Innovationsförderung im Kanton Luzern

Millionen für viel heisse Luft?

Ob ein Licht aufgeht? Staatliche Förderung kann nur wenig Einfluss auf die Innovationskraft einer Region nehmen. (Bild: Swiss Innovation Forum)

Weil Luzern als wenig innovativ gilt, will die Politik mit teuren Förderungen gegensteuern. Doch was bringen Millionen von Franken in Projekten wie «Zentralschweiz Innovativ» oder Startup-Förderungen überhaupt? Selbst die Zentralschweizer Volkswirtschaftsdirektoren verlangen in der Förderung nun mehr «Messbares».

Luzern sieht sich gerne als dynamisch und innovativ. So manche Politiker schwärmen von «wirtschaftlichem Erfindergeist» oder von «Prozessoptimierungen». Sie loben «Standort-knowhow» und wollen Bildung und «Startups fördern». Nur sieht die Realität in dieser Sache etwas anders aus. Die UBS misst jährlich in einer Studie die Wettbewerbsprofile und die Innovationskraft der Kantone. Beim Kriterium «Innovation» liegt Luzern seit Jahren weit hinten, momentan auf Platz 17.

«Pro 100’000 Einwohner verzeichnet Luzern 40 Patentanmeldungen», sagt UBS-Ökonom Elias Hafner, der die Studie mitverfasst hat. Der Grund für die Abgeschlagenheit: «Branchen, die typischerweise viele Patente anmelden wie die Pharmaindustrie oder die Informations- und Kommunikationstechnik, sind in Luzern deutlich untervertreten.»

Besseres Klima gewünscht

Schwach ist Luzern gemäss Studie auch bei anderen Innovations-Kriterien. Der Kanton weist nur wenige Stellen in Forschung und Entwicklung auf; es sind sechs auf 1’000 Arbeitsplätze. Der Schweizer Durchschnitt beträgt neun. Und sogenannte Cluster, in denen eine hohe Konzentration an Firmen in verwandten Branchen ein innovatives Umfeld erzeugen, sind nur wenig ausgeprägt. 

Dies sei die negative Kehrseite des nach wie vor stark ländlich und durch KMU geprägten Kantons, so Hafner. Gemessen an Venture-Capital-Investitionen fliesst auch relativ wenig Geld in Startups. Einzig bei den Unternehmensneugründungen ist im Vergleich mit der Schweiz eine erhöhte Dynamik festzustellen.

Wirtschaftskraft des Kantons Luzern

Markante Einschnitte bei Dynamik und Innovationskraft.

Markante Einschnitte bei Dynamik und Innovationskraft.

(Bild: UBS)

50 Projekte aus der Regionalpolitik

Derweil betonten Politiker lieber die Stärken des Kantons. Regierungsrat Robert Küng (FDP) sagte kürzlich an einer Präsentation (er bezog sich auf die UBS-Studie): Eine vertiefte Analyse der Säule «Innovation» sei nötig. Und Küngs untergebener Dienststellenleiter, der Leiter der Abteilung Raum und Wirtschaft (rawi), Sven-Erik Zeidler, sagt: «Eigentlich wünscht man sich insgeheim ein Klima, in dem möglichst jedes Jahr jemand den Nobelpreis gewinnt.»

Wenn Zeidler aber die Prise Humor und Übertreibungen beiseite lässt: Das Bedürfnis nach mehr Innovation im Kanton besteht seit Jahren. Luzern versucht im Grossen und Ganzen erfolglos, Innovation auf verschiedene Arten zu fördern. Das geschieht vor allem mit Bundesgeldern und im Rahmen von rund 50 verschiedenen Projekten der «Neuen Regionalpolitk» NRP. Und das kostet: In Luzern stehen dafür jährlich rund 2.2 Millionen Franken für Innovationsförderung zur Verfügung (siehe Box). 

Mehr «Messbares» verlangt

NRP-Projekte

Die Projekte der Neuen Regionalpolitik (NRP) werden je zur Hälfte durch Kanton und Bund getragen. Doch ob das den erhofften nachhaltigen Effekt für die Wirtschaft bewirkt, ist nicht ersichtlich. Insgesamt belaufen sich die NRP-Investitionen in einer Periode von 2008 bis 2011 auf rund 8 Millionen Franken sowie Darlehen in der Höhe von rund 6 Millionen Franken, wobei wiederum jeweils die Hälfte durch den Bund getragen wurde.

Gefördert wurden insgesamt 50 NRP-Projekte, darunter das Tropenhaus Wolhusen, das Projekt A.Entlebuch.ch oder das REKA-Dorf Flühli-Sörenberg; Schätzungen gehen von 300 direkt oder indirekt geschaffenen Arbeitsplätzen aus.

Eine wichtige Rolle spielt der Verein Innovationstransfer Zentralschweiz (ITZ). Er wird seit 15 Jahren im Rahmen der Fachhochschul-Konferenz finanziert. Jährlich erhält der ITZ von den Zentralschweizer Kantonen 530’000 Franken, die Beiträge sind abhängig von der Anzahl Unternehmen im jeweiligen Kanton. Was die Investition bringt? «Die Aufgaben und Tätigkeiten von ITZ sind sehr vielschichtig und deshalb die Wirkung schwierig messbar», sagt ITZ-Geschäftsführer Daniel Portmann. 

Das ITZ funktioniere als «übergeordnete Anlaufstelle und als Drehscheibe für die Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft». Der Verein zeigt den Unternehmen und Institutionen auf, was es an Forschungs- und Förderprogrammen gibt und unterstützt diese bei der Antragsstellung. Neuerdings ist die Arbeit des ITZ den Zentralschweizer Volkswirtschaftsdirektoren aber zu wenig konkret.

Neustart im 2015

Die Volkswirtschaftsdirektoren wollen, dass über das ITZ in Zukunft mehr «Messbares»  abläuft als in der Vergangenheit. Sie haben vor einem Monat entschieden, dem ITZ einen klareren Auftrag zu geben und die Organisation unter «Zentralschweiz Innovativ» neu zu strukturieren. Dafür wurden Beiträge für das Jahr 2015 in der Gesamthöhe von 930’000 Franken gesprochen. Der Start mit neuer Struktur ist auf 2015 festgelegt. Das ITZ soll ab dann vor allem Innovationsberatungen für KMU anbieten. 

Startup-Förderung im Technopark

Greifbarer ist das staatlich geförderte NRP-Projekt «Technopark». «Es wird viel Konkretes entwickelt», sagt rawi-Dienststellenleiter Zeidler. Im Business-Center D4 in Root erhalten vor allem IT- und technikorientierte Startups Unterstützung. Sie werden unternehmerisch beraten und erhalten Zugang zu Investoren.

«Erfolgreiche Unternehmen sind innovativ, so oder so.»

Walter Stalder, Leiter Wirtschaftsförderung 

Die Überlebensquote von Jungunternehmen liegt nach eigenen Angaben bei 83 Prozent, während der Schweizer Mittelwert knapp 50 Prozent beträgt. Ganz konkret wurden im Technopark zum Beispiel Material-Verkleidungen erfunden, Elektronische Prozesssteuerungen oder Suchsysteme für die Polizei entwickelt.

«Es funktioniert wie ein Brutkasten für junge Firmen. Innovationen spielen dort eine tragende Rolle», sagt Zeidler. Die staatliche NRP-Unterstützung betrage seitens Bund und Kanton je 120’000 Franken pro Jahr. «Ziel ist es, dass sich die Unternehmen in Luzern entwickeln und hier Steuern zahlen», sagt Zeidler.  

Wirtschaftsförderung bietet ebenfalls Beratung an 

Ferner beauftragte der Kanton die Luzerner Wirtschaftsförderung kürzlich mit der Lancierung einer «Startup-Kampagne». Das «Projekt Startup» ist seit einigen Monaten lanciert, kostet pro Jahr 50’000 Franken und wird als Pilotversuch für drei Jahre laufen. «Dies auch, weil Luzern in diversen Innovationsstudien schlecht da steht», sagt Direktor Walter Stalder. «Wir bieten Beratungen, Finanzierung und Coaching für Jungunternehmer aus allen Branchen an.» 

Ein konkretes Fazit zum Projekt ist gemäss Stalder erst in zwei Jahren möglich. «Die ersten Monate zeigen aber, dass sich vermehrt Interessierte für eine Detailberatung melden, nachdem wir in Werbung, Gründerkurse und generelle Kommunikation investiert haben», sagt Stalder.

Für den Wirtschaftförderer macht die staatliche Unterstützung für Jungunternehmen einerseits Sinn, grosse volkswirtschaftliche Quantensprünge erwartet er allerdings nicht: «Ich bin überzeugt, dass man Startups unterstützen kann und soll. Das Bedürfnis ist da. Aber erfolgreiche Unternehmer sind innovativ so oder so. Das kann man nicht staatlich verordnen. Innovation liegt in der Natur und in der Lebensader jedes erfolgreichen Unternehmens.» 

Elias Hafner, Verfasser der UBS-Studie, empfiehlt für die Innovationsförderung des Kantons einen Einbezug der gegebenen Wirtschaftsstruktur in die Bildungspolitik. «Man muss sich fragen, in welchen Bereichen der Kanton bereits stark ist. Im Versicherungswesen zum Beispiel.» Die Luzerner Wirtschaft sei auch sehr technisch geprägt (Maschinen, Metall und verschiedene Materialen). «Hier müsste die Bildung und Wirtschaft noch besser zusammenarbeiten um Innovation zu fördern, sprich das Bildungsangebot noch besser den Bedürfnissen der lokalen Wirtschaft entsprechen.»

Das grösste Übergewicht in der Wirtschaftsstruktur bestehe aber immer noch in der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelherstellung. «Hier liegt für die Wirtschaft zum Beispiel ein Potenzial im Bereich Lebensmitteltechnologie brach.» so Hafner. Fraglich sei auch, ob ein weiterer Ausbau einer stark geisteswissenschaftlichen Universität die Innovationskraft der Luzerner Wirtschaft stärkt. Mit Blick auf die Wirtschaftsstruktur scheint eine angewandte und stärker auf Naturwissenschaften basierte Ausrichtung vielversprechender.

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