Bevölkerungsumfrage in Zug

Mehrheit spricht sich für «Stadttunnel light» aus

Die Idee eines abgespeckten Stadttunnels kommt bei den Zugern an. Dadurch erhofft man sich eine Attraktivierung des Zentrums. (Bild: pbu)

Die jüngste Bevölkerungsumfrage zur Entwicklung der Stadt Zug zeigt: Eine deutliche Mehrheit kann sich einen einfachen Stadttunnel wieder vorstellen. Gleichzeitig soll das Höchsttempo auf den Strassen im Stadtzentrum sinken. Eines scheint klar: Geräuschlos wird die künftige Entwicklung nicht über die Bühne gehen.

Wie soll sich die Stadt Zug in den nächsten Jahren entwickeln und welche Massnahmen braucht es, damit Zug auch in ferner Zukunft ein lebenswerter Ort ist? Dies wollte die Stadt im Zuge eines sogenannten Mitwirkungsverfahrens zur Ortsplanungsrevision von der Bevölkerung wissen.

Es war die zweite Befragung in diesem Rahmen. In der ersten hatte sich gezeigt, dass sich die Menschen Massnahmen zugunsten des Langsamverkehrs und auf Kosten des motorisierten Individualverkehrs wünschen. Die Ergebnisse der ersten Befragung flossen in die zweite ein, wo es darum ging, den Puls zu konkreten Lösungsvorschlägen abzuholen. Dabei ging es wiederum um den Verkehr sowie Grün- und Freiräume.

Stadt ist mit Rücklaufquote zufrieden

Gemäss der Stadt hat das Interesse an der öffentlichen Mitwirkung alle Erwartungen übertroffen. Demnach haben 1'738 Personen an der Umfrage teilgenommen, die im April durchgeführt wurde. «Die sehr erfreuliche Beteiligung erlaubt es, über alle Bevölkerungsgruppen hinweg valide und verlässliche Aussagen über die Einstellung und Bedürfnisse zur Mobilität und zum Freiraum in der Stadt Zug zu machen», heisst es folglich aus dem Stadthaus.

Interessant ist vor allem eine Erkenntnis: So sprechen sich jetzt 64 Prozent der Teilnehmerinnen für einen einfachen Zentrumstunnel aus. Dies ist insofern einigermassen erstaunlich, als die Bevölkerung des Kantons ein Tunnelprojekt, das die Innenstadt vom Autoverkehr befreit hätte, 2015 an der Urne abgelehnt hatte. In der Stadt Zug stimmten damals 66 Prozent mit Nein. Dem Urnengang ging einer der heftigsten Abstimmungskämpfe der jüngeren Zeit voraus (zentralplus berichtete). Ein Hauptgrund für das Scheitern des Projekts waren die Kosten.

Eine abgespeckte Variante steht derzeit zur Diskussion und der Stadtrat hat sich jüngster Vergangenheit dahintergestellt (zentralplus berichtete). Ein solcher «Stadttunnel light» wird laut Umfrage von den Einwohnern derart breit unterstützt, weil sich die Menschen dadurch eine gesteigerte Attraktivität des Zentrums erhoffen. Dass dies mit einem Tunnel möglich wäre, ist im Grundsatz unbestritten. So stellte sich beispielsweise auch der VCS nicht eindeutig gegen eine solche Idee (zentralplus berichtete). Interessant ist in der neuesten Umfrage ausserdem der Befund, dass vor allem die jüngeren Alterskategorien klar für einen solchen Tunnel sind.

Separate Wege für Velos und Fussgänger

Dennoch will die Bevölkerung den Autoverkehr auch drosseln. «Von zwei Dritteln aller Befragten wird ein Niedriggeschwindigkeitsregime im Zentrum befürwortet», schreibt die Stadt. Dabei sei der Fokus auf den Langsamverkehr, das Sicherstellen des Verkehrsflusses und eine klare Signalisation genannt worden.

«Eine deutliche Mehrheit wünscht eine Entflechtung mit getrennten Fuss- und Velowegen.»

Stadt Zug

«Als grösster Mangel bei Fusswegen wird die Vermischung mit dem Veloverkehr genannt: Eine deutliche Mehrheit wünscht eine Entflechtung mit getrennten Fuss- und Velowegen», hält die Stadt weiter fest. Hier eine Lösung zu finden, dürfte wegen der engen Platzverhältnisse indes nicht einfach sein. Zumal gleichzeitig auch ein Konflikt zwischen dem motorisierten und dem Veloverkehr besteht.

«Im städtischen Raum ist der Platz beschränkt und nicht beliebig erweiterbar. Es geht darum, die Mobilität so zu organisieren, dass die unterschiedlichen Bedürfnisse gleichermassen berücksichtigt werden», sagte die zuständige Stadträtin Eliane Birchmeier (FDP) im Zuge der ersten Befragung im letzten Oktober gegenüber zentralplus. Birchmeier liess bereits damals durchblicken, dass sich der Stadtrat mit Einschränkungen beim Autoverkehr eher schwertut. Es muss sich also zeigen, ob es mehrheitsfähige Lösungen gibt. Zumal beim Thema Mobilität die Wogen bekanntlich meistens hochgehen.

Beim Velowegnetz wird von 58 Prozent der Befragungsteilnehmer ausserdem die fehlende Durchgängigkeit bemängelt. 43 Prozent beurteilen weiter die Breite einzelner Velostreifen als Sicherheitsrisiko. Auch hier wird also zu prüfen sein, ob Verbesserungen möglich sind, ohne dabei den Autos zu viel Platz wegzunehmen, und ob eine solche Lösung tatsächlich von einer Mehrheit erwünscht ist. Denn die Auswirkungen von Massnahmen und Projekten geben oft erst dann wirklich zu reden, wenn sie für die Menschen konkret sicht- und abschätzbar werden.

Übernutzung der Grünflächen befürchtet

Gemäss der Stadt zeigt die neuste Umfrage, dass das Grün- und Freiraumangebot insgesamt geschätzt, aber als «eher durchschnittlich» beurteilt wird. Zwar gefallen Begrünung, Ambiance und Sitzmöglichkeiten der Anlagen, eher mässig ist hingegen die Zustimmung bei den Nutzungsmöglichkeiten, der Gestaltung und den Spielgeräten.

Mögliche Probleme orten die Zugerinnen derweil bei einer möglichen Übernutzung dieser Flächen. Deshalb wünschen 82 Prozent einen Ausbau der Naherholungsflächen, insbesondere entlang des Seeufers sowie der Bachläufe. «Im Zentrumsbereich sollen entlang des Seeufers mit einer verkehrsarm ausgestalteten Vorstadt die bestehenden Frei- und Naherholungsanlagen aufgewertet und vergrössert werden», fasst die Stadt die Ergebnisse zusammen.

Freuen dürfte die Stadtplaner vor allem der Umstand, dass viele junge Erwachsene an der Befragung mitmachten. 17 Prozent aller Teilnehmerinnen der Umfrage lassen sich in diese Alterskategorie einteilen. Damit ist sie gleich prominent vertreten wie die über 61-Jährigen. Mit Blick auf die Ankündigung des Stadtrates, dass die Stadt Zug bis 2040 um bis zu 15'000 Menschen wachsen soll, ist diese hohe Beteiligung positiv zu werten. Denn es werden vor allem diese Zugerinnen und Zuger sein, die Lösungen finden müssen, mit denen man dem zusätzlichen Druck auf den urbanen Raum begegnen kann.

So geht es weiter

Die Ergebnisse der zweiten Mitwirkung fliessen nun in das Mobilitäts- und Freiraumkonzept ein, das Teil der gegenwärtig in Erarbeitung stehenden räumlichen Gesamtstrategie ist. Diese wird im Spätherbst 2021 im Rahmen der dritten öffentlichen Mitwirkung präsentiert. Im Frühjahr 2022 beschliesst der Stadtrat die Gesamtstrategie und legt diese dem Grossen Gemeinderat zur Kenntnisnahme vor.

«Damit ist die erste Phase der Ortsplanungsrevision abgeschlossen. Basierend darauf wird anschliessend die zweite Phase mit der Revision der Richt- und Nutzungsplanung in Angriff genommen», so die Stadt.

Hinweis: Am Donnerstag folgen bei zentralplus Reaktionen aus der Politik auf die Ergebnisse der Befragung.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Zuger1
    Zuger1, 04.08.2021, 11:29 Uhr

    Das Problem in der Stadt Zug ist immer noch das selbe, seit Twerenbold als Baudirektor die Idee des Stadttunnels vor 30 Jahren aufs Tapet brachte: Dass die Stadt Durchgang von Cham / Baar nach Oberwil / Walchwil ist. Die Berggemeinden haben nun endlich mit der Tangente eine Umfahrung. Also entweder untertunneln oder grossräumig umfahren. Langsamverkehr bestraft nur auch den ÖV und jene, die zwingend durch müssen.

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  • Profilfoto von smokymale
    smokymale, 04.08.2021, 10:34 Uhr

    Dieses Szenario hatten iwr schon mal bei der Aufhebung der Parkplätze am unteren Postplatz. Wenn man den Bürgen das Pro und Contra genau aufzeigen würde, was von seiten der Regierung natürlich nicht passiert, würden es sich viele nochmals genau überlegen. Die Stadt Zug ist viel zu klein und zu eng um noch separate Wege für Fussgänger und Velofahrer zu bauen, schon mal daran gedacht?
    Daran wird auch Langsamverkehr nichts ändern, es gibt nur noch mehr Stau. Nur gut kann man die Stadt Zug meiden – arme Geschäfte.

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  • Profilfoto von Alois Iten
    Alois Iten, 04.08.2021, 08:51 Uhr

    Das Problem ist doch, dass bei solchen Befragungen und Mitwirkungsverfahren vor allem diejenigen mitmachen, bei denen der Veränderungsdruck am grössten ist. Die anderen haben in der Regel gar kein Interesse daran, wer mit dem Status quo zufrieden ist, nutzt seine Zeit anders. Die Ergebnisse sind daher nicht repräsentativ. Dies wird man spätestens an der Urne sehen, wenn die Stimmbürger den Stadttunnel das nächste Mal versenken…

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