Ein Rückblick auf die Streethockey-WM in Zug

Muskelkater, der nicht vom Hockey, sondern vom Feiern kommt

Während zehn Tagen pulsierte Zug, öffnete sich und liess Gäste verschiedenster Nationen ein. Mit dem Vorwand einer Weltmeisterschaft fand ein regelrechtes Volksfest statt. Dass es aber dreimal so viele Gäste werden wie ursprünglich gedacht, hätten sich die Organisatoren nicht träumen lassen.

Maurus Schönenberger wirkt überaus müde – und richtig glücklich. Es ist Sonntagabend, das letzte Spiel, das grosse Finale der Streethockey-WM 2015 zwischen der USA und der Slowakei wurde gerade zugunsten der Osteuropäer entschieden. Diese machen nun Lärm, schwenken ihren glänzenden Pokal, sind froh, dass sie ihren Titel verteidigen konnten.

«Es wurde keine einzige Strafanzeige verteilt!»

Maurus Schönenberger, OK-Präsident der Weltmeisterschaft

Schönenberger, der OK-Präsident der WM, geht auf dem Arenaplatz umher, klopft einem Helfer auf die Schultern, redet mit Gästen, mit Spielern. Er ist im Schuss. Seine Aufgabe in diesem Moment: Die laut feiernden Haitianer dazu zu bringen, dass sie im Haus weitermachen und nicht im Freien. «Sonst drehen die Nachbarn noch durch», so Schönenberger lakonisch. Und tatsächlich. Es ist halb elf Uhr abends und die Haitianer veranstalten einen Höllenkrach. Tuten, singen, tanzen und trommeln, als wenn es keinen Morgen gäbe. Denn auch sie haben schliesslich zu feiern. Haben sich den ersten Platz im B-Pool des Turniers geholt.

Ein einziger Anruf bei der Polizei

Die Haitianer ins Gebäudeinnere zu verfrachten ist eine der letzten Aufgaben, die Schönenberger während des zehntägigen Sportanlasses wahrnehmen muss. 50’000 Zuschauer kamen während dieser Zeit aufs Gelände, angelockt durch diverse Konzerte, die Internationalität, durch die ganz ungewohnte Fröhlichkeit in Zug. Die Streethockey-Spiele selber waren daneben schon fast Beigemüse (zentral+ berichtete). Ursprünglich hatte man nur mit 15’000 Menschen gerechnet, also durchschnittlich 1’500 Besuchern pro Tag. «Überwältigt», sei er, erklärt Schönenberger, schüttelt den Kopf ungläubig und sagt: «Und es wurde keine einzige Strafanzeige verteilt!»

Bei der Polizei klingt es nicht anders. Der Zuger Polizeisprecher Marcel Schlatter sagt: «Der Organisator hat hier wirklich sehr gute Vorarbeit geleistet und sich im Vorfeld offenbar auch das entsprechende Verständnis bei der Anwohnerschaft erarbeitet.» Und dieses Verständnis hielt bis fast am Ende. «Am Sonntagabend nach zehn Uhr ist dann doch noch eine Meldung eingegangen.» Ein Nachbar, der sich in seiner Nachtruhe gestört gefühlt habe. Sonstige Polizeiaufgebote? Nichts. Tote Hose. «Keine Diebstähle, keine Schlägereien.» Ausser die unumgänglichen auf dem Spielfeld. Aber die gehören wohl dazu.

«Die haben mich auf den Schultern herumgetragen und mir indische Tänze beigebacht.»

Maurus Schönenberger, OK-Präsident der Weltmeisterschaft

Im Innern des Gebäudes wurde die ganze Nacht durchgefeiert. Schönenberger, der am nächsten Morgen um 6 Uhr bei Vogelgezwitscher nach Hause gekommen sei, erklärt, nachdem er ausgeschlafen hat: «Diese Inder und Haitianer waren unglaublich. Die haben mich auf den Schultern herumgetragen und mir indische Tänze beigebacht», er könne fast nicht mehr laufen vor Muskelkater, sagt er mit kratziger Stimme und lacht.

Schönenberger wiederholt sich bei seinen Aussagen. Sagt: «So etwas habe ich noch nie erlebt», und bezieht sich dabei nicht auf den höllischen Muskelkater, sondern vielmehr auf das «Volksfest, das hier zehn Tage lang stattgefunden hat. Das war für mich ein Traum, der Wirklichkeit wurde.»

Die Hoffnung, ernst genommen zu werden

Den Gästen und Teams scheint es nicht anders zu gehen. Die Dankbarkeit darüber, dass sich jemand ein Herz gefasst und einen solch grossen Event auf die Beine gestellt hat, ist gross. «Überall wo ich hinkomme klopfen mir die Leute auf die Schulter, danken mir und umarmen mich. Das berührt mich schon», sagt Schönenberger. «Gestern war Steffi Buchli vom Sportpanorama hier. Eigentlich hatte sie geplant, nur kurz für die Sendung zu bleiben. Letztendlich trieb sie sich den ganzen Nachmittag auf dem Platz herum und zeigte sich hell begeistert vom Streethockey.»

Nun ist die turbulente Weltmeisterschaft vorbei. Klafft da bereits ein Loch bei Schönenberger? «Nein, gar nicht. Im Gegenteil. Ich bin erfüllt von einer grossen inneren Zufriedenheit.»

«Ich hoffe wirklich, dass uns die Politik nach diesem Grossanlass endlich sieht.»

Maurus Schönenberger, Präsident der Oberwil Rebells und OK-Präsident der Weltmeisterschaft

Und jetzt? Wie geht es weiter? «Ich muss wieder einmal arbeiten gehen, denn ich habe ja noch eine Firma. Morgen um 06.10 Uhr sitze ich also wieder an meinem Arbeitsplatz.» Und dann dringt noch ein Wunsch durch, den Schönenberger in seiner Funktion als Präsident des Streethockey-Vereins Oberwil Rebells hat. «Ich hoffe wirklich, dass uns die Politik nach diesem Grossanlass endlich sieht. Dass unser Provisorium im Herti definitiv wird und diese Geschichte endlich abgeschlossen wird.»

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