IG Stadtentwicklung – was ist das?

«Man weiss jetzt, wo man ‹motzen› kann»

Von hier kommen viele Impulse in der Stadtentwicklung: das «Chäslager» an der Industriestrasse 9 in Luzern.

(Bild: jwy)

Man kann leicht den Überblick verlieren: Viele Player mischen derzeit mit, wenn’s um die weitere Entwicklung der Stadt Luzern geht. Neben den etablierten Parteien und Verbänden hat sich eine neue Gruppe formiert: die IG Stadtentwicklung. Es stecken altbekannte Gesichter hinter der Aktion.

Im Dunstkreis um die Industriestrasse ist 2015 fast unbemerkt von einer breiteren Öffentlichkeit eine neue Bewegung entstanden: die IG Stadtentwicklung, kurz IGS. Ende 2015 ist die IGS erstmals in Erscheinung getreten. Im November gab’s einen gut besuchten öffentlichen Anlass zur neuen Bebauung auf dem Areal der Rösslimatt – Ende März folgte ein Podium mit fünf Stadtratskandidaten (zentralplus berichtete).

Der Journalist Marlon Heinrich ist einer der Köpfe hinter der IGS. Dass die Organisation noch relativ unbekannt sei, ist auch der Art der Entstehung geschuldet. «Wir sind uns noch am Erfinden», sagt er. Die IGS sei ungebunden und von der Basis aus entstanden – ein Kind der Industriestrasse und der zunehmenden Diskussion um bezahlbaren Wohnraum in Luzern. «Wir haben gemerkt, dass die Idee mit der Industriestrasse noch lange nicht abgeschlossen ist und die Diskussion weitergehen muss», sagt Heinrich.

Stadtentwicklung: ein Mehrdisziplinen-Sport

Man wollte das Thema Stadtentwicklung auch etwas weg von der rein finanziellen Komponente führen. So, dass es nicht immer nur um bezahlbaren Wohnraum geht. «Stadtentwicklung ist ein Mehrdisziplinen-Sport», so Heinrich. Da spielen auch kulturelle Fragen mit, etwa wolle sich die IGS auch zur neuen Theaterinfrastruktur – sprich Salle Modulable – äussern.

«Eine bürgerliche Stadtentwicklung haben wir schon, unsere Themen sind linke Themen.»

Marlon Heinrich, IG Stadtentwicklung

Unter «Stadtentwicklung» versteht die IGS – wie sie auf der Webseite schreibt – die «räumliche, historische sowie strukturelle Gesamtentwicklung einer Stadt oder einzelner städtischer Räume und Quartiere». Die Stadt Luzern benötige eine eigentliche «Stadtpolitik», die sich in und rund um die Stadt Luzern mit Konfliktlagen der Gesellschaft, des Wohnungsbaus, der Umwelt, des Verkehrs und der Arbeitswelt auseinandersetzt.

Die IGS fungiere dabei als «Wissensspeicher und Diskussionsplattform». Deshalb soll es in Zukunft noch mehr Podien und Anlässe geben. Daneben erarbeitet die Gruppe Grundlagen, sammelt Themen, will eine Anlaufstelle aufbauen und treibt den Austausch mit anderen Städten voran.

Links, aber unabhängig

Wem gehört die Stadt? Das fragt sich die IG Stadtentwicklung. (Illustration: Patrick Bonato)

Wem gehört die Stadt? Das fragt sich die IG Stadtentwicklung. (Illustration: Patrick Bonato)

(Bild: (Illustration: Patrick Bonato))

Etwa 20 Personen stehen aktuell hinter der IGS, darunter Politiker, Kleingewerbler, Künstler, Architekten und Vertreter von Genossenschaften. Die Gruppe legt Wert darauf, unabhängig von Geldgebern und Parteien zu sein, auch wenn einzelne Mitglieder als Politiker dem städtischen oder kantonalen Parlament oder Wohnbaugenossenschaften angehören. Die meisten Köpfe hinter der IGS kommen aus der politisch linken Ecke.

Dass die IGS linkslastig ist, sei zwar keineswegs so gewollt, doch auch nicht wirklich eine Überraschung. Heinrich: «Eine bürgerliche Stadtentwicklung haben wir schliesslich schon, unsere Themen sind linke Themen.» Aber trotzdem wolle man sich öffnen, auch dahingehend, dass künftig mehr Frauen mitmischen.

Für Leute ohne Lobby

Die IGS soll ein Gefäss sein, wo sich Menschen mit ihren Fragen und Anliegen zu Stadtentwicklung hinwenden können. «Das beschäftigt nicht nur Politiker, wir wollen interessant werden für Leute, die keine Lobby haben», so Heinrich. «Wir rennen damit offene Türen ein, endlich wissen die Menschen, wo sie sich mit ihren Anliegen melden und wo sie ‹motzen› können.»

Viele Themen der Stadtentwicklung sind im Mainstream angekommen – der gemeinnützige Wohnungsbau ist in Luzern ein grosses Thema geworden. Dementsprechend hat die IGS viel vor. Der nächste Schritt ist die Vereinsgründung im März, man will feste Formen und Strukturen erhalten. Und dann werden Themen wie die Salle Modulable (bald wird der Standort kommuniziert) oder das Areal Rösslimatt und die geplante Überbauung der SBB die IGS beschäftigen.

Ein paar Köpfe hinter der IGS:

  • Marcel Budmiger (Luzerner Kantonsrat SP)
  • Cla Büchi (Architekt, Vorstand Baugenossenschaft GWI, Projektleiter Kooperation Industriestrasse)
  • Stefan Davi alias Davix (Künstler)
  • Daniel Furrer (Luzerner Grossstadtrat SP)
  • Marlon Heinrich (Redaktor)
  • Pascal Hofer (Präsident Baugenossenschaft GWI)
  • Heinz Marti (Inhaber Sinnlicht GmbH)
  • Harry van der Meijs (Architekt, Präsident Wohnwerk Luzern)
  • Dieter Oswald (Vorstand Baugenossenschaft GWI)
  • David Roth (Luzerner Kantonsrat SP)
  • Simon Roth (Luzerner Grossstadtrat SP)
  • Claudio Soldati (Präsident SP Stadt Luzern)
  • Mario Stübi (Luzerner Grossstadtrat SP)

 

Die IG Stadtentwicklung war schon Thema bei zentralplus:

Mario Stübi beschreibt den Zweck bei uns im Blog so: «Die IG Stadtentwicklung hat zum Ziel, sich künftig aktiv und vielfältig in die Debatte um öffentlichen und privaten Raum in der Stadt Luzern einzubringen.»

Und Architektur-Blogger Gerold Kunz schreibt (ebenfalls im Blog): «Die Stadt steht bei Investoren, Veranstaltern und Touristikern hoch im Kurs. Der Ruf nach Verdichtung, die Eventisierung des Alltags und die Ausbreitung der Uhrenläden in der Altstadt beschäftigen die Bevölkerung. Diese und weitere Probleme rund um die Entwicklung der Stadt Luzern will die neu gegründete IG Stadtentwicklung (IGS) wahrnehmen und sich auf verschiedenen Ebenen für deren Lösung engagieren.»

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