine Fühler nach Zug ausgestreckt und neue Möglichkeiten sondiert.

«Ich werde im Dezember in Zug ein neues Schuhgeschäft eröffnen – in der Passage beim Spago zwischen Bahnhof- und Poststrasse», sagt Yakoub, und seine Augen funkeln hoffnungsvoll. Das ist aus seiner Sicht eigentlich auch gar nicht so schlecht für Baar. «Die meisten Baarer gehen sowieso nach Zug zum Einkaufen», sagt er schmunzelnd.

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