Nach Lästereien über Patienten: Krankenschwester räumt Fehler ein
Die Mitarbeiterin einer Psychiatrie soll sich monatelang über ihre Patienten lustig gemacht und vertrauliche Daten per Whatsapp an Freundinnen weitergeleitet haben. Sie verlor deshalb ihren Job. Vor Gericht gab sie sich reumütig – aber nur teilweise.
«Megamühsam» sei eine Patientin gewesen. «Bitz behindered», eine andere. Ihrem Ärger verschaffte eine junge Psychiatriemitarbeiterin in Whatsapp-Nachrichten an ihre Freundinnen Luft. Dabei verschickte sie teilweise Bilder von vertraulichen Patientendaten, um ihren Frust zu unterstreichen (zentralplus berichtete).
In einem Fall zeigt sich die Fachfrau Gesundheit (FaGe) an diesem Nachmittag vor dem Strafgericht Zug geständig. Sie gibt zu, einer damaligen Freundin Auszüge aus der Krankenakte geschickt und sich darüber beschwert zu haben, dass die Patientin mit Konzentrationsproblemen bei einem Gedächtnisspiel nicht mitmachen wollte. Dieser Vorwurf lässt sich anhand der Beweise auch schlecht wegdiskutieren: Sowohl die Chats als auch die entsprechenden Bilder konnten von der Polizei sichergestellt werden.
In fünf weiteren Fällen bestreitet die 26-Jährige, dass es in den Chats um Patienten gegangen sei. Vielmehr habe man über gemeinsame Bekannte gelästert.
Die Beschuldigte lässt viele Fragen unbeantwortet
In der Verhandlung zeigte sich die junge Frau äusserst wortkarg. Die meisten Fragen der Richterin beantwortete sie mit einem schlichten Verweis auf die Aussagen, die sie bereits gegenüber der Polizei gemacht hatte.
Das Gericht ist also weitgehend sich selber überlassen, wenn es die Frage beantworten soll, ob es in den sichergestellten Chats tatsächlich um gemeinsame Bekannte gegangen sein könnte. Die vorsitzende Richterin liess allerdings bereits in der Befragung durchblicken, dass sie Zweifel an dieser Version der Geschichte hat.
Der Grund dafür: In einer der Nachrichten fragte eine Freundin die FaGe explizit, ob sie denn keine Schweigepflicht habe. Wie dies mit ihrer Darstellung der Geschehnisse vereinbar sein soll, liess die Beschuldigte in der Befragung offen, indem sie die Aussage verweigerte.
Keine Verurteilung ohne Strafantrag
Aus Sicht der Verteidigung tut dies aber ohnehin nichts zur Sache. Grund: Bei der Verletzung des Berufsgeheimnisses handelt es sich um ein Antragsdelikt. Und da die Polizei nicht ermitteln konnte, um welche Patienten es sich in den fünf strittigen Fällen gehandelt hat, konnte auch keine entsprechende Strafanzeige gestellt werden. Ausserdem seien die angeblichen Übertretungen bereits verjährt. Die FaGe sei von diesen Vorwürfen also vollumfänglich freizusprechen.
«Die Whatsapp-Nachrichten dienten dazu, bei Kräften zu bleiben.»
Die Verteidigerin
In einem Fall räumt die Beschuldigte ein, sich mit ihrer Freundin über die Patientin ausgetauscht zu haben. Sie habe aber nicht gewusst, dass sie sich damit strafbar machen könnte, macht die Verteidigung geltend.
Ihre Freundin – eine Coiffeuse – habe die Patientin nämlich gekannt und bereits gewusst, dass diese psychisch krank war. Die Fachfrau Gesundheit habe also gar nichts verraten, was ihre Freundin nicht bereits wusste. «Sie ging zum Tatzeitpunkt davon aus, dass sie mit ihr darüber sprechen kann, ohne das Berufsgeheimnis zu verraten – so lange keine Drittperson davon erfährt», so die Verteidigerin. Auch in diesem Fall sei sie daher freizusprechen.
Die Lästereien waren ein Ventil
Die Beschuldigte sei zum angeblichen Tatzeitpunkt noch jung gewesen. «Sie hat einen Fehler gemacht und bereut dies zutiefst.» Die Beschuldigte habe ihre Ausbildung gerade erst abgeschlossen gehabt, nachdem sie vorher mehrere Ausbildungen abgebrochen habe.
«Der Alltag in der Pflege ist hart, das wissen wir alle. Sie nutzte ihre Freundin als Ventil, um die schweren Situationen zu verarbeiten. Die Whatsapp-Nachrichten dienten dazu, bei Kräften zu bleiben», so die Verteidigerin. Die Coiffeuse habe dann das Vertrauen ihrer Mandantin missbraucht, indem sie die Klinikleitung über die Nachrichten informierte. Das Ganze sei ein Racheakt gewesen.
Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau zudem vor, sie haben ihren Ex-Freund angestachelt, die Coiffeuse zu bedrohen. Sie sei sogar selber tätlich gegen sie geworden. Auch dies bestreitet die Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft habe sehr einseitig ermittelt. Es sei im Laufe des Verfahrens zu diversen Formfehlern gekommen. Nicht einmal die Anklageschrift entspreche den gesetzlichen Vorgaben – dies sei ein weiterer Grund für einen Freispruch.
Strafmilderung wegen Jobverlust
Sollte es dennoch zu einer Verurteilung kommen, beantragt die Verteidigung zumindest eine deutliche Strafmilderung. Die Staatsanwaltschaft fordert eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 30 Franken sowie eine Busse. Die Verteidigung ist der Meinung, dass berücksichtigt werden müsse, dass die Beschuldigte aufgrund der Vorwürfe ihren Job verloren hatte und längere Zeit arbeitslos war. Sie absolviert nun eine Umschulung.
In ihrem letzten Wort wandte sich die Beschuldigte an die Patientin, über die sie unbestrittenermassen gelästert hatte. «Ich möchte mich ganz herzlich entschuldigen. Hätte ich gewusst, dass die Patientin dies persönlich so verletzt, hätte ich das nicht gemacht.»
Das Urteil wird den Parteien in den nächsten Tagen schriftlich zugestellt. zentralplus wird darüber berichten.
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Markus Hadorn, 02.12.2019, 16:45 Uhr Zwei Bemerkungen: Den Begriff «Krankenschwester» gibt es nicht mehr. Zumindest die korrekte Berufsbezeichnung darf im Titel einer solchen Berichterstattung erwartet werden. Im vorliegenden Fall: Fachfrau Gesundheit (FaGe).
Dann: FaGe ist trotz allen Unkenrufen kein Pflegeberuf, sondern ein Beruf im Gesundheitswesen auf der Sekundarstufe 2, mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis. Um sich in der Pflege verantwortlich zu qualifizieren ist eine weiterführende Ausbildung zur diplomierten Pflegefachfrau, diplomierten Pflegefachmann HF oder FH notwendig.
Dass FaGe in bestimmten Betrieben so eingesetzt werden wie Diplomierte hat v.a. monetäre Gründe. Sie sind billiger!
Sie tragen häufig Verantwortung, für die sie nicht ausgebildet wurden. Das kann zugegebenermassen zu starken Überforderungen führen. Trotzdem erachte ich das Votum der Verteidigerin als völlig daneben. Weder Jugend, noch die «Härte» des Pflegealltages rechtfertigen ein solches Fehlverhalten. Vielmehr gilt es bei der Ausbildung und Anstellung von Fachkräften (egal ob FaGe oder HF) genau hinzuschauen. Zugleich sind die Betriebe in der Verantwortung Rahmenbedingungen zu schaffen, in welchen Pflegende und Betreuende ihre Aufgaben «beissen» können.👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterKasimir Pfyffer, 28.11.2019, 10:04 Uhr Diese Frau ist ganz offensichtlich nicht geeignet, ihren Beruf mit der nötigen Professionalität und Empathie auszuführen. Solche Menschen sind als Betreuungspersonen ein Alptraum für Patienten, Angehörige und Aussenstehende und gehören sofort aus diesem Berufsfeld entfernt. Sie richten nicht nur direkten Schaden in den Patienten- und Angehörigenbeziehungen an, sondern sind auch eine Schande für einen Berufsstand, der sich durch viele tolle, motvierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszeichnet. Wenn das Gericht hier nur eine lauwarme Pipifax-Strafe verhängt und diese charakterlose Trulla weiterhin im Beruf arbeiten dürfte, gehört der Fall sofort in die Revision!
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