Luzerner Regierungsratskandidaten

Claudia Huser: Senkrechtstarterin will hoch hinaus

Als Präsidentin des Vereins für die Erhaltung der Museggmauer geniesst Claudia Huser gern die Aussicht vom Männliturm. (Bild: mik)

Die Immobilienunternehmerin Claudia Huser (GLP) möchte als progressive Kraft im Regierungsrat wirken. Drängende Probleme wie die Energieversorgung oder der Klimawandel gelte es anzugehen. Doch in liberaler Manier – via Anreize und Lenkungen statt Verboten.

Der Schlüssel dreht sich im Schloss, die dunkle Holztür lässt sich jedoch nur einen Spalt weit öffnen. Entlang der Steinmauern erklimmen wir Treppenstufe um Treppenstufe, bis die Spitze des Männliturms erreicht ist. Claudia Huser (GLP) führt zentralplus für den Fototermin auf die Krone der Stadt Luzern: die Museggmauer.

Überraschend kommt das nicht. Als Präsidentin des Vereins für die Erhaltung der Museggmauer ist das mittelalterliche Baudenkmal ihre eine Herzensangelegenheit. Auf dem Männliturm gefalle es ihr dabei besonders: «Man hat einen Ausblick auf die Stadt, aber auch ins Land.» Was für sie sinnbildlich auch für die Regierung stehe, die für beide Regionen zuständig ist.

Der Wendepunkt: Der Liebe wegen nach Australien oder Politik?

Auch sie selbst verbindet Stadt und Land. Aufgewachsen ist sie im nidwaldischen Ennetbürgen, einer Gemeinde mit knapp 5'000 Einwohnern. Das Interesse für Politik ist der 41-Jährigen in die Wiege gelegt worden. Ihr Vater war im Genossenkorporationsrat von Ennetbürgen und von 1993 bis 2012 für die FDP im Gemeinderat.

Angefangen selbst zu politisieren habe sie mit etwa 21, wie sie sich erinnert. Sie stand vor einem grossen Wendepunkt: Ihr damaliger Freund lebte in Australien, sie wollte folgen. Der Flug war schon gebucht und ihre Stelle gekündigt, als Zweifel aufkamen: «Ich gehe in ein Land, wo ich nicht wirklich willkommen bin und verlasse gleichzeitig ein Land, in dem ich aktiv mitreden und mitbestimmen kann.» Da habe sie gemerkt, dass sie hier bleiben will.

«Jegliche Entscheidungen basieren auf dem Credo, dass wir unseren Enkeln finanziell und ökologisch keine Schulden hinterlassen wollen.»

Claudia Huser über die Haltung der GLP

Wo dieses «Hier» ist, war jedoch einige Zeit nicht klar. Studiert hat sie in Olten, später hat sie in Zürich und Basel gearbeitet. 2009 ist Claudia Huser schliesslich in ihre Wahlheimat Luzern gezogen. Auf die Frage, weshalb, lacht sie und antwortet: «Na, weil es die schönste Stadt der Schweiz ist.» Luzern biete alle Vorteile einer Stadt, sei aber gleichzeitig noch gemütlich und klein. Zudem hatte die stellvertretende Geschäftsführerin eines Immobilienunternehmens schon immer einen Bezug zur Leuchtenstadt, da ihre Mutter von Littau komme.

Den Linken zu bürgerlich, den Bürgerlichen nicht genug

In Luzern angekommen, habe sie relativ bald eine Parteiversammlung der neu gegründeten GLP besucht. Die Grünliberalen hätten ihr damals mehr zugesagt als die FDP: «Liberal war ich von Haus aus, aber wir haben nur einen Planeten», sagt sie dazu. Zudem hat es die Arbeits- und Organisationspsychologin gereizt, eine junge und noch unbekannte Partei mitzugestalten und mitzudefinieren.

Was sie in der Folge auch getan hat. Zuerst im Vorstand der Grünliberalen der Stadt, wurde sie bald Teil des GLP-Vorstands im Kanton und zwischen 2012 und 2016 auch des Vorstands der GLP Schweiz. Die Luzerner GLP erreichte bereits bei ihren ersten Kantonsrats- und Grossstadtratswahlen jeweils Fraktionsstärke, stellt als kleine Partei einen Nationalrat und (noch) eine Stadträtin. Ein Erfolg, zu dem Huser massgeblich beigetragen habe, wie sie etwa in der Medienmitteilung zu ihrer Nomination gewürdigt wird.

Huser erklärt sich den Erfolg mit der Art, wie die Grünliberalen politisieren: «Wir versuchen jeweils das Problem zu analysieren und die beste Lösung zu finden, unabhängig von parteipolitischen Ideologien.» Für sie Erfolgsrezept, für andere Kritikpunkt. Die GLP muss sich auch den Vorwurf anhören, weder Fisch noch Vogel zu sein. Den Linken ist sie zu bürgerlich, den Bürgerlichen zu links. So hat etwa der Entscheid des KMU- und Gewerbeverbands Luzern, Claudia Huser zur Wahl zu empfehlen, im bürgerlichen Lager für Irritation gesorgt (zentralplus berichtete).

«Gesetzliche Verankerungen nehmen uns jegliche Möglichkeit, zukünftige Entwicklungen aufzunehmen. Dann stehen wir still.»

Claudia Huser zur Debatte ums Spital Wolhusen

Zwar räumt sie ein, dass ihre Partei für Wählerinnen nicht immer einfach einzuordnen ist. Die Parteilinie sei jedoch einfach zu erklären: «Jegliche Entscheidungen basieren auf dem Credo, dass wir unseren Enkeln finanziell und ökologisch keine Schulden hinterlassen wollen.» Weiter gebe es wie in jeder Partei Mitglieder, die mehr im einen oder anderen Flügel der Partei stehen. Sie selbst orte sich eher im liberalen Flügel.

Für mehr Transparenz und Mitsprache

Im Kantonsrat hat sie sich einen Namen gemacht als Kämpferin für die Gleichstellung von Frau und Mann, für mehr Vereinbarkeit von Beruf und Familie und für mehr Transparenz und Mitsprache. So etwa hat sie erfolgreich die Überprüfung eines Kinderbetreuungsgesetzes für den Kanton gefordert, den Einbezug der Bevölkerung bei der Spange Nord oder mehr Daten zu Frauen in politischen Ämtern auf kommunaler Ebene.

Im Rat stellt sich die kleinste Fraktion auch mal allein auf die Gegenseite: Während alle anderen Parteien das Spitalangebot im Gesetz verankern wollen, ist das für die GLP der falsche Weg. «Wir sind die Partei, die will, dass das Spital endlich gebaut wird, und es vorwärtsgeht», verteilt Fraktionspräsidentin Huser einen kleinen Seitenhieb an ihre Kollegen. Und fügt in liberaler Manier an: «Gesetzliche Verankerungen nehmen uns jegliche Möglichkeit, zukünftige Entwicklungen aufzunehmen. Dann stehen wir still.»

So sieht Claudia Husers Smartspider aus: Liberal mit einem starken Fokus auf Umweltschutz.
So sieht Claudia Husers Smartspider aus: Liberal mit einem starken Fokus auf Umweltschutz. (Bild: Screenshot: Smartvote)

Liberal argumentierte die GLP etwa auch bei der Klimadebatte (zentralplus berichtete). Statt Verbote und Einschränkungen solle der Kanton gemäss Meinung der GLP mit Lenkungsmassnahmen arbeiten. Huser nennt als Beispiel Mobility Pricing: Wer mobiler ist und mehr unterwegs ist, der zahlt auch mehr dafür. Für Huser hat das mit Kostenwahrheit zu tun. «Es kann nicht sein, dass dank Pauschaltarifen bei der Vignette oder dem GA ein mehr an Mobilität sich lohnt.» Und weiter: «Damit haben wir immer noch selbst die Entscheidung: Ist es uns das wert?» Doch das seien unbequeme Entscheidungen, gerade wenn sie finanzielle Konsequenzen hätten.

Mehr Frauen, die hinstehen

Ein weiteres Herzensthema der ehemals selbstständigen Unternehmerin ist die Frauenförderung. Seit zwei Legislaturen setzt sie sich mit dem überparteilichen Verein «Frauen Luzern Politik» dafür ein, dass mehr Frauen den Weg in die Politik finden. Und die, die es bereits sind, ihrer Sache sicherer werden.

Umso mehr freut Claudia Huser sich deshalb über die sieben Frauen, die in diesem Jahr für den Regierungsrat kandidieren. Damit stehe die Frauenfrage endlich nicht mehr im Vordergrund des Wahlkampfs. «Mich hat immer gestört, dass man unter den Frauen eine bedingungslose Solidarität erwartet hat. Doch auch unter den Frauen gibt es unterschiedliche politische Haltungen.»

Bei früheren Wahlen habe sie oft die Entschuldigung gehört: «Ich würde ja schon eine Frau wählen, aber nicht diese.» Diese Entschuldigung gebe es bei diesen Wahlen nicht mehr. «Jetzt geht es nicht mehr um die Frage Frau oder Mann, sondern welche der Kandidatinnen meine Interessen am besten vertritt», freut sich Huser.

In einem kurzen Video erzählen die Regierungsratskandidaten, was sie motiviert und weshalb sie gewählt werden sollen.

Kein Wunschdepartement

Bei den dringendsten Themen, die es anzugehen gilt, nennt Huser Energie- und Versorgungssicherheit, soziale Gerechtigkeit, Klimawandel, Flüchtlingswellen und die soziale und gesellschaftliche Sicherheit. Da Fabian Peter (FDP) erneut antritt und sein Departement behalten will, liegt der Verdacht nahe, dass Huser auf das Gesundheits- und Sozialdepartement von Guido Graf schielt. Auch ihre vielen Vorstösse im Sozialbereich oder der Familienpolitik sprechen dafür.

Kurz nach ihrer Nomination konnte sich Huser im Interview noch nicht auf ein Wunschdepartement festlegen (zentralplus berichtete). Doch auch nach der veränderten Ausgangslage mit drei Rücktritten will sich die GLP-Kantonsrätin nicht festlegen: «Ich sehe in allen drei frei werdenden Departementen etwas.» Und fügt mit Zwinkern hinzu: «Zuerst muss ich gewählt werden.»

Von Montag bis Sonntag am Händeschütteln

Was keine leichte Aufgabe sein dürfte. Wie Grüne und SP punktet die GLP vor allem im urbanen Raum. Mit Christa Wenger (Grüne) und Ylfete Fanaj (SP) hat sie zwei Konkurrentinnen, die in ihrem Wohnort Luzern ebenfalls viele Stimmen holen dürften. Eine Herausforderung, wie auch Huser einräumt.

Sie möchte daher versuchen, möglichst viele Leute zu erreichen und persönlich kennenzulernen – sei es an Podien, mit Ständen an Märkten oder anderen Veranstaltungen. Dafür hat sie ihr Arbeitspensum auf 50 Prozent heruntergeschraubt und ist derzeit von Montag bis Sonntag beschäftigt und viel unterwegs, wie sie verrät.

Einen Einsatz, den Claudia Huser gerne bereit ist zu leisten. Auf die Frage, ob sie als Unternehmerin die Privatwirtschaft nicht vermissen würde, sagt sie: «Nein. Ich will zu 100 Prozent Regierungsrätin werden.» Es brauche eine progressive Stimme in der Regierung.

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5 Kommentare
  • Profilfoto von Rudolf Schweizer
    Rudolf Schweizer, 09.03.2023, 14:08 Uhr

    Leider, Leider, Leider kommt auf den Kanton Luzern Dunkle Wolken auf uns zu den in vielen Bereichen der Class Politik schwebt ein Dunkler Schatten und der heisst Missbrauch, Missgunst und überbordete Löhne. Um den Einklang zu schaffen müssen die Kandidierenden auf einen Teil ihrs viel zu hoch angesetzten Lohns Verzichten, auch auf die Frage es Friedens bekommt man keine schlüssige Antwort. Da man schon lange gegen Treu und Glaube verstösst. Daher ist es vielleicht Ratsam die Wahlen zu bestreiken

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  • Profilfoto von Remo
    Remo, 28.02.2023, 17:47 Uhr

    Ich werde Frau Huser auf jeden Fall wählen. Die GLP ist eine pragmatische Partei auch wenn ich nicht immer mit allem einverstanden bin.
    Die Spitalfrage ist aber ein gutes Beispiel. Die GLP lässt das LUKS machen und die anderen Parteien wollen mitreden auch wenn sie keine Ahnung von der Materie haben.

    Ich vermute, dass Frau Huser sehr gute Wahlchancen haben wird und zwar die besseren als die grüne Kandidatin. Das wird spannend.

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  • Profilfoto von Peter
    Peter, 12.02.2023, 12:31 Uhr

    Ich wähle sicher Frau Tschuor

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    Libero, 10.02.2023, 12:06 Uhr

    KV und Studium in Olten was genau?

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    • Profilfoto von John
      John, 10.02.2023, 16:22 Uhr

      Angewandte Psychologie. Danach Tätigkeit bei der Luzerner Stadtverwaltung. Steht auf Ihrer Website.

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