Ex-Krienser aus Zug ist der neue Chef in Sion

Maurizio Jacobacci will dem FCL ein Bein stellen

Drei Punkte in drei Spielen und am Sonntag gegen den FC Luzern: Maurizio Jacobacci ist neuer Sion-Trainer.

(Bild: zvg)

Maurizio Jacobacci sitzt auf einem Schleudersitz: Als neuster Sion-Trainer muss er sein Team am Sonntag gegen den FCL zu einem Sieg peitschen. Der Wahlzuger, der einst mit Kriens für Furore sorgte, könnte sich durchaus vorstellen, wieder in der Zentralschweiz zu arbeiten. Doch vorerst will er Schlusslicht Sion retten.

Der gebürtige Italiener Maurizio Jacobacci (55) ist eigentlich ein Berner «Giel», aufgewachsen in der Länggasse und in Betlehem. Doch lange Jahre verbrachte er in unserer Region, als Coach der Krienser von 2008 bis 2011 und Partner der Witwe des legendären Kickboxers Andy Hug, Ilona. Lange wohnten die zwei in Horw am See, Ende 2016 zügelten sie nach Zug.

Jacobacci arbeitet seit Juli 2017 als U21-Trainer bei Sion, seit 6. Februar ist er Headcoach beim Tabellenletzten der Super League, dem FC Sion. Mit dem Sieg gegen Lausanne holte er drei Punkte aus drei Spielen. Gegen den FCL (Sonntag, 16 Uhr in Sion) ist er stark unter Druck.

Fünf Kilo abgenommen

Doch er scheint die Herausforderung zu mögen. Was hat Maurizio Jacobacci getan in den ersten Wochen? Fünf Kilo abgenommen und anfangs wenig geschlafen, war zu lesen. Jetzt herrsche aber wieder Normalität. Man sei soweit, sich wieder als Einheit zu verstehen, «das Team steht bei mir über allem».

Die «Neue Zürcher Zeitung» meinte, Jacobacci sei als Trainer unterschätzt. Und die YB-Mannschaft liess nach dem knappen Sieg über Sion verlauten, dass die Walliser mit ihrem durchdachten Positionsspiel, dem Hochstehen, ihnen das Leben in der Spielentwicklung schwergemacht hätten. Doch lassen wir Maurizio Jacobacci selber zu Wort kommen.

zentralplus: Maurizio Jacobacci, was macht den FC Sion derzeit so stark?

Maurizio Jacobacci: Wir haben es verstanden, als Team zu arbeiten. Und wenn wir weiterhin als Einheit auftreten, dann werden wir die nötigen Siege einfahren.

zentralplus: Und weshalb ist der FCL im Wallis so schwach, dass Ihr Team gewinnen sollte?

Jacobacci: Der FCL ist im Moment im Hoch und macht vieles richtig.

zentralplus: Haben Sie Angst vor den Luzernern?

Jacobacci: Nein, weil Angst ein schlechter Wegbegleiter ist, aber ich respektiere jeden Gegner. 

zentralplus: 2017 war das schlimmste Jahr in der Geschichte des FC Sion – das erste Mal haben die Walliser den Cupfinal verloren. Christian Constantin schickte alle in die Wüste – und er ist äusserst angespannt. Wie gehen Sie damit um?

Jacobacci: Ich respektiere ihn als meinen Präsidenten und Arbeitgeber. Und ich wünsche mir, dass er mir und meiner Arbeit den gleichen Respekt entgegenbringt.

«Schleudersitz? Ich mache diesen Job gerne.»

zentralplus: Wieso nahmen Sie den Schleudersitz an?

Jacobacci: Schleudersitz? Erstens mache ich diesen Job sehr gerne; er ist für mich eine Riesenchance, mich auf höchstem Niveau zu präsentieren. Zweitens fühle ich mich geehrt und natürlich dem Klub gegenüber verpflichtet zu helfen. Und drittens habe ich einen laufenden Vertrag bis und mit Juni 2019.

zentralplus: Sind Sie froh, dass CC nach seinem Ausraster gegen Rolf Fringer nicht mehr in die Stadien darf? Er wurde für fünf Monate gesperrt und zu einer Busse von 30’000 Franken verknurrt. Bald darf er allerdings wieder weibeln: Wie ist Ihr Kontakt zu ihm?

Jacobacci: Da das Trainerbüro und die Garderoben im Hotel sind, wo sich auch das Architekturbüro des Präsidenten Constantin befindet, kreuzt man sich regelmässig. Somit sind Kontakt und Austausch stets gewährt. Ich habe auch keine Probleme, ihn zu sehen. Berührungsängste mit meinem Präsidenten habe ich nicht.

zentralplus: Sie haben viel Erfahrung, auch als (Meister-)Trainer-Assistent von Hans-Peter «Bidu» Zaugg oder Marcel Koller im Grasshopper-Club. Wie ist der Druck jetzt, wie Ihr Wohlbefinden in Sion?

Jacobacci: Das Wallis ist ein fussballverrückter Kanton, und wir sind in der Pflicht, alles Menschenmögliche zu unternehmen, damit dieser Kanton weiterhin mit dem FC Sion einen Klub in der Super League präsentieren kann.

Die Liebe in Luzern gefunden: Maurizio Jacobacci mit Ilona Hug.

Die Liebe in Luzern gefunden: Maurizio Jacobacci mit Ilona Hug.

(Bild: zvg)

zentralplus: Ihre Liebe gilt aber der Zentralschweiz: Mit Ilona Hug leben Sie in Zug – fahren Sie jeden Tag ins Wallis?

Jacobacci: Nein, ich bin Wochenaufenthalter hier. Und wann immer es meine Agenda erlaubt, fahre ich nach Zug zurück, um diese wertvolle Zeit mit meiner Ilona zu verbringen. Sie ist mir eine grosse Hilfe.

zentralplus: Haben Sie denn Schwächen?

Jacobacci: Bei mir ist Fussball omnipräsent. Alles dreht sich um den Sport. Ich habe in meiner Freizeit noch Mühe, komplett abzuschalten. Oft leider auch, wenn ich mit Ilona oder im Familienkreis bin.

zentralplus: Ilona Hug wird sich wohl kaum darüber beklagen: Sie war ja schon mit ihrem Partner Andy Hug gewohnt, dass der Sport die erste Rolle spielt.

Jacobacci: (lacht) Da haben Sie Recht. Ich bin aber gewillt, da noch mehr Fortschritte zu machen, um auch meiner Liebsten ein guter Partner zu sein.

zentralplus: Welches sind Ihre Stärken?

Jacobacci: Ich versuche, den Spielern ein Vorbild zu sein, bin beharrlich in meiner Arbeit, weiss, was ich vermitteln will und gehe den Weg auch akribisch an. Ich mag keine halben Sachen. Ich glaube, ich kann meine Botschaften überzeugend und verständlich rüberbringen. Ich fordere viel und bin aber auch mir selber gegenüber fordernd. Grosse Ziele erreicht  man nur durch grosse Seriosität und Hingabe.

zentralplus: Können Sie sich vorstellen, sich sportlich wieder in unserer Region zu engagieren?

Jacobacci: Ja absolut, momentan sind es in der Schweiz 20 Profivereine, vielleicht wird das Feld  ja auch bald aufgestockt. Die Jobs sind rar und ich bin stolz, einer dieser Coaches zu sein. Ich bin höchst motiviert, diese schwierige Situation mit Sion zu meistern und unsere Mannschaft vor dem drohenden Abstieg zu retten. Falls wir das schaffen, ist das gefühlsmässig wie die Meisterschaft gewonnen zu haben.

«Kriens ist zu Recht der Favorit für den Aufstieg in die Challenge League.»

zentralplus: 2008 führten als Coach Sie den SCK von der ersten Liga wieder zurück in die Challenge League, im Jahr darauf erreichten Sie gar den Halbfinal des Schweizer Cups. War doch schön in Kriens damals, oder?

Jacobacci: Das waren wirklich drei tolle Jahre für mich. Kriens ist immer noch omnipräsent. Mit Bravour hat mein Team damals meine Message umgesetzt und den sofortigen Wiederaufstieg geschafft: Wir zogen alle am gleichen Strick. Die Mannschaft spielte mit Herzblut – das macht sie auch heute noch. Unter Werner Baumgartner scheint man da gute Arbeit zu leisten, mit ihm hab ich mal 1. August gefeiert. Mit der U21 von Sion haben wir zwar im Herbst 2:1 zu Hause gegen Kriens gewonnen, aber ich finde, Kriens ist zu Recht der Favorit für den Aufstieg in die Challenge League.

zentralplus: Tschutten Sie selber mit Ihren 55 Jahren noch?

Jacobacci: Wenn ich Zeit habe, mit dem Oldstar-Team von YB, zusammen mit Weber, Schönenberger oder Chapuisat – und manchmal spielen wir auch gegen den Nationalrat. Das macht Spass!

Seit dem 6. Februar ist Jacobacci Trainer des FC Sion:


 

zentralplus: Ihre Karriere begannen Sie bei den Young Boys, für die Sie 1978 bis 1983 spielten. Werden die Berner diese Saison Meister?

Jacobacci: Für YB sieht es dies Saison sehr gut aus. Das Team scheint mir bereit für diesen Exploit, und auch im Cup steht man im Finale. Das Double ist machbar für die Berner.

zentralplus: Welches sind Ihre Vorbilder?

Jacobacci: Es gibt sehr viele gute Trainer, und vielen lässt sich etwas abschauen: Guardiola will immer wieder neue Taktiken ausprobieren; Mourinho polarisiert, gibt seinem Team aber viel Wertschätzung und schützt seine Spieler vor den Medien; Heynckes hat Bayern mit einer unglaublichen Lockerheit wieder in Fahrt gebracht, das war eindrücklich. Und Streich bei Freiburg darf man auch nicht vergessen: Er erreicht mit seiner Art und mit reduzierten Mitteln sehr vieles. Das imponiert mir.

zentralplus: Was vermissen Sie in Sion von Horw und Luzern?

Jacobacci: Den See, die Freunde und die zentrale Lage – und meine Lebenspartnerin ist dort. Ilona vermisse ich hier unten am meisten.

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