Gespaltene Stadt steht vor grossen Herausforderungen

Nach den knappen Resultaten: Was in Kriens jetzt geschehen muss

Die Stadt Kriens, in der Mitte das Stadthaus. (Bild: zvg)

Die Abstimmungen zur Weinhalde und zur Pilatusarena offenbarten eine gespaltene Stadt. Doch in Kriens stehen die nächsten grossen Projekte bereits in den Startlöchern. Es gibt deshalb nur eines: So schnell wie möglich wieder zusammenrücken.

Die Krienser haben entschieden und diesen Sonntag Ja gesagt zur Pilatusarena und zu einem 110 Meter hohen Wohnturm auf dem Areal Mattenhof II in Luzern Süd. Abgelehnt wurde hingegen das Projekt Weinhalde, wo 45 Eigentumswohnungen geplant waren (zentralplus berichtete).

Trotz des unterschiedlichen Ausgangs haben beide Resultate eines gemeinsam: Es wurde jeweils äusserst knapp. Bei der Weinhalde machten letztlich 73 Stimmen den Unterschied. Bei der Pilatusarena waren es 265 – und das in einer Stadt mit rund 27'500 Einwohnern.

Zwei gehässige Abstimmungskämpfe

Parallelen gibt es auch im Umgangston, der im Vorfeld der beiden Abstimmungen herrschte. In der teils gehässigen Debatte zum Weinhalde-Projekt schenkten sich Gegner und Befürworter nichts – je näher der Abstimmungskampf rückte, umso mehr gaben sie einander regelrecht aufs Dach. Bei der Wortwahl zeigte man sich mitunter wenig zimperlich (zentralplus berichtete).

Bei der Pilatusarena wiederum wurde den Initianten und der Politik fehlende Transparenz vorgeworfen. Die Befürworter hingegen bezichtigen die Gegnerschaft, mit einem Abstimmungsflyer bewusst Falschinformationen zu verbreiten (zentralplus berichtete). Und auch ein Blick in die Kommentarspalten offenbarte gegenseitiges Misstrauen und Unverständnis für die Gegenseite.

Ob die Coronapandemie und die unsicheren Zukunftsaussichten aus psychologischer Sicht das ihre beigetragen haben, kann nur vermutet werden.

Ein «Leuchtturmprojekt» mit nur wenig Rückhalt

Eine weitere Gemeinsamkeit der beiden Vorlagen: Es gibt beide Male um Bauprojekte. Konnte man beim Einzonungsmoratorium, das vor zwei Monaten an der Urne reüssierte, noch von einem Protestvotum der Krienser sprechen, steht es nun Schwarz auf Weiss: Es zieht sich ein Graben durch die Krienser Bevölkerung, wenn es um die Entwicklung der Stadt in den kommenden Jahren geht. Die Gegner der beiden Projekte, auch die Grünen, haben diese Gunst der Stunde angesichts der aktuellen Stimmung geschickt zu nutzen gewusst.

Obwohl die Pilatusarena von sämtlichen Parteien, den lokalen Sportvereinen sowie von Kanton und Bund unterstützt und vom Einwohnerrat fast einstimmig angenommen wurde, mussten die Verantwortlichen bis zum Schluss zittern.

Unter einem «Leuchtturmprojekt», auf das eine solide Mehrheit der Bevölkerung stolz ist, versteht man gemeinhin etwas anderes. Wie schon beim Stadthaus wird auch dieses Grossprojekt – trotz einer zehnjährigen Planungsphase – erst nach einigem Kampf und Krampf und begleitet von vielen Misstönen realisiert. Für künftige Investorinnen nicht unbedingt ein gutes Signal.

Aus für Zukunftsprojekt von Krienser Familie

Hart ist das Verdikt zur Weinhalde für die Familie Geisseler-Bieri, auf deren Grundstück die Überbauung Weinhalde hätte realisiert werden sollen. Die Grundeigentümer hatten dort früher eine Gärtnerei betrieben. Ihre Überbauung war von langer Hand geplant und kam nun sicher zu einem ungünstigen Zeitpunkt an die Urne. Denn jetzt ist die Familie in ihren Zukunftsplänen jäh ausgebremst – unbeachtet dessen, dass die Verantwortlichen bereits knapp eine Million Franken in die Entwicklung des Areals investiert haben.

Ein Ja diesen Sonntag war die letzte Chance, die Überbauung in die Tat umzusetzen. Wegen des Einzonungsmoratoriums, das die Krienser im September an der Urne angenommen haben, kann auf dem Areal nun während mindestens 15 Jahren nicht mehr gebaut werden. Durch das ultraknappe Ergebnis brachte die Familie ihr Vorhaben nicht mehr über die Ziellinie, obwohl sie diese mit dem ganzen Körper und mit neun Zehen eigentlich schon überschritten hatte.

Wenn auch eine Identifikationsfigur nicht reicht

Ein schwarzer Tag war der Sonntag auch für das Planerteam um Werner Baumgartner, der mit seiner Firma das Projekt im Auftrag der Eigentümer entwickelt hat. Der SC-Kriens-Präsident konnte mit dem neuen Stadion Kleinfeld und dem Aufstieg in die Challenge League eine Art Aufbruchstimmung entfachen. Er hat viel Energie in die Weinhalde investiert und an vorderster Front dafür geweibelt. Für ein Projekt, das notabene von der Familie eines ehemaligen Krienser Traditionsunternehmens lanciert und mit Werner Baumgartner von einer städtischen Identifikationsfigur nach aussen vertreten wurde.

Diese Tatsache macht das Ganze umso brisanter. Denn es zeigt: Nicht nur den politischen Parteien folgt die Bevölkerung nicht mehr einfach so. Auch städtische Aushängeschilder ausserhalb des Stadthauses scheinen die Krienserinnen derzeit nicht vereinen zu können.

Werner Baumgartner: Präsident des SC Kriens. (Bild: bic)

Nächstes Grossprojekt steht in den Startlöchern

Die Politik und insbesondere der neue Stadtrat sind gut beraten, die Gräben schnell zuzuschütten, um Kriens voranbringen zu können. Denn es stehen grosse Herausforderungen an. Ein Beispiel ist die dringende Lösung des Verkehrsproblems im Südwesten der Stadt Luzern.

Und das Thema hat nicht unbedingt das Potenzial, die Gemüter zu beruhigen. Von der angespannten Finanzlage ganz zu schweigen. Und mit der Überbauung des Bell-Areals steht das nächste Stadtentwicklungsprojekt bereits in den Startlöchern. Dass auch diese Pläne die Krienser bewegen, ist mittlerweile bekannt – die Erwartungen sind entsprechend gross (zentralplus berichtete).

Auf dem alten Bell-Areal soll ein neues Wohn- und Arbeitsquartier entstehen. (Bild: zvg)

«In Kriens ist es 5 vor 12», sagte der mittlerweile zurückgetretene Stadtpräsident Cyrill Wiget im vergangenen Sommer gegenüber zentralplus. Er sprach damit die unbefriedigende Situation für die Bevölkerung und das Gewerbe im Stadtzentrum an (zentralplus berichtete). Höchste Zeit also, dass man am Sonnenberg wieder zusammensteht, die getroffenen Entscheide akzeptiert und – gemeinsam – nach vorne blickt.

Zumindest der neue Stadtrat scheint sich diese Aufgabe zu Herzen nehmen zu wollen. Jedenfalls liessen die Mitglieder seit ihrer Wahl keine Gelegenheit aus, um den Wunsch nach einem Dialog mit Bevölkerung und Medien zu betonen. Im neuen Format «Stadtgespräche» will sich der Stadtrat explizit ihren Fragen widmen. Das Gremium wird man in ein paar Jahren auch daran messen, ob es ihm gelingt, Grossprojekte künftig mit solideren Mehrheiten zu stemmen – und die Krienser von der Entwicklung ihrer Stadt zu überzeugen.

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7 Kommentare
  • Profilfoto von Renggloch Böög
    Renggloch Böög, 30.11.2020, 17:31 Uhr

    Liebes Kriens, was ist nur aus Dir geworden? Früher einig, dörflich, lokal und traditionell, heute mehr Gerliswilstrasse als viele wahrhaben wollen. Wo sich früher Optiker an Optiker zwischen einige kultige Beizen reihten, heute nur noch Fleischtaschenbrotverkäufer und Barbiere. Der Zahn der Zeit nagt an vielem…… Es musste ja unbedingt eine Stadt werden! Beton bis zur Hergiswaldbrücke, aber die neuen, max. 45 Fahrzeuge in der Weihnhalde sollen schuld am Chaos sein. In Kriens wird es leider immer so sein, auch wenn das Projekt noch so zukunftsorientiert und fortschrittlich ist, es werden sich ein paar pensionierte Rechtsanwälte, Antennengegner, Ideologen oder Weltverbesserer formieren, welche für das Gemeinleben im Dorf notabene noch genau nichts geleistet haben, um es zu bodigen. Ach was waren das noch Zeiten, als es bei Müllers in der Kreuzbäckerei noch warme Gipfelis gab.

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    • Profilfoto von Bruno Amrhein
      Bruno Amrhein, 30.11.2020, 20:40 Uhr

      Lieber Ränggloch Böög, hast du «Födle ond Courage» , deinen Namen zu sagen, wer also hinter der Maske steckt? Anonyme Verunglimpfungen sind ein Zeichen von Schwäche und argumentativer Hilflosigkeit. Schade. Oder dann halt doch an die Redaktion der Gallischnörre senden, die sind froh um jeden humorlosen Beitrag.

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    • Profilfoto von Der Obernauer
      Der Obernauer, 01.12.2020, 11:13 Uhr

      Lieber Rengglochböög

      Immerhin sind es etwas mehr, oder weniger als 50% der Stimmenden welche nicht mehr Alles was von der Obrigkeit und der Volksvertretung vorgelegt wird ungesehen und begeistert Abnickt. Die Bürger denken mit und werden Kritisch und auch Vorsichtig.
      Die Stadt Kriens wurde von der Obrigkeit eingelullt in die Krise geritten. Da ist es nur natürlich, dass das Volk nun auf die Bremse steht.

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    • Profilfoto von Enrico Ercolani
      Enrico Ercolani, 05.12.2020, 10:46 Uhr

      Ich teile ihre Meinung begrüsste es aber, wenn Sie den Mut hätten unter ihrem Namen zu schreiben!

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  • Profilfoto von Bruno Amrhein
    Bruno Amrhein, 30.11.2020, 12:10 Uhr

    Die Frage ist wohl die, ob die Behörden einfach alle Forderungen der Investoren erfüllen und nachher die planungsrechtlichen Grundlagen anpassen und zurechtbiegen, oder ob die Behörden vor Beginn der Planung und der Wettbewerbe, klare und mehrheitsfähige Vorgaben und Rahmenbedingungen festlegen. Erfolgt dies nicht in dieser Reihenfolge, ist ein Scheitern wahrscheinlich.

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    • Profilfoto von Baumgartner
      Baumgartner, 30.11.2020, 23:36 Uhr

      Wir haben zusammen mit der Familie Geisseler-Bieri während mehr als sechs Jahren alle Forderungen von Gemeinde und Kanton mit sehr grossem menschlichem und finanziellem Aufwand nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt. Selbst die Anzahl Parkplätze haben nicht wir, sondern hat der Einwohnerrat festgelegt. 45 Wohnungen von Kriensern geplant dürfen nicht gebaut werden. Die grossen Unternehmen in Luzern Süd wird es freuen. Sie bauen mit dem Segen der Grünen weiter. Die Familie Geisseler-Bieri wird links liegen gelassen.

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  • Profilfoto von Der Obernauer
    Der Obernauer, 30.11.2020, 08:41 Uhr

    Ein guter Artikel, welcher nun die Situation in Kriens etwas genauer Beleuchtet. Nach meiner Meinung soll nun der Einwohnerrat und die Parteien über die Bücher gehen und sich Gedanken zu ihrem Auftrag machen. Fast 50% der Krienser Bevölkerung werden im Parlament nicht ausreichend vertreten ! Die Einwohnerräte politisieren am Volk vorbei und lassen sich von anderen Interessen leiten. Kritik fehlt noch immer in den meisten Fällen.
    Sollte sich das nicht Verändern sind weitere Abstimmungsniederlagen vorprogrammiert. Das Krienser Stimmvolk erwacht langsam und nickt nicht nur mehr ab …

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