Fertig «gespannert» im ehemaligen FCL-Sekretariat

«Monika M.»: Luzerns letztes Sexkino vor dem Aus

Das Sexkino am Kauffmannweg 7 in der Luzerner Neustadt – noch in Betrieb.

(Bild: ida)

Das Stöhnen nimmt ein Ende: Das Sexkino am Kauffmannweg 7 in Luzern macht dicht. Die Stammkunden dürften kaum überrascht sein, werden sie realisiert haben, dass sie zunehmend alleine im Kinosaal sassen. Sexgewerbe zu Zeiten des Internets – ein Auslaufmodell? Nein, meint die Kinobetreiberin, und auch Luzerner Sexshop-Besitzer sehen Zukunftschancen.

«Privat – Mega Movie Store»: Wohl die wenigsten wissen, was sich in der Lokalität am Kauffmannweg 7 im Luzerner Neustadtquartier versteckt. Ein geheimnisvolles rotes LED-Schild, ein Kussmund inmitten der abgedunkelten Schaufenster. Diskret und mysteriös.

Wagt man sich hinein, hört man bereits das erste Stöhnen. Mehrere Einzelkabinen – die man als Unschuldsengel auf den ersten Blick als Fotoautomaten wahrnehmen könnte – sind ringsum aneinandergereiht. An der Wand steht eine Vitrine mit einer Auswahl von hunderten von durchnummerierten Pornofilmen.

Läuft man durch den Schalter, steht man in einem kleinen Kinosaal. Man erkennt im Dämmerlicht einige Sitzreihen und Sofas, die vor einer Leinwand stehen. Verdutzt räkelt sich ein Besucher auf, der sich anscheinend alleine amüsiert. Just in diesem Moment laufen zwei Brasilianerinnen in den Saal. Ob es Sexarbeiterinnen sind? Auf der einen Seite gibt es weitere blaue Kabinen, die sich mit einer Schiebetür schliessen lassen und mehr den Anschein einer Gefängniszelle machen. Die schwarze Bank sieht abgenutzt aus. In der Ecke steht ein Abfalleimer.

Nun stehen wir inmitten des (wohl) letzten Sexkinos in der Stadt Luzern. Im ehemaligen FCL-Sekretariat, in welchem 2000 ein Erotik-Museum geplant worden ist – jedoch ein Stützli-Sexkino errichtet wurde.

«Der Erotikhandel ist zum Tode verurteilt»

Sex sells – jedoch meist nur virtuell. Die Erlösung der Empörten geht in die nächste Runde: Ende Januar machte der Erotikshop an der Bernstrasse dicht. Die klaren Worte von Thomas Scheurer, des damaligen Betreibers waren: «Der Erotikhandel ist zum Tode verurteilt.» 

Das Sexkino «Monika M.», das seit über 18 Jahren die Gemüter am Kauffmannweg im Luzerner Neustadt-Quartier erfreut haben soll, schliesst seine Türen – aktuell steht das Ladenlokal zur Vermietung frei.

Besteht für Erotikshops und Sexkinos zu Zeiten des Internets überhaupt noch eine Überlebenschance? Oder sind diese zum Scheitern verurteilt?

«Man geht hin, um gesehen zu werden», erklärt die Betreiberin des Sexkinos.

«Man geht hin, um gesehen zu werden», erklärt die Betreiberin des Sexkinos.

(Bild: ida)

Sexkino in Luzern: «wirtschaftlich nicht rentabel»

Grund für die Schliessung des Sexkinos: Es sei wirtschaftlich schlichtweg nicht mehr rentabel, sagt die 32-jährige Betreiberin, die namentlich nicht genannt werden möchte. Die Schliessung komme keineswegs überraschend. Seit einem Jahr habe sie die fatalen Veränderungen gespürt.

Die 32-Jährige betreibt zudem ein Sexkino in Basel und zwei in Zürich, welche sehr gut laufen würden. Die Lokalität in Luzern habe sie 2010 von ihrem Vater übernommen. Weshalb das Sexkino in Luzern nicht laufe, über das kann sie nur spekulieren.

«Voyeurismus und Spannereien sind in einem Sexkino erwünscht und machen es besonders.»

Betreiberin von vier Sexkinos

Zum einen seien es die Räumlichkeiten, die in Zürich und Basel attraktiver gestaltet seien. «Die Kabinen sind in Form eines Labyrinths angeordnet. Besucher laufen rundum und gehen so auf Entdeckungstour.» Die Lokalität in Luzern zu renovieren, kommt für sie nicht in Frage, da sie sich auf die anderen Städte konzentrieren möchte.

Voyeurismus erwünscht

Sexkinos seien durchaus beliebt, erklärt die Eigentümerin des Sexkinos. Geschäftsmänner, Pensionäre – in den Kabinen und dem Saal vergnügen sich querbeet alle, meint die 32-Jährige. «Es ist ein Erlebnis. Man geht dahin, um gesehen zu werden. Voyeurismus und Spannereien sind in einem Sexkino erwünscht und machen es besonders – eben all das, was man zu Hause nicht hat.» Vielleicht hätten Luzerner mehr Hemmungen bei Spannereien – was ein Grund sein könnte, dass Sexkinos in anderen Städten besser funktionieren würden. Doch das sei reine Spekulation.

Die 32-Jährige ist der Überzeugung, dass es kein Todesurteil für Erotik-Shops gäbe. «Das Bedürfnis danach ist nach wie vor da. Aber es ist nicht mehr so wie früher.»

Das Angebot im Luzerner Pornokino.

Das Angebot im Luzerner Pornokino.

(Bild: ida)

«Zum Tode verurteilt? Mitnichten!»

Jan Brönnimann, Mitglied der Geschäftsleitung bei Magic X, erklärt, dass ein klassischer Sexshop in der heutigen Zeit keine Überlebenschance mehr habe. Vor 15 Jahren setzten Erotik-Shops verstärkt auf den Verkauf von Pornofilmen.

«Früher nahm der Verkauf von Pornofilmen rund 80 Prozent des Umsatzes ein – heute sind wir nahe bei 0», sagt Brönnimann. Auch der «Libosan» sei ein klassischer Erotikshop nach alter Manier: Ein Sortiment, das stark an die Bedürfnisse von Männern ausgerichtet sei, geschlossene Schaufenster und den Fokus auf den Verkauf von pornographischen Inhalten gerichtet.

«Klingt der Vibrator wie ein schnurrendes Kätzchen oder doch eher wie ein Ferrari?»

Jan Brönnimann, Mitglied der Geschäftsleitung bei Magic X

Erotikshops seien aber «mitnichten» zum Tode verurteilt. Brönnimann setzt das Scheitern auf einen nicht vollzogenen Wandel zurück: «Einige haben schlichtweg den Sprung von einem Porno- zu einem Lifestyleanbieter nicht geschafft.» Der Markt verändere sich, und dem müsse man Rechnung tragen.

Nach wie vor seien viele Konsumenten dankbar, in den Regalen stöbern und sich inspirieren zu können. Gerade bei Sextoys sei es für Kunden wichtig, Produkte wie Vibratoren auf Grösse und Ähnliches überprüfen zu können. Denn Brönnimann stellt sich die Frage: «Klingt der Vibrator wie ein schnurrendes Kätzchen oder doch eher wie ein Ferrari?»

Einblick in die Kabinen …

Einblick in die Kabinen …

(Bild: ida)

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