Stadt Luzern will einen Schlussstrich ziehen

Manuela Jost: «Das Eichwäldli war ein Experiment»

Die Stadt Luzern wird nun definitiv Strafanzeige einreichen, falls die Bewohner die alte Soldatenstube am Donnerstag nicht verlassen. (Bild: bic)

Die Luzerner Baudirektorin Manuela Jost ist trotz der Turbulenzen und teils scharfer Kritik überzeugt, in der Causa Eichwäldli richtig gehandelt zu haben. Denn man habe viele wertvolle Erfahrungen für die Zukunft sammeln können.

Am kommenden Donnerstag will der Luzerner Stadtrat Anzeige einreichen, sollte die Eichwäldli-Familie die alte Soldatenstube bis dann nicht verlassen haben (zentralplus berichtete). Was danach genau passiert, wird sich weisen müssen. Klar ist: Ein Ende der Geschichte dürfte nun definitiv in Sichtweite sein.

Bereits vergangene Woche liess die Stadt einen Zaun um das Haus errichten. Vor dem sich abzeichnenden Ende der Zwischennutzung der alten Soldatenstube hat zentralplus mit Stadträtin Manuela Jost gesprochen. Die GLP-Politikerin wirft dabei einen Blick auf die vergangenen zwei Jahre und sagt, warum sie trotz viel Kritik an ihrem Vorgehen festhielt.

zentralplus: Frau Jost, Sie haben angekündigt, am Donnerstag eine Strafanzeige gegen die Eichwäldli-Bewohner einzureichen. Wie definitiv ist dieser Entschluss?

Manuela Jost: Sollten sich am Donnerstag noch Personen unbefugt in der Liegenschaft aufhalten, wird die Stadt Strafanzeige einreichen.

zentralplus: Trotz der Turbulenzen und der laut gewordenen Kritik am Vorgehen des Stadtrates tönen Sie relativ gelassen.

Jost: Ich stehe zu meinem Vorgehen. Da die Stadt alternative Wohnformen unterstützt, war es zunächst gerechtfertigt, dem Projekt eine Chance zu geben. Als klar war, dass das Haus nicht mehr mit vernünftigem Aufwand zu retten ist und zudem eine Gefahr von ihm ausgeht, wollten wir gemeinsam mit den Bewohnern nach neuen Lösungen suchen. Es wurde dann aber deutlich, dass dazu keine Bereitschaft besteht und darum mussten wir handeln. Das haben wir jetzt getan.

zentralplus: Der öffentliche und teils gehässige Diskurs drehte sich in erster Linie um das Geld. Wie gehen Sie mit der Kritik bei diesem Punkt um?

Jost: Das Eichwäldli-Projekt war für alle Beteiligten Neuland. Aus Sicht des Stadtrates war es ein Experiment. Auch war anhand der gemachten Studien nicht absehbar, dass es so viel kosten würde. Ausschlaggebend sind hier aber auch die Sicherheit und insgesamt die Verhältnismässigkeit bei der Ausgabe von Steuergeldern.

«Der Stadtrat hat das Projekt im Eichwäldli im Sinne des Ermöglichens von alternativen Lebensformen unterstützt.»

zentralplus: Für die «Familie Eichwäldli» und ihre Mitstreiter ging es hauptsächlich um die Frage, ob und inwiefern die Stadt Luzern bereit ist, Raum für alternative Wohnformen zu ermöglichen. Das Geld war für sie nicht das Hauptthema. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für die Zukunft?

Jost: In der Wohnraumpolitik verfolgt die Stadt das Ziel, mehr günstigen, beziehungsweise gemeinnützigen Wohnraum zu schaffen. Diesen Auftrag hat uns auch das Volk erteilt. Der Stadtrat hat das Projekt im Eichwäldli im Sinne des Ermöglichens von alternativen Lebensformen unterstützt, solange dies aus bautechnischer Sicht möglich und aus rechtlicher Sicht verantwortbar war. Wenn wir nicht vom Wert solcher Projekte überzeugt gewesen wären, hätten wir nicht Geld in die befristete Erhaltung des Hauses investiert und dieses in Gebrauchsleihe abgegeben. 

«Ich kann mir vorstellen, dass die schwierigen Umstände im Eichwäldli nicht gerade motivierend auf Private wirken.»

zentralplus: Sie sprechen von einer grundsätzlich positiven Haltung des Stadtrates bei solchen Projekten. Was kann die Stadt also konkret unternehmen, damit solche Projekte auch in Zukunft möglich sind?

Jost: Auch Private ermöglichen unentgeltliche oder günstige Zwischennutzungen. Ich erachte es als unsere Aufgabe, Private, die eine Liegenschaft umbauen oder abreissen möchten, auf die Möglichkeit von Zwischennutzungen aufmerksam zu machen. Ich kann mir aber vorstellen, dass die schwierigen Umstände im Eichwäldli und vor allem der Vertragsbruch durch die Bewohnenden nicht gerade motivierend auf Private wirkt.

zentralplus: Irgendwie wurde man aber trotz dieser offenen Haltung des Stadtrates in den letzten Jahren das Gefühl nicht los, dass man aneinander vorbeiredet.

Jost: Die Bewohnenden wussten von Beginn weg, dass es sich um eine befristete Zwischennutzung handelt. Wir haben ihnen relativ früh das Angebot gemacht, mit ihnen zusammen ein Sanierungsgutachten in Auftrag zu geben, um die zukünftige Nutzung des Hauses und/oder des Areals gemeinsam zu diskutieren. Dies lehnte die Eichwäldli-Familie ab.

zentralplus: Nun haben die Bewohnerinnen aber neue Vorschläge eingereicht. Weshalb gingen Sie nach all den Diskussionen nicht darauf ein?

Jost: Es handelt sich um einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen, der die Sache verzögert und um Informationen zu sammeln, die bereits vorliegen. Der Stadtrat hat mehrmals auf der Basis von Gutachten aus verschiedenen Bereichen eine gesamtheitliche Beurteilung durchgeführt.

Dem Schreiben aus dem Eichwäldli konnten wir keine neuen, für uns relevanten Erkenntnisse entnehmen, die uns zu einer Neubeurteilung der Situation bewogen hätten. Oder anders gesagt: Die Fakten liegen auf dem Tisch. Die Stabilität des Gebäudes und die geologischen Faktoren sind eindeutig und darauf basierend eine weitere Instandhaltung nicht angemessen und unverhältnismässig. 

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8 Kommentare
  • Profilfoto von paul
    paul, 16.02.2021, 12:27 Uhr

    schade für alle.
    alternative zwischennutzung wirds wohl nicht mehr so schnell geben… sehr schafe….
    unddie stadt .. na ja die stadt …

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  • Profilfoto von Oliver Heeb
    Oliver Heeb, 16.02.2021, 12:26 Uhr

    Alternatives Wohnen und das Leben auf eine bescheidenere Weise, kann durchaus Sinn machen und auch sinnstiftend wirken. Aber auch diese Ansprüche setzen ein Minimum an Infrastruktur und an Legalität voraus. Dass diese Experimente, die von einem sehr eng eingrenzbaren Milieu gefordert werden, wie selbstverständlich vom Steuerzahler berappt werden müssen, erschliesst sich mir auf keine Art und Weise. Wie sich am Beispiel der Soldatenstube beobachten lässt, handelt es sich bei den Bewohnerinnen wohl um Aktivisten aus dem linken bis eventuell linksradikalen Milieu. Um die gesellschaftliche Akzeptanz für alternative Wohnformen zu steigern, müssten diese Angebote für alle Menschen zugänglich sein und nicht nur für ein exklusives, ideologisch gesteuertes Milieu. Wer fordert, muss auch leisten. So einfach ist das.

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    • Profilfoto von Hugo Ball
      Hugo Ball, 16.02.2021, 13:04 Uhr

      Inhaltlich guter und wertvoller Kommentar, der aufklärend wirkt. In einem direktdemokratischen Sinn fordere ich die Aktivisten auf, entsprechende politische Vorstösse einzureichen und Bestrebungen umzusetzen, damit wir alle umsonst leben und uns – abseits der aufoktroyierten Lohnarbeit – selbst verwirklichen können! Meine Unterschrift wäre gewiss.
      Hr. Heeb hat in seiner Betrachtung aber freilich recht: Dieses Modell kann wie hier evident wird, nur funktionieren, wenn die, welche dieser Selbstverwirklichung auf Staatskosten nicht anheimfallen, den Preis dafür bezahlen. «Für alle statt für wenige» wird hier seitens linker Kräfte einmal mehr ad absurdum geführt.

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  • Profilfoto von Der Maihöfler
    Der Maihöfler, 16.02.2021, 09:13 Uhr

    Der Luzerner Stsdtrat, allen voran die Baudirektorin, haben sich nun jahrelang Vorführen lassen, ihre Pflichten nicht wahrgenommen und sich auf der Nase rumtanzen lassen. Dies nun als Experiment darstellen zu wollen ist eine Frechheit gegenüber den Steuerzahlern.

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    • Profilfoto von Res Zumbrunn
      Res Zumbrunn, 16.02.2021, 10:25 Uhr

      Die Medienbeobachtungsstelle im Stadthaus sollte endlich den roten Knopf bemühen und unverzüglich in die Eichenholzparkett-Etage melden: Der Volkszorn kocht! Hört tunlichst auf, mit diesen Euphemismen und Relativierungsversuchen noch das Öl der Peinlichkeit und des Versagens ins Feuer zu giessen! Gerademachen jetzt! Die Zeit des Larifari ist zu Ende!

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  • Profilfoto von Der hellblaue Abt
    Der hellblaue Abt, 16.02.2021, 08:05 Uhr

    Auf der Horwer Halbinsel steht übrigens schon seit geraumer Zeit ein regelrechtes Juwel für eine semi-illegale (weil niemand ist ja gegen offene Herzen!) Inbesitznahme und kunterbunte Belebung bereit:

    Das ehemalige Hotel St. Niklausen. Echt pittoresk und weitläufige Grünanlagen, nette Nachbarschaft, Seeanstoss usw.! Gut möglich, dass in der Peripherie noch irgendwelche Luzerner Stadträte zuhause sind und einem neuem «Projekt» der Familie Chläusi in spe sehr wohlwollend gegenüberstünden und bei der Gemeinde Horw mit ihrem reichen Erfahrungsschatz optimal weibeln und hausieren gehen könnten. Ich würde sagen, es läuft!

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  • Profilfoto von Dunning-Kruger
    Dunning-Kruger, 16.02.2021, 07:56 Uhr

    Experimentieren mit öffentlichem Eigentum und auf Kosten der Allgemeinheit geht natürlich verdammt locker von der Hand!

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  • Profilfoto von Eich Wäldler
    Eich Wäldler, 16.02.2021, 06:38 Uhr

    Aus neutraler Betrachtung kann man getrost sagen: «Mit diesem Experiment ist auch Manuela Jost gescheitert!»

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