Luzerner Regierung zeigt «grosse Besorgnis»

Medienexperte: «Es wird beim frommen Appell bleiben»

Was der Luzerner Regierungsrat über die Medienkonzentration denkt, bleibt vorläufig sein Geheimnis.

(Bild: Montage zentralplus)

Die Luzerner Regierung fürchtet um den Medienplatz Luzern. Hintergrund: Der Mantel der «Luzerner Zeitung» wird künftig in Aarau produziert. Dass die Regierung nun Forderungen stellt, ist zwar nett – täuscht aber nicht darüber hinweg, dass die Medienpolitik definitiv keines ihrer Kerngebiete ist. Eine Analyse.

Wesentliche Teile der «Luzerner Zeitung» kommen künftig aus Aarau: Das neue Medienhaus CH Media hat sich für diesen Standort entschieden (zentralplus berichtete). Man nehme diese jüngsten Standortentscheide «mit grosser Besorgnis zur Kenntnis», vermeldete die Luzerner Regierung umgehend. Die Berichterstattung in den regionalen Medien sei eine wichtige Quelle der politischen Wissens- und Meinungsbildung in der Bevölkerung.

Das ist schön und gut – doch in der Vergangenheit war vom Interesse der Luzerner Regierung an Medienvielfalt wenig zu spüren. Weder äusserte sie sich aktiv zur No-Billag-Initiative, als es um die Zukunft von Tele 1 oder Radio 3fach ging (zentralplus berichtete), noch liess sie etwas verlauten, als die Gründung von CH Media bekannt wurde. Auch die Übernahme der Luzerner Rundschau durch Christoph Blocher blieb unkommentiert.

Haltung bezog die Regierung bisher nur, wenn sie musste. Sprich: Wenn Parlamentarier etwas zum Medienplatz Luzern wissen wollten. Das Departement von Regierungspräsident Robert Küng stellte dabei lapidar fest: «Die eigentliche Medienpolitik – im Sinne der Presseförderung, der Regulierung der elektronischen Medien und des Internets – ist von Gesetzes wegen Sache des Bundes.» Die Antworten wurden jeweils in Zusammenarbeit mit der Staatskanzlei verfasst, was ein weiteres Indiz dafür ist, dass sich niemand wirklich verantwortlich fühlt.

CH Media spielt Problematik herunter

Der Kanton Luzern verfüge nicht über regulatorische Mittel, um in unternehmerische Entscheidungen privater Medienfirmen einzugreifen. Das mag sein. Doch neben gesetzgeberischem Rahmen stehen einem Kanton zahlreiche andere Mittel zur Verfügung. Nebst der Standortpolitik gehört auch der politische Druck dazu. Ein Blick nach Basel, Bern oder St. Gallen zeigt, dass andere Regierungen deutlich aktiver sind.

Zwar habe sich die Regierung mit den Verantwortlichen von CH Media getroffen, letztmals im Herbst 2018, sagt Andres Töns, Informationschefs des Kantons Luzern, auf Anfrage zu zentralplus. Im Rahmen dieses Austauschs habe der Regierungsrat seine Forderungen mündlich und schriftlich geltend gemacht: der Raum Zentralschweiz, der Zentralschweizer Journalismus und die Berichterstattung über die Zentralschweiz dürften durch die Konzentration nicht geschwächt werden – offenbar wirkungslos. Nun versucht man mit einer Medienmitteilung seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Was ist konkret das Problem? Wird die Mantelredaktion in Aarau stationiert, so wird die Bundespolitik aus einer Aargauer Perspektive beschrieben, bewertet, kommentiert. Zum Netzwerk der dort ansässigen Journalisten gehören in erster Linie Aargauer Politiker, Experten oder Informanten. Die Luzerner – genauso wie die Ostschweizer – Sichtweise auf das Geschehene wäre eine andere – genau das versteht man unter Medienvielfalt.

Regierungspräsident Robert Küng meint gegenüber dem «SRF Regionaljournal», beim Treffen mit CH Media könne die Regierung als «Beeinflusser» auftreten. Er räumt aber auch ein, dass man unternehmerische Entscheide nicht beeinflussen könne. Politische Einflussnahme klingt anders.

«Nett gemeint»

Medienexperte Nick Lüthi sieht das kritisch: «Eine Kantonsregierung hat keinen Zugriff auf unternehmerische Entscheide – es wird beim frommen Appell bleiben.» Es sei ein klassischer Reflex, dass sich Politiker sorgen, es gibt jedoch wenige Beispiele, wo dies effektiv Wirkung zeigte. «Es ist nett gemeint, aber Herr Wanner wird nicht auf die Luzerner Regierung hören. Am Schluss entscheidet das Geld.»

Mehr Einfluss hat die Politik bei der SRG. «Das Gesetz setzt der unternehmerischen Freiheit des öffentlichen Rundfunks klare Grenzen», erklärt Lüthi, der als Redaktor für die Medienwoche tätig ist. So versuchten derzeit Politiker von rechts bis links den von der SRG beschlossenen Wegzug der Radioinformation aus dem Studio Bern mit parlamentarischen Initiativen rückgängig zu machen.

Wenn Fachsekretäre in die Tasten hauen …

Auf Bundesebene wird derzeit über das neue Mediengesetz über die elektronischen Medien diskutiert. Bis die Luzerner Medien jedoch auf Unterstützung hoffen können, dauere es noch Jahre, dämpft Lüthi die Erwartungen. «Aktuell existiert nicht einmal eine Verfassungsgrundlage für eine direkte Medienförderung.» In erster Linie könnten sich dort Luzerner Bundesparlamentarier aktiv in den Prozess einschalten.

Die Luzerner Regierung hat sich übrigens auch zum Mediengesetz geäussert. In ihrer Vernehmlassungsantwort schreibt sie, dass eine Förderung von Printmedien in Betracht gezogen werden soll. Ansonsten wird zur Zurückhaltung aufgerufen. So wird die indirekte Medienförderung von innovativen digitalen Infrastrukturen, die der publizistischen Qualität und Vielfalt dienen, abgelehnt. «Diese Mittel sollen von den Medienanbietern erwirtschaftet werden, da diese Infrastrukturen ihren eigenen Interessen dienen», heisst es. Gratiszeitungen ja, online nein.

Sind das die wahren Bedürfnisse der Akteure auf dem Medienplatz Luzern? Es ist höchst fraglich, ob sich die Luzerner Regierung deren bewusst ist. Nachgefragt hat sie – zumindest bei zentralplus – noch nie. Medienexperte Lüthi hat dafür wenig Verständnis: «Es würde zu einer umsichtigen Politik gehören, dass man Luzerner Medien fragt, wo der Schuh drückt.» In der Regel würden solche Vernehmlassungsantworten leider einfach von einem Fachsekretär verfasst. 

Dass es um die medienpolitische Kompetenz bei der Luzerner Regierung nicht besonders gut steht, zeigt auch folgende Bemerkung. So schreibt die Luzerner Regierung in der Vernehmlassungsantwort doch allen Ernstes, man solle im Gesetz über elektronische Medien das schweizerische Bühnenschaffen berücksichtigen. Die «grosse Besorgnis» bezieht sich offensichtlich eher auf dörfliches Theaterschaffen denn auf Medienvielfalt.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Frapedi
    Frapedi, 15.12.2018, 13:10 Uhr

    Sie schreiben: «Die Luzerner Regierung fürchtet sich um den Medienplatz Luzern.» Man fürchtet SICH allenfalls VOR, aber nicht UM etwas. Was Sie meinten: » Die Luzerner Regierung fürchtet um den Medienplatz Luzern.»

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    • Profilfoto von Jonas Wydler
      Jonas Wydler, 15.12.2018, 13:25 Uhr

      Danke für den Hinweis, wir haben das korrigiert.

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