Leasingmasche funktionierte in Luzern jahrelang

Mit betrügerischem Autohandel eine Stange Geld gemacht

Eine solche Nobelkarosse (Symbolbild) ist eines von 24 aufgelisteten Autos, das dem Angeklagten unter gewerbsmässigem Betrug zur Last gelegt wird.

(Bild: flickr.com)

Die Luzerner Staatsanwaltschaft will einen 47-jährigen Serben für fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis schicken, weil er unter anderem beim Verkauf von 24 Autos getrickst hat. Der Angeklagte hat sich aber vor drei Jahren ins Ausland abgesetzt. Im Oktober 2017 wurde er in Neuseeland inhaftiert – wegen Kokainschmuggels in Millionenhöhe.

Mittlerweile wird er die Anklage gegen ihn in unserem Land wohl eher als kleine Sorge wahrnehmen. Dies im Vergleich zu dem Problem, das sich D. C.* anderswo eingehandelt hat. Der zuletzt in Luzern wohnhafte Familienvater soll 46 Kilogramm Kokain im Wert von 20 Millionen Dollar nach Neuseeland geschmuggelt haben. Dort wartet er in Untersuchungshaft auf seinen Prozess. Sein Luzerner Pflichtverteidiger Arno Thürig hat über den dortigen Rechtsbeistand erfahren, dass seinem Klienten eine Haftstrafe von mindestens fünf Jahren bis hin zu lebenslänglich blüht.

Aber auch hierzulande hat D. C. so einiges auf dem Kerbholz. In der Verhandlung vor dem Luzerner Kriminalgericht sind ihm am Donnerstagmorgen sieben Straftaten zur Last gelegt worden. Sie lauten auf mehrfachen gewerbsmässigen Betrug, mehrfache Urkundenfälschung und mehrfache Veruntreuung, um nur die wichtigsten zu nennen. Die Deliktsumme, begangen in der Zeit von April 2006 bis 2013, setzte die Staatsanwaltschaft bei zwei Millionen Franken fest. Ursprünglich zeigte sich der Beschuldigte in den meisten Fällen geständig.

Schöner Zustupf für seinen Lebensunterhalt

Laut der 83 Seiten umfassenden Anklageschrift geriet er in den Fokus der Justiz, weil er selber oder über zwei Unternehmen Autos bei Auktionsfirmen, Autogaragen oder Privatpersonen ersteigert respektive gekauft hat. Die 24 aufgelisteten Wagen verkaufte D. C. in der Folge einer Garage. Diese trat gegenüber einer Leasinggesellschaft als Lieferantin beziehungsweise Verkäuferin des vom Leasingnehmer gewünschten Autos auf.

«Er ist ein Meister der Täuschung, dessen Vorgehen raffiniert und hinterhältig war.»

Carmen Schneider, Staatsanwältin

Der Tatplan des Angeklagten funktionierte so: Kreditunwürdigen Personen verhalf er zu einem Leasing oder einem Kredit, indem die finanzielle Situation jeweils besser dargestellt wurde, als sie in Wirklichkeit war. Ausserdem veränderte er in etlichen Fällen zumindest auf dem Papier den Kilometerstand, sodass das Auto einen höheren Wert erhielt und die Leasinggesellschaften zu viel bezahlten.

Damit erzielten D. C. und seine Helfer einen grösseren Gewinn. Aber was war mit den zu hohen Leasingraten? Der Angeklagte glich sie für gewöhnlich dadurch aus, dass die Leasingnehmer die Sonderzahlung und die erste Leasingrate nicht bezahlen mussten. Die Einnahmen bedeuteten einen namhaften Beitrag zu seiner Lebensgestaltung.

Krankentaggelder für 26’330 Franken Monatslohn bezogen

Doch damit nicht genug: Als Aussendienstmitarbeiter mit einem Monatslohn von 26’330 Franken liess sich D. C. von August 2011 bis Juni 2012 krankschreiben. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass er die psychische Erkrankung nur vortäuschte, um an Krankentaggelder zu kommen. «In dieser Zeit ist der Beschuldigte aber wie ein Topmanager in der Welt herumgereist und hat über zehn Leasingverträge in die Wege geleitet», sagte die Staatsanwältin.

Des Weiteren verheimlichte der Angeklagte mehrfach im Pfändungs- und Konkursverfahren seine Vermögenswerte. Damit das Betreibungs- und Konkursamt nicht so einfach Zugriff auf seinen Lohn hatte, liess er das Geld (inklusive Krankentaggelder) auf ein Konto seiner Ehefrau beiseiteschaffen. Und verfügte frei über das Geld.

Staatsanwältin Carmen Schneider bezeichnete den Angeklagten als «Meister der Täuschung, dessen Vorgehen raffiniert und hinterhältig war».

Jetzt bestreitet der Beschuldigte vieles

Aus seiner Zelle in Neuseeland liess er seinem Anwalt eine viele Seiten dicke, handgeschriebene Stellungnahme zukommen. D. C. bestreitet mittlerweile viele der ihm vorgeworfenen Delikte. Er habe im Zuge der Autodeals nie betrogen, die Garagisten seien die treibende Kraft hinter den Leasingverträgen gewesen und hätten den Gewinn eingesteckt. Er habe jeweils nur eine Provision von 500 Franken für die Vermittlung eines Leasingnehmers bekommen. Die Schadenssumme, welche die Staatsanwaltschaft veranschlagt habe, sei viel zu hoch. Bei ein paar der Autokäufe sei den verschiedenen Leasinggesellschaften gar kein Schaden entstanden.

Ausserdem bestand er darauf, dass er tatsächlich krank gewesen sei. Er habe nie Tätigkeiten ausführen können, die länger als fünf Minuten dauerten. Bei den Reisen habe er seine Frau begleitet und wegen der verschriebenen Medikamente meist geschlafen.

Sein Anwalt mahnte in seinem Plädoyer auch daran, dass die Leasinggesellschaften nicht ausreichend überprüft hätten, mit wem sie einen Vertrag eingegangen wären. Schliesslich seien alle Leasingnehmer Personen mit Migrationshintergrund gewesen. Einer davon habe mit einem Monatslohn von nur gerade 6’000 Franken ein Auto im Wert von 80’000 Franken geleast. Da wäre eine erweiterte Überprüfung des Leasingnehmers angezeigt gewesen.

Thürig beantragte eine Haftstrafe von höchstens drei Jahren unter Anrechnung der Untersuchungshaft. Er zog dabei das Beispiel von Dieter Behring heran, der für Betrug in dreistelliger Millionenhöhe zu fünfeinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war.

Staatsanwältin: «Fehlende Einsicht und Reue»

In ihrer Replik zeigte sich die Staatsanwältin «erstaunt» über die Stellungnahme des Beschuldigten: «Jetzt ist plötzlich alles anders als bei der Einvernahme der Polizei und der Schlusseinvernahme durch die Staatsanwaltschaft.» Dieses Verhalten zeige fehlende Einsicht und Reue, indem er die Schuld anderen Personen zuweise.

Auch eine Mitverantwortung der Opfer kann sie nicht nachvollziehen: «Es gibt keine Hinweise auf Missachtung der elementarsten Vorsichtsmassnahmen.»

Auch den Verweis auf Behring kann sie nicht gelten lassen. «Das Verhalten des Beschuldigten war nicht minder kriminell und verwerflich. Seien wir froh, dass er sich in einem anderen Milieu bewegt hat als Behring.»

Das Urteil steht noch aus.

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