«Cigarettes after Sex» in der Luzerner Schüür

Musik, die einhüllt wie Rauch

Ganz von Dunst umgeben: «Cigarettes after Sex» in der Luzerner Schüür.

(Bild: Lina Friedrich)

Am Mittwochabend gaben «Cigarettes after Sex» aus Brooklyn ein exklusives Konzert in der Luzerner Schüür. Die vier Amerikaner hüllten ein kleines, aber feines Kennerpublikum eineinhalb Stunden lang in einen allumfassenden Dunst aus Rauchmaschine, Stimmung und ätherischem Sound.  

Gegründet 2008 von Frontmann Greg Gonzalez in El Paso, Texas, blieben «Cigarettes after Sex» erst mal länger unbemerkt vom breiten Dream-Pop-Publikum. 2012 brachten sie allerdings ihre Debüt-EP «I.» heraus. Der darauf eingespielte Track «Nothing’s Gonna Hurt You Baby» entwickelte sich schleichend zum Sleeper-Hit und tauchte in Fernsehserien, Filmen und Werbung auf. Das Fundament für den Release ihres ersten, nach der Band benannten Studio-Albums 2017 war gelegt.

Mit dem Erfolg dieses Albums kamen für die gegenwärtige Formation aus Gonzalez, Phillip Tubbs (Keyboard), Randall Miller (Bass) und Jacob Tomsky (Schlagzeug) auch die weltweiten Tourneen und nun der Abstecher in die Innerschweiz.

Publikum kam, um zu geniessen …

Irgendwann nach 9 Uhr, so genau lässt es sich nicht sagen, schwebten erste Gitarrenklänge in die Schüür, in der eine Stimmung herrschte, die sich am besten als laute Stille charakterisieren liesse. Joint-Rauch stieg in Kringeln über den Köpfen der eingetroffenen Fans auf, die Bühne verschwand vollständig in weissem Dunst.

Alle waren freundlich und entspannt. Ohne ein Wort der Begrüssung stiegen «Cigarettes after Sex» auch direkt in ihr Set ein. Denn wer braucht schon grosse Ansprachen, wenn man gekommen ist, um eine Menschenmenge zu hypnotisieren?

Mit dem ersten Ton des ersten Liedes setzte im Publikum eine Art Trance ein. Alle bewegten sich im Gleichtakt zu den, zugegebenermassen, recht ähnlich klingenden Songs. So fühlte es sich bisweilen an, als würde der Strom ein und desselben Basslaufes niemals versiegen. Aber genau das macht für die Anhängerschaft dieser Formation wohl deren Reiz aus: Der Sound treibt immer weiter – unaufgeregt, aber doch gefühlvoll.

… und die Band, um zu spielen

Wie genau ist er denn aber nun, ihr Sound? Genre-Zuschreibungen reichen von Dream-Pop über Ambient Pop bis hin zu Slowcore oder, ganz exotisch, Shoegaze. So richtig lässt er sich also nicht festnageln.

Es steht fest, dass Gonzalez› Vocals sich in den Gesamtklang der Instrumente einfügen, als wären sie selbst eines. Anzusiedeln vielleicht in der Nähe anderer androgyner Stimmen wie jener von «Passenger».

Weiter sind «Cigarettes after Sex» keine Rampensäue. Das gab ihrem gesamten Set einen ungemein entspannten Touch. Mal ganz abgesehen davon, dass man den Schlagzeuger wegen des Dunsts tatsächlich gar nie gesehen hat, beschränkte sich die Band auf minime Wortäusserungen. Auch bei der Ankündigung der Zugaben.

Die Stimmung macht es aus: Die Band wurde nur von wenigen Spots beleuchtet.

Die Stimmung macht es aus: Die Band wurde nur von wenigen Spots beleuchtet.

(Bild: Lina Friedrich)

«Thank you so much. This next song is called ‹Apocalypse›.» Fertig, aus. Die Message der Vier auf der Bühne ist klar: «Ihr mögt unsere Musik, wir sind gekommen, um sie für euch zu spielen, Punkt.»

Und diese Message kam an. Die Menschen liessen sich in die Ruhe und Emotionalität des Sounds fallen, jeder auf seine eigene Weise. Ob man nun als Neuling in der Lage war, das eine Lied vom anderen zu unterscheiden, oder nicht, man konnte nicht anders, als selbst mitzuschweben.

Und alles dreht sich um die Liebe – was sonst?

Das liegt unter anderem auch daran, dass, während die Melodien aus demselben Guss sind, die Texte abdecken, was uns alle beschäftigt. Roh und unverblümt handeln sie von der Liebe und den Höhen und Tiefen, die sie mit sich bringt.

Wer sich fragt, wieso sich die Band einen so spezifischen Namen ausgesucht hat, erhält die Antwort von Frontmann Gonzalez selbst: Der lag mal mit seiner Freundschaft plus im Bett, die immer nach dem Sex rauchte.

Er probierte es aus, es wurde Tradition und er benannte seine Band danach, erklärt er in einem Interview. Die Lieder der Formation passen gut zu dieser Geschichte und auch ins gleiche Setting: Reinhören wärmstens empfohlen, auch ohne Glimmstängel.

Manch einer hat sich am Konzert vielleicht gedacht: «Weniger Rauch ist mehr.» Aber ganz ehrlich: Irgendwie durfte es nicht anders sein. «Cigarettes after Sex» spielen Musik, die einhüllt wie Rauch. Und genauso klingt auch Gonzalez› Stimme. Da gehört es sich, dass alles schummrig ist und dass einzig Lichtkegel durch den Nebel schneiden.

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