Neue Hoffnung in Luzerner Babelquartier

Nach 10 Jahren kommt der Dammdurchbruch wieder aufs Tapet

SP-Grossstadtrat Mario Stübi an der Dammstrasse. Hier war vor zehn Jahren der Durchbruch geplant (graue Fläche rechts).

(Bild: Bildmontage bic)

Kurz vor der Realisierung bekam der Grosse Stadtrat kalte Füsse und stoppte die geplante Unterführung zwischen der Lädeli- und der Dammstrasse im Luzerner Babelquartier. Das war vor zehn Jahren. Viele Anwohner haben diese Enttäuschung bis heute nicht verkraftet. Doch nun erhält das Projekt wieder neuen Schwung – denn es hat sehr viel Potenzial.

Auf mehreren hundert Metern durchschneidet das hohe Bahntrassee das Luzerner Babelquartier und erschwert den Zugang zur Naherholungszone an der Reuss. Dies wollte die Stadt vor rund zehn Jahren ändern und eine Unterführung durch den Damm bohren. Doch wegen zu hoher Kosten wurde das Projekt vom Grossen Stadtrat auf der Zielgeraden gestoppt.

Noch heute hadern langjährige Quartierbewohner mit dem Entscheid. Doch es gibt neue Hoffnung: SP, Grüne und Grünliberale haben am Dienstag einen Vorstoss eingereicht, der die Stadt dazu verpflichten soll, einen Durchbruch durch das Bahntrassee vom Lädeliplatz bei der Gewerbehalle zur Dammstrasse vor die «Kunsti» erneut zu prüfen.

«Niemand findet es blöd»

Einen ersten Schritt in diese Richtung hat der Stadtrat bereits gemacht. Bis Ende Jahr soll eine Studie vorliegen, welche das städtebauliche Potenzial des Babelquartiers darlegen soll. In diesem Zuge ist auch der Dammdurchbruch ein Thema.  

Mit dem eingereichten Postulat gehen die drei Parteien aber noch einen Schritt weiter, indem das Projekt losgelöst und detailliert untersucht werden soll. «Es geht darum zu erfassen, wie hoch das Preisschild eines solchen konkreten Vorhabens heute ist», sagt SP-Grossstadtrat Mario Stübi. Denn grundsätzlich habe immer Konsens darüber geherrscht, dass man das Projekt umsetzen wolle. «Niemand findet es blöd und es hat deshalb eine neue Chance verdient», sagt Stübi. Es sei also keine «Links-gegen-Rechts-Geschichte».  

Viel zusätzliches Potenzial

Hinzu komme, dass in der unmittelbaren Umgebung des Durchbruchs seit dem Scheitern im Parlament viel passiert ist. «Der Lädeliplatz war damals nicht so belebt wie heute. Die Gewerbehalle, das El Barrio und die Molo Bar haben ihren Teil dazu beigetragen», beschreibt Stübi die Entwicklungen. Dies könne sich dank eines Dammdurchbruchs auf die andere Seite ausweiten. «Es wäre eine simple, aber effektive Massnahme, weil man ‹nur› ein Loch machen müsste», so Stübi. 

«Der Damm ist genug breit, damit man zum Beispiel auch Läden, eine Bar oder einen Take-away einbauen könnte.»

Mario Stübi, SP-Grossstadtrat

Doch Stübi ortet noch einiges mehr an Potenzial. «Der Damm ist genug breit, damit man zum Beispiel auch Läden, eine Bar oder einen Take-away einbauen könnte.» Andernfalls wäre es für Stübi, der selber einige Jahre im Quartier wohnte, auch ein geeigneter Ort für die Glassammelstelle. «Das würde natürlich alles viel Geld kosten. Prüfenswert ist es aber allemal», so Stübi. Denn das Quartier sei in der Vergangenheit oft vergessen gegangen und hätte auch einmal eine Aufwertung verdient.

Im Babelquartier dürfte der Dammbruch auch heute noch viel Freude bereiten. «Eigentlich müsste man das Quartier auf zwei Seiten öffnen. Dies könnte mit einem Durchbruch des Bahndammes erreicht werden, der den Zugang zur Promenade an der Reuss stark verbessern würde», sagte Josef Moser, Präsident des Quartiervereins Wächter am Gütsch Mitte Februar gegenüber zentralplus. Gleichzeitig könnten die Leute von ennet des Trassees so einfacher an der Baselstrasse einkaufen. Denn die kleinen Läden seien durchaus konkurrenzfähig (zentralplus berichtete). Damit nahm Moser die Idee von links-grün vorneweg.

«Dammdurchbruch hier.»: Der lange gehegte Wunsch des Babelquartier steht heute noch auf dem Bahndamm.

«Dammdurchbruch hier!»: Der lange gehegte Wunsch des Babelquartiers steht heute noch auf dem Bahndamm.

(Bild: bic)

Bürgerliche sind skeptisch

Der Dammdurchbruch war bereits an der Grossstadtratssitzung vor zwei Wochen ein Thema. Stübi hatte seinen Vorschlag damals in die Debatte über die Aufwertung der Innenstadt eingebracht (zentralplus berichtete). Auf der rechten Ratsseite stiess das Anliegen indes auf wenig Gegenliebe.

Kritisch äusserte sich Sandra Felder (FDP). «Viele Quartierbewohner haben sich damals gegen das Projekt ausgesprochen, da sie es als zu teuer erachteten», erinnerte sie sich. Das Quartier sei auch heute schon belebt, Dammdurchbruch hin oder her. Ein gutes Beispiel dafür sei der Nordpol, der dem Quatierleben viel Schwung gegeben habe. Dass eine Mehrheit des Quartiers für damals für den Durchbruch war, wie von Stübi suggeriert, sei so nicht haltbar.

Politische Mehrheiten sind heute anders

Aber auch von der SVP gab es Gegenwind. «Wir waren schon vor zehn Jahren sehr skeptisch gegenüber diesem Projekt», sagte Marcel Lingg (SVP), der seit 23 Jahren im Grossen Stadtrat sitzt. Es sei nicht darum gegangen, dass man den Quartierbewohnern die sicherlich positiven Folgen nicht gegönnt hätte. «Es wurde aber nicht ein bisschen, sondern massiv teurer und war am Schluss nicht mehr ein Projekt, dass man einfach so realisieren konnte», erinnerte sich Lingg. Deshalb habe das Parlament die Notbremse ziehen müssen.

«Die Ausgangslage ist auch heute nicht gross anders.»

Marcel Lingg, Grossstadtrat SVP

«Die Ausgangslage ist auch heute nicht gross anders», schätzte er die Lage ein. Man diskutiere ja bereits umfassend über die anderen Aufwertungsprojekte in der Innenstadt und die Frage, ob man sie sich leisten kann. «Es ist also fraglich, ob wir jetzt ein Projekt in einem Aussenquartier realisieren sollen, von dem letztlich nur einige Quartierbewohner profitieren, weil sie ein paar Sekunden weniger bis zur Bushaltestelle brauchen», analysierte Lingg die Ausgangslage. Für die SVP sei das Projekt nur schon aus finanziellen Gründen deshalb nicht aktuell. Man sei allerdings bereit, das Thema im Zuge eines Vorstosses zu diskutieren. Die Debatte wird Lingg jetzt erhalten.

Ob es mit dem Loch im Damm diesmal klappt, wird sich zeigen. Jedenfalls hat sich bezüglich politischer Mehrheiten in Luzern seit dem letzten Versuch einiges getan. Sowohl im Parlament wie auch im Stadtrat. Die sogenannte «Öko-Allianz» könnte das Projekt trotz möglicher Widerstände dieses Mal durchbringen.

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