Wille und meisterhafte Taktik führten zum Erfolg

Nach grossem Sieg gegen Meister YB – Schaut her, der FCL lebt!

Entscheidung: Marvin Schulz (links) und Stefan Knezevic jubeln nach dem Tor zum 2:3.

(Bild: Dominik Stegemann/meienberger-photo)

Dieser FC Luzern ist besser, als er von seinem Trainer und Sportkoordinator bei jeder Gelegenheit dargestellt wird. Sonst wäre der grossartige 3:2-Sieg beim zuvor verlustpunktlosen Leader und Titelverteidiger YB nicht möglich gewesen. Gelingt es René Weiler und seinem Team dieses Mal, den Schwung aus diesem emotionalen Schlüsselerlebnis mitzunehmen?

Mit seiner grossen Hornbrille sah er in der Coachingzone des Stade de Suisse zu Bern aus wie Harry Potter. Doch ein Zauberlehrling ist FCL-Trainer René Weiler schon lange nicht mehr. Darum ist das 3:2 auch nicht Zauber und schon gar nicht dem Zufall geschuldet. Es ist vielmehr eine Kombination aus taktischer Meisterleistung und unbändigem Willen.

Weiler ist der erste Super-League-Trainer seit vielen Wochen und Monaten, der aufgezeigt hat, wie die gnadenlose Offensivmaschine der Young Boys gestoppt werden kann. Sein Rezept im 4-1-4-1-System: bloss nicht mitspielen und den Ball führenden Berner schon in dessen eigener Platzhälfte mit kompaktem Pressing angreifen. Darum durfte Weiler nach dem vierten Saisonsieg der Luzerner gegenüber «SRF» zu Recht feststellen: «Wir haben in der ersten Halbzeit nicht viel zugelassen.»

Trendsetter und FCL Trainer Rene Weiler mit Zauberlehrlingsbrille.

Trendsetter und FCL-Trainer Rene Weiler mit Zauberlehrlingsbrille.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Der Glaube an die eigenen Stärken

Neun von elf FCL-Spieler hat er beim Duell David gegen Goliath auf dem ungeliebten Kunstrasen laufen lassen, die der eigenen Defensivabteilung angehören. Und vor allem auch den Goalie gewechselt: der altgediente David Zibung für den vor der Saison neuverpflichteten Mirko Salvi. Letztlich ging alles auf. Auch wenn die gegnerische Angriffsmaschinerie zu schnauben begann, den Druck massiv erhöhte und die Partie bis zur 79. Spielminute in ein 2:1 wendete – der FCL wankte, aber er fiel nicht.

«Eine solche Wende gelingt nur, wenn man den Glauben an die eigenen Stärken nicht verliert.»

David Zibung, Goalie

Weil er sich nicht entmutigen liess, weil er sich für eine solidarische und leidenschaftliche Teamleistung unbedingt belohnen wollte. Mit einer feinen Einzelleistung von Marvin Schulz und einem Abpraller-Tor von Stefan Knezevic schlug er zurück und erschütterte das Selbstverständnis der nach neun Saisonsiegen selbstbewussten Hausherren. Das unmissverständliche Signal nach drei Niederlagen in Folge: Schaut her, der FCL lebt!

Stark: Torhüter-Routinier David Zibung in Aktion.

Stark: Torhüter-Routinier David Zibung in Aktion.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Klar, dass Weiler, der kommunikative Realist, hinterher nicht vergass zu erwähnen, dass bei der abermaligen Wende auch etwas Glück dabei war. Zibung stellte aber einen für ihn wichtigeren Aspekt ins Zentrum seiner Analyse: «Eine solche Wende gelingt nur, wenn man den Glauben an die eigenen Stärken nicht verliert.»

Dämpft der kommunikative Realismus die Hochstimmung?

Kein Schelm, der festhält: Der FCL ist qualitativ und mental besser, als er von Weiler und Sportkoordinator Remo Meyer dargestellt wird (zentralplus berichtete). Eine Mannschaft, die laut Weilers Einschätzung bloss Mittelmass ist, hätte in Bern keine nahezu perfekte Vorstellung abliefern können. Sie wäre von der gegnerischen Angriffsmaschinerie aus dem Stadion geschossen worden.

Aber was bedeutet dieser grosse FCL-Sieg in Bern für den zweiten Teil der Vorrunde? Sind die nächsten Gegner nach der Nationalmannschaftspause (Thun am 20. Oktober und Aufsteiger Xamax am 28. Oktober) nun bloss noch Kanonenfutter?

Jubel nach Spielschluss: Simon Grether (links), Torhüter Mirko Salvi (verdeckt), Marvin Schulz, Christian Schneuwly, Pascal Schuerpf, Otar Kakabadze, Filip Ugrinic und Shkelqim Demhasaj.

Jubel nach Spielschluss: Simon Grether (links), Torhüter Mirko Salvi (verdeckt), Marvin Schulz, Christian Schneuwly, Pascal Schuerpf, Otar Kakabadze, Filip Ugrinic und Shkelqim Demhasaj.

(Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Ganz sicher nicht. Der FC Luzern hat schon einmal den Schwung nach einem emotionalen Schlüsselerlebnis nicht mitnehmen können. Nach der irren Wende und dem grossartigen Last-Second-Sieg gegen GC (2:1) Anfang September gingen die nächsten drei Meisterschaftsspiele verloren. Hatte Weilers kommunikativer Realismus etwa die Hochstimmung im Team gedämpft?

Das Problem mit der Spielgestaltung

Das Problem, das Weiler vor den nächsten beiden richtungsweisenden Ernstkämpfen lösen muss, ist taktischer Natur. Der FCL kann vor allem dann seine Stärken ausspielen, wenn die gegnerische Mannschaft zumindest ein gleich grosses Interesse daran zeigt, das Spiel mitzugestalten. Dann kann er mit schnellen Gegenstössen zum Erfolg kommen. Das haben die Siege gegen YB, St. Gallen und GC deutlich gemacht.

Wenn der Gegner aber dem FCL die Spielgestaltung überlässt, fangen die Probleme an. Dann wird der FCL in der Rückwärtsbewegung verwundbar. Diese Geschichte erzählt selbst der wacklige 4:2-Heimsieg gegen Lugano. Ein passendes taktisches Konzept für das Meistern dieser Herausforderung hat Weiler bislang noch nicht gefunden.

Aber angesichts der über dem Liga-Mittelmass anzusiedelnden Qualität von Trainer und Mannschaft sollte dies bloss noch eine Frage der Zeit sein.

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