Knapper Entscheid für eine Kandidatur

Mutig oder dämlich? SVP nominiert Schärli für Stadtrat

Der Kandidat der SVP: Thomas Schärli wird am 27. November zu den Stadtratswahlen antreten. (Bild: jal)

Die Mitglieder der Stadtluzerner SVP haben den Kantonsrat Thomas Schärli zu ihrem Stadtratskandidaten gewählt. Der 36-Jährige tritt am 27. November gegen CVP-Kandidatin Franziska Bitzi Staub an. Einig war sich die SVP allerdings nicht – und wie Schärli gegen Bitzi gewinnen will, konnte er auch noch nicht sagen. Was sich aber sagen lässt: Schärlis Wahlchancen tendieren gegen null.

Die SVP will es wissen: Sie tritt am 27. November um den Sitz des zurückgetretenen Stadtrats Stefan Roth (CVP) an. Die Parteiversammlung hat am Freitagabend Kantonsrat Thomas Schärli nominiert. Der 36-jährige Littauer war der Einzige, der sich bei der SVP für eine Kandidatur zur Verfügung stellte.

Ob die SVP überhaupt antreten soll, war aber lange umstritten. Der Entscheid fiel denn auch nicht eindeutig aus: 11 Mitglieder sprachen sich dagegen aus, 17 waren dafür (woraus ersichtlich wird, dass der Aufmarsch bei der SVP auch bei Weitem nicht so riesig war wie bei der CVP, wo über 160 Mitglieder den Weg an die Versammlung fanden).

Wie gross sind die Chancen?

Der Nomination vorausgegangen war ein verbaler Schlagabtausch zwischen Marcel Lingg, Chef der Grossstadtfraktion, und Parteipräsident Peter With. Lingg argumentierte gegen eine Kandidatur, With war dafür – und setzte sich letztlich durch.

Für Lingg war klar: «Wir sollten durch den Verzicht Grösse zeigen anstatt das Risiko einer Wahlschlappe einzugehen.» Denn eine Unterstützung von anderen Parteien oder Verbänden sei nicht absehbar und eine Kandidatur koste nur viel Geld, «ohne dass wir eine realistische Wahlchance haben».

«Die SVP ist wahlmüde.»

Marcel Lingg, SVP-Fraktionspräsident Grossstadtrat

Aber Lingg machte auch andere Gründe geltend: «Die SVP ist wahlmüde», sagte er. Nach den Wahlen im Frühling ist die Luft offenbar draussen, jedenfalls bei Lingg, der das aber nicht nur auf sich bezog. «Ich spüre den Elan nicht.»

Anderer Meinung war Parteipräsident Peter With. Als Hauptargument führte er ins Feld, dass die SVP mit einem Wähleranteil von 15 Prozent gleichermassen Anspruch habe auf diesen Stadtratssitz wie die CVP, die genauso viele Wähler auf sich vereint.

«Unsere Kriegskasse ist voll.»

Peter With, SVP-Präsident

Zudem sah er die Kandidatur als Chance, die Themen der SVP zu bewirtschaften – und das Feld nicht der CVP zu überlassen. «Die CVP wird während zwei Monaten permanent ihr Parteiprogramm präsentieren können, ohne dass eine Gegenstimme ertönt.» Zudem nage die SVP keineswegs am Hungertuch: «Unsere Kriegskasse ist voll.» Von einer Wahlmüdigkeit wollte er nichts wissen, Kantonsrat Thomas Schärli sei hochmotiviert.

Parteipräsident Peter With (im Vordergrund) argumentierte für eine Kandidatur, Marcel Lingg (hinten sitzend) kämpfte dagegen. (Bild: jal)

Parteipräsident Peter With (im Vordergrund) argumentierte für eine Kandidatur, Marcel Lingg (hinten sitzend) kämpfte dagegen. (Bild: jal)

Withs Support für Schärli erstaunt. Erst noch bei der letzten SVP-Nominationsversammlung vergangenen November stutzte With zusammen mit Lingg den jungen Littauer heftig zusammen. Schon damals wollte Schärli für die Stadtratswahlen im Mai nominiert werden – damals trat er gegen With an. Dabei wurde Schärli als «Witzfigur» und «Lachnummer» bezeichnet. Nicht ganz ohne Grund: Schärli kennt man in der Stadt Luzern kaum. Zudem ist sein Leistungsausweis als Kantonsrat sehr bescheiden. Warum ausgerechnet er gegen die hochqualifizierte Franziska Bitzi Staub von der CVP eine Chance haben soll, kann wohl niemand sagen. Thomas Schärli hielt aber fest: «Die SVP ist geeint, von Streitigkeiten kann keine Rede sein.»

Zurückhaltende Rede

Bereits im Vorfeld war klar: Der Littauer Kantonsrat Thomas Schärli ist der Einzige, der sich als Kandidat zur Verfügung stellt. Und Schärli zeichnet sich nicht gerade durch diplomatische Zurückhaltung aus, sondern sagt, was er denkt – auch wenn er damit manchen vor den Kopf stösst (siehe beispielsweise hier). Auch FDP-Präsident Fabian Reinhard deutete Anfang dieser Woche gegenüber zentralplus an, dass seine Partei eine Kandidatur von Thomas Schärli eher nicht unterstützt (hier geht’s zum Artikel).

Von markigen Worten war bei der Vorstellung von Thomas Schärli an der SVP-Versammlung indes wenig zu spüren. Er präsentierte sich in einer zurückhaltenden, mehrheitlich ab Blatt gelesenen Rede als restriktiver Finanzpolitiker, der dafür sorgen will, dass der Staat nicht immer mehr ausgibt und dass unternehmerisches Denken in den Stadtrat einfliesst.

«Das überrumpelt mich jetzt etwas.»

Thomas Schärli, SVP-Kandidat

Er gab sich zwar kämpferisch, dennoch hinterliess er einen zwiespältigen Eindruck. Auch, weil er kaum aufzeigen konnte, wieso er mehr Chancen haben wird als SVP-Präsident Peter With, der letzten Frühling trotz Unterstützung des Wirtschaftsverbandes und anderer bürgerlicher Parteien scheiterte. Von einem Parteimitglied in der Diskussion auf sein Erfolgskonzept und seine Themen angesprochen, konnte Schärli nichts Konkretes nennen. Nur so viel: «Diese Frage überrumpelt mich jetzt etwas.» Gut vorbereitet sieht anders aus.

«Ich werde euch nicht enttäuschen.»

Thomas Schärli, SVP-Kandidat

Die Voten aus der Versammlung zeigten entsprechend ein unklares Bild. Einige wollten nicht einfach vor der CVP einknicken, andere fürchteten eine Wahlschlappe. Letztlich sprach sich eine Mehrheit dafür aus, Thomas Schärli die Chance zu geben. Und dieser freute sich sichtlich über seine Nomination. «Ich werde euch nicht enttäuschen», versprach er. Ein Konzept und seine Wahlkampfthemen wird er nachliefern. Damit er dabei auch aus dem Vollen schöpfen kann, sprach die Parteiversammlung ein Wahlbudget von 20’000 Franken.

Wahlfrist bis am Montag

Nach der Wahl gestand Schärli, dass er nicht damit gerechnet hätte, dass die SVP auf eine Kandidatur setzt. «Ich bin positiv überrascht und stolz auf die SVP.» Er sei sich bewusst, dass die Wahl schwierig werde, aber: «Wahlen haben ihre eigenen Gesetze, das hat man bei Stefan Roth gesehen.» Der CVP-Stadtpräsident wurde im Frühling überraschend abgewählt.

«Es wird ein emotionaler Wahlkampf.»

Thomas Schärli, SVP-Kandidat

Darauf angesprochen, dass er am Freitagabend noch keine Wahlkampfthemen nennen konnte, sagte Thomas Schärli, er habe schon Ideen in der Pipeline. Und er verspricht: «Es wird ein emotionaler Wahlkampf.» Seine Motivation ist, gegen die CVP anzutreten, und er verleugnet nicht, dass dieser Kampf gegen die CVP nicht nur politische Gründe hat, sondern auch ein persönliches Anliegen ist. Angst vor einer Wahlschlappe habe er nicht. Und seine Kandidatur sei ihm auf jeden Fall ernst.

Wer nebst Franziska Bitzi Staub, Thomas Schärli und dem parteilosen Querschläger Rudolf Schweizer antritt, wird Anfang nächster Woche klar sein. Bis am Montag läuft die Frist für Wahlvorschläge. Die SP hat niemanden aufgestellt, da sie keinen Kandidaten fand (zentralplus berichtete). Auch die Grünen, die GLP und die FDP hegen keine Ambitionen auf den Sitz. Und man muss kein Hellseher sein, um vorauszusagen: Bitzi Staub wird die neue Stadträtin (übrigens die erste CVP-Stadträtin in der Geschichte der Stadt). Und Schärli legt eine Bruchlandung hin.

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