Nach Auszug aus der Soldatenstube

Manuela Jost: «Solche Zwischennutzungen sollen auch in Zukunft ihren Platz haben»

Blickt trotz der Geschichte ums Eichwäldli neuen Zwischennutzungen positiv entgegen: Stadträtin Manuela Jost (GLP). (Bild: bic)

Die Familie Eichwäldli hat die alte Soldatenstube in Luzern verlassen. Damit zog man am Montag den definitiven Schlussstrich unter die Geschichte. Im Interview blickt Stadträtin Manuela Jost auf die turbulente Zeit zurück und erklärt, warum es in der Stadt Luzern auch in Zukunft solche Zwischennutzungen geben wird.

Seit Montag ist die langwierige Geschichte rund um die ehemalige Soldatenstube bei der Luzerner Allmend definitiv zu Ende. Die sogenannte Familie Eichwäldli hat das Haus verlassen und die Schlüssel der Stadt übergeben (zentralplus berichtete). Dies, nachdem die Bewohnerinnen, zum Ärger vieler, den vertraglich vereinbarten Auszug mehrmals ignoriert und alle Mittel ausgeschöpft hatten, die ihnen der demokratische Rechtsstaat bietet.

Die Stadt will nun rasch die Bagger auffahren lassen und mit verschiedenen Interessengruppen über die Zukunft des Grundstücks entscheiden. Interessant: Auch Vertreterinnen der Eichwäldli-Familie werden mit Stadträtin Manuela Jost (GLP) am Tisch sitzen. Ein Erfolg für das Kollektiv, das sich somit auch in Zukunft innerhalb der städtischen Institutionen Gehör verschaffen kann.

Monatelange öffentliche Debatte

Es geht als Gewinner aus der Affäre hervor. Und zwar nicht nur weil es wegen des Widerstandes sein Projekt um viele Monate verlängern konnte, sondern auch weil die Diskussion über den Umgang der Stadt mit ihren Immobilien dadurch neuen Schwung erhalten hat.

In anderen Worten: Eine Bewegung von unten hat die Luzerner Politik, die Medien und folglich die Öffentlichkeit dazu verdonnert, das Projekt – sowie das Thema Freiräume und alternative Wohnformen – zu diskutieren und Lösungen für die Zukunft zu präsentieren. Denn das Eichwäldli wird in der Stadt Luzern nicht das einzige Projekt seiner Art bleiben (zentralplus berichtete).

zentralplus: Manuela Jost, die Familie Eichwäldli geht als Siegerin aus der Geschichte hervor. Sie konnte erstens länger bleiben und hat, ganz in ihrem Sinne, eine lange öffentliche Debatte über den Umgang der Stadt mit ihren Immobilien sowie über Zwischennutzungen und alternative Wohnformen erzwungen. Sehen Sie das auch so?

Manuela Jost: Nein, diese Interpretation kann ich so nicht nachvollziehen. Sie haben vor Gericht verloren und mussten die Soldatenstube verlassen, obwohl sie eigentlich bleiben wollten.

«Wir haben von Beginn an gesagt, dass die Familie Eichwäldli dabei sein kann.»

zentralplus: Einige dürfte es verwundern, dass die Stadt trotz der gemachten Erfahrungen weiterhin mit dem Kollektiv am Tisch sitzen will. Was sagen Sie dazu?

Jost: Der Partizipationsprozess zur Bespielung des Areals hat bereits Anfang Jahr begonnen. Wir haben von Beginn an gesagt, dass die Familie Eichwäldli dabei sein kann.

zentralplus: Welche Lehren zieht der Stadtrat aus der Affäre?

Jost: Wir haben in der Soldatenstube ein Projekt mit alternativen Wohnformen ermöglicht und sehen uns auch in Zukunft weiterhin in der Rolle der Ermöglicherin, wenn es um solche Ideen geht. Wir bleiben aber bei unserem klaren Standpunkt, dass die Kosten solcher Projekte verhältnismässig sein müssen und dass zwei Grundvoraussetzungen für einen langfristigen Vertrag eingehalten werden müssen.

zentralplus: Welche sind das?

Jost: Erstens müssen Vereinbarungen eingehalten werden und zweitens muss die Gesprächsbereitschaft vorhanden sein. Da diese Grundvoraussetzungen nicht eingehalten wurden, liess der Stadtrat den Gebrauchsleihevertrag mit der Familie Eichwäldli auslaufen. Der Prozess rund um das Eichwäldli war komplex und wir bedauern, dass es am Ende des Tages so kommen musste und wir nicht bereits im September mit der Umsetzung eines Nachfolgeprojekts starten konnten. Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner hartnäckig weigerten, das Haus zu verlassen.

zentralplus: Was heisst das für künftige Zwischennutzungen?

Jost: Die Stadt Luzern verfolgt eine Politik, die Zwischennutzungen ermöglicht und fördert. Auf dieser Basis ist ja auch das äusserst erfolgreiche und beliebte Neubad entstanden. Wir sind überzeugt, dass solche Zwischennutzungen auch in Zukunft ihren Platz haben sollen. Daran haben auch die Entwicklungen rund um das Eichwäldli nichts geändert.

«Die Diskussionen zeigten, wie wichtig Zwischennutzungen sind und dass die Stadt bereit ist für einen Austausch auf Augenhöhe.»

zentralplus: Wie haben Sie die öffentliche und politische Debatte erlebt?

Jost: Die Diskussionen zeigten, wie wichtig Zwischennutzungen sind und dass die Stadt bereit ist für einen Austausch auf Augenhöhe. Für uns heisst das, dass wir auch in Zukunft bei leerstehenden Liegenschaften eine Zwischennutzung ermöglichen.

zentralplus: Wie geht es jetzt weiter?

Jost: Die Vorbereitungsarbeiten zum Abriss der Soldatenstube starten umgehend. Sobald das Areal frei ist, startet die Zwischennutzung. Zentral ist, dass eine neue Zwischennutzung einen Mehrwert für das Quartier und die Stadt bietet. Selbstverständlich werden wir hierzu klare Rahmenbedingungen setzen. Zum Beispiel, was die Lärmemissionen oder den Waldabstand betrifft.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Eich Wäldler
    Eich Wäldler, 22.06.2021, 04:33 Uhr

    Wenn diese Frau Jost noch immer nicht gemerkt hat, wie viele Sympathien solche Gruppierungen nach dem ganzen Theater noch erhalten, dass würde ihr ein bisschen frische Luft ganz gut tun! Sorgen wir bei den nächsten Wahlen dafür, dass sie diese erhält!

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  • Profilfoto von Paul
    Paul, 21.06.2021, 21:15 Uhr

    Zwischennutzungen sind sehr wichtig! Aber bitte mit anständigen Vertragspartner! Die fam-eich-ego-wäldler sind da nicht die besten Vorbilder. Bitte nicht noch weiter diese Familie in Diskussionen einbeziehen! Danke!

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  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 21.06.2021, 20:28 Uhr

    Dieser Kreisel war ursprünglich die Tram
    Endstation.
    Warum Cafe Federal und nicht Trämli.
    Mann könnte etwas Geschichte mit einbeziehen.Das wissen warscheindlich nur noch
    Leute unter den 60er Jahren geborenen.

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