Regierungsrat erläutert Massnahmen bei Wegweisung

Menschenrechtsverletzung: Künftig soll in Zug nur noch ein Elternteil in Haft

Wie das Bundesgericht am Dienstag entschied, haben die Zuger Behörden im Fall der afghanischen Familie nicht korrekt gehandelt.

(Bild: wia)

Weil sich die Afghanen weigerten, die Schweiz zu verlassen, wurden die Eltern inhaftiert und die Kinder ins Heim gesteckt. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde der Familie gut. Nun sagt der Regierungsrat, was man fortan anders machen will – aber nicht überall sieht er Handlungsbedarf.

Kürzlich antwortete der Regierungsrat auf eine Interpellation der Alternative – die Grünen (ALG) betreffend Menschenrechtsverletzungen im Kanton Zug. Vorausgegangen war der folgende Fall: Eine illegal in die Schweiz eingereiste, afghanische Flüchtlingsfamilie sollte nach Norwegen rückgeschafft werden. Der erste Versuch misslang, weil das Ehepaar sich «renitent» verhalten hätte.

Da das Amt für Migration von einer Gefahr des Untertauchens ausging, wurden beide Elternteile in Ausschaffungshaft genommen. Drei der vier Kinder wurden ausserdem durch die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) in einem Heim, unter Aufsicht der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde, untergebracht. Schliesslich wurde die Familie gegen Ende Oktober 2016 nach Norwegen ausgeflogen. Die Familie legte Beschwerde gegen die Behandlung ein – und erhielt vor Bundesgericht Recht. Dieses stellte fest, dass Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvetion verletzte worden sei (zentralplus berichtete). 

Vorgaben des Bundes sollen nun immer eingehalten werden

In der rund fünfseitigen Stellungnahme beantwortet der Regierungsrat die Frage nach den zu treffenden Sofortmassnahmen wie folgt: «Sollte im Rahmen einer Wegweisung einer Familie eine ausländerrechtliche Haft verfügt werden müssen, so wird sie nur gegen einen Elternteil ausgesprochen. Die Kinder verbleiben mit dem anderen Elternteil bis zur Ausreise in ihrer Unterkunft, unabhängig davon, ob ein Untertauchen droht.»

Im gleichen Zug moniert der Regierungsrat allerdings auch «widersprüchliche Vorgaben» des Bundes. So sei in den Erwägungen des Bundesgerichts dem Umstand nicht genügend Rechnung getragen, dass das Amt für Migration aufgrund des Verhaltens der Familie und ihrer Angehörigen in der Schweiz davon ausgehen musste, dass die Familie nicht ausgeschafft werden konnte  – und ein Teil der Familie untertauchen und sich fortan ohne legalen Status in der Schweiz aufhalten würde. Dies zu verhindern, sei eine Zielsetzung des Bundes.

Thema wird diese Woche im Kantonsrat behandelt

Die Umsetzung betreffend Haft und Kinder-Unterbringung scheinen die einzigen, geplanten Sofortmassnahmen zu sein. In der Interpellation wurden allerdings auch Fragen betreffend der Voraussetzungen für familiengerechte Unterbringung sowie nach weiteren Sofortmassnahmen gestellt. «Es besteht also kein umittelbarer Bedarf, neue Unterkünfte für Familien im Kanton Zug zu schaffen.» Auch seien aus Sicht des Regierungsrates keine weiteren Massnahmen erforderlich, um künftige Menschenrechtsverletzungen zu verhindern.

Die ALG nahm im Fraktionsbericht kurz zur Antwort Stellung: Sie sähen sich durch den Bundesgerichtsentscheid bestärkt in ihrer Forderung, dass Kinder- und Menschenrechte eines der höchsten humanitären Grundsätze seien. «Wir zeigen uns erleichtert darüber, dass dies nun auch der Regierungsrat erkennt, seine Ausschaffungspraxis anpasst und das Kindswohl und die Einhaltung der Menschenrechte prioritär behandelt», schreibt die Partei weiter.

An der Kantonsrats-Sitzung vom kommenden Donnerstag wird das Thema nochmals Traktandum sein.

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