Luzern: Das ist die üppigste Weihnachtsbeleuchtung

Mehr Weihnachtsdeko geht nicht – zu Besuch bei Familie Del Tufo

Das Haus an der Sternmattstrasse 28 ist stark dekoriert.

(Bild: Remo Wiegand)

Aufwendig inszenierte Lichtlandschaften leuchten an Weihnachten um die Wette. Sieger des inoffiziellen zentralplus-Contests ist dieses Jahr: das Haus an der Sternmattstrasse 28 in Luzern. Am Schalthebel des Lichts sitzen Nicola Del Tufo und seine Familie. Warum betreiben die so einen Aufwand?

Dreilagig schichtet sich das Licht um das Haus der Familie Del Tufo: Zuunterst tänzeln die grünen Laser-Tupfen an der Hausfassade – die, wenn auch etwas kitschig anmutenden, Beleuchtung-Trendsetter des Jahres. Darüber hängen vorne an der Hausfassade und rund um die Fensterrahmen die klassische Lampenketten, schliesslich hüpfen hell erleuchtete Nikolause, Rentiere und Pinguine um das Haus. Und natürlich strahlt da auch noch der obligate (künstliche) Tannenbaum. Das Ensemble wirkt wie ein Knusperhäuschen aus Stein und Licht. Zum Reinbeissen – oder zumindest zum Reingehen: willkommen im Weihnachtsreich der Familie Del Tufo.

«Früher nannten es die Menschen hier das Hexenhaus. Jetzt ist es das Märchenhaus»

Giovanna Del Tufo

Vom Hexenhaus zum Märchenhaus

Drei Generationen warten am Esstisch: Die Hausherren Nicola (53) und Giovanna (50), die Töchter Annamaria, Jessica und Angela (28, 26, 24) und die Grosskinder Asia und Daniele (zweieinhalb- und halbjährig). Die Stammeltern, ursprünglich aus Dörfern in der Nähe von Neapel, wohnen seit rund vierzig Jahren in der Schweiz. Seit 2004 sind sie hier an der Sternmattstrasse zu Hause: «Das Haus war von Pflanzen überwuchert, es war baufällig und zerfiel», erzählt Giovanna. «Früher nannten es die Menschen hier das Hexenhaus. Jetzt ist es das Märchenhaus», strahlt die Mamma. Man beobachte oft, wie Menschen verzaubert stehen blieben, einige betreten auch den Garten wie einen öffentlichen Park. «Das macht uns nichts», lächelt Giovanna. Das macht sie höchstens ein wenig stolz.

Vater Nicola ist der Herr des Lichts. Jeweils eine Woche braucht er für die Installationsarbeiten. Nach Feierabend verlegt der Polier Kabel, befestigt Engel, Sterne und künstlichen Schneefall oder justiert – heuer erstmalig – den Laserstrahl. Jeweils am 8. Dezember, dem Fest Maria Empfängnis, ist die Lichtlandschaft bereit. Und falls nicht? Unmöglich. «Wir würden ihn schon daran erinnern, wenn er sie vergessen sollte», neckt Jessica ihren Vater. Nicola ist zwar zugleich Chef und ausführende Gewalt der Lichtinstallation, wirkt dabei aber doch irgendwie wie ein Angestellter seiner Frauen. Ein gütiges Volk und ihr ergebener König – Gewaltenteilung auf Italienisch.

Die Familie Del Tufo: Auf dem Sofa von links nach rechts: Giovanna, Annamaria, Nicola. Sitzend auf dem Boden: Asia, Jessica, Daniele, Angela.

Die Familie Del Tufo: Auf dem Sofa von links nach rechts: Giovanna, Annamaria, Nicola. Sitzend auf dem Boden: Asia, Jessica, Daniele, Angela.

(Bild: Remo Wiegand)

Familie über alles

Die Familie Del Tufo ist eine vertraute, eine verschworene Gemeinschaft. Mamma Giovanna gibt mehrheitlich den Ton an und orchestriert die Familie. Die mittlere Tochter Jessica folgt ihr darin am stärksten nach. Ihr frisch geborener Daniele: Der Stolz der ganzen Familie, ein männlicher Nachkomme hatte ihr seit Längerem gefehlt. An Weihnachten feiert die Familie sich selbst, wobei sie an den Festtagen auf rund vierzig Mitglieder anwächst.

Seit Jahren mietet man ein Ferienhaus auf dem Land und feiert tagelang durch: «Es gab Jahre, da haben wir die Hütte eine ganze Woche gemietet, die Leute gingen an den Werktagen arbeiten und kamen am Abend wieder in die Hütte zurück», erinnert sich Nicola, der als Koch für das Festessen zuständig ist (traditionelles Essen: Fisch). Dieses Jahr ist das Ferienhäuschen in Malters nur bis am Stephanstag gemietet. Unter anderem auch, weil Nicola sich am 29.12. einer Operation unterziehen muss: «Ein Leistenbruch, nicht Schlimmes», beruhigt er den Journalisten und «seine» Frauen.

Nicola Del Tufo ist rund eine Woche mit Installationsarbeiten beschäftigt.

Nicola Del Tufo ist rund eine Woche mit Installationsarbeiten beschäftigt.

(Bild: Remo Wiegand)

Padre Pio hilft

Weihnachten und Familie scheinen eins zu sein in der Familie Del Tufo. Bleibt da überhaupt noch Platz für mehr, Platz für Religion? «Wir sind sehr katholisch», bekräftigt Jessica bestimmt. Was Weihnachten angeht, findet die grosse Feier der Missione Cattolica bereits am 8. Dezember statt. Mithelfen war und ist Ehrensache, als Ministrantin, als Maria im Krippenspiel oder als Koch. Ansonsten schmiegt sich das Glaubensleben der Del Tufos so eng an ihren Alltag wie die Familienmitglieder aneinander.

«Wenn wir unsere Heimat besuchen, heisst es ‹die Schweizer kommen!›»

Nicola Del Tufo

Immer wieder taucht dabei der Name von Padre Pio auf, dem De-facto-Nationalheiligen Italiens, dem im Garten eine eigene Statue gewidmet ist. «Er ist einer von uns. Ich bin täglich im Kontakt mit ihm», berichtet Jessica feierlich. Sie bekreuzige sich regelmässig in seiner Gegenwart oder richte spontan Gebete an seine Adresse. Padre Pio (+ 1968), der für den Aufbau von Spitälern, für die Heilung von Kranken und vor allem für seine volkstümliche Art verehrt wird, vermittelte vor einem halben Jahr auch Giovanna Trost, als sie ein Ziehen in der Brust spürte und ihre Mutter im Sterben lag: «Der Tumor war gutartig. Und meine Mutter konnte gut gehen. Ich bin sicher, dass Padre Pio geholfen hat.»

Auch die Padre-Pio-Statue wird erleuchtet.

Auch die Padre-Pio-Statue wird erleuchtet.

(Bild: Remo Wiegand)

Schweizer feiern mit

Inmitten des fröhlich-frommen italienischen Idylls vergisst man an der Sternmattstrasse beinahe, in der Schweiz zu sein. Haben die Del Tufos hier eine Parallelwelt geschaffen, eine wärmende italienische Insel im kühlen eidgenössischen Meer? Mag sein. Doch die beiden Kulturen mischen sich, eine Abschottung ist nicht bezweckt. Im Alltag sprechen die Del Tufos den typischen Secondo-Slang, der mitten im Satz vom Italienischen zum Schweizerdeutschen und zurück wechselt. In vielem ist man schweizerisch geworden. «Wenn wir unsere Heimat besuchen, heisst es ‹die Schweizer kommen!›», erzählt Nicola, man halte eben hiesige Werte wie Verbindlichkeit, Pünktlichkeit und Disziplin hoch.

Ihre Gastfreundschaft gelte allen, sagt Giovanna, «wir sind auch sehr offen für Schweizer.» Im Coiffeur-Geschäft «Golden Hair» von Angela Del Tufo, in der auch Mutter Giovanna angestellt ist (ursprünglich auch Annamaria), entstehen Freundschaften zu Einheimischen, die diese auch mal bis zum Weihnachtsfest der Del Tufos führen. Man begrüsst auch ausdrücklich, dass die Missione Cattolica das Weihnachtsfest am 8. Dezember seit zwei Jahren zusammen mit der hiesigen Pfarrei St. Anton begeht.

Ein Santa Claus klettert vor dem Haus herum.

Ein Santa Claus klettert vor dem Haus herum.

(Bild: Remo Wiegand)

Bleibende Sehnsucht

Und doch ist da diese starke Verbundenheit, diese heimliche, nie ganz gestillte Sehnsucht nach der Heimat, die besonders rund um diese atmosphärisch dichten Feste entsteht. So haben die beiden älteren Töchter ihre Männer – beides Italiener – selbstverständlich in Süditalien geheiratet. Nicola träumt auch davon, Weihnachten dereinst noch einmal in seinem Heimatdorf Teora zu erleben. Zwar sei fast die ganze Familie in der Schweiz und damit die wichtigste Wohltat des Festes. Aber in Italien feierten alle Menschen so wie sie, bei der Kirche brenne ein Feuer, die Menschen würden sich auf der Strasse treffen. «Die Luft ist einfach anders», lächelt Nicola leise, mit leichtem Akzent und einem Hauch Melancholie.

Das Haus an der Sternmattstrasse 28 bleibt noch bis am 6. Januar erleuchtet. Die Familie Del Tufo und die Italiener feiern dann das Fest Befana. Es erinnert an eine legendäre, schusslige Hexe, die die Krippe mit dem Jesuskind nicht fand.

Die Krippe der Del Tufos.

Die Krippe der Del Tufos.

(Bild: Remo Wiegand)

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