Kriens rätselt über Nazipropaganda

Malen gegen Hakenkreuze kommt zu spät

Die Nazisymbole an der Schappe-Süd-Fassade waren am Dienstagmorgen nur noch schwer zu erkennen.  (Bild: jwy)

Schlechter Scherz oder Nazipropaganda? Seit dem Wochenende prangen in Kriens an verschiedenen Stellen Hakenkreuze und andere Symbole. Oder prangten, denn viele sind bereits wieder übersprayt. Dabei ist für heute eine Gegenbewegung geplant.

Im und um das Areal Schappe Süd, gleich bei der Krienser Busschleife, haben sich Vandalen am Wochenende ordentlich ausgetobt: Gut zu sehen prangen dort bis heute pinke Schriftzüge und Symbole auf Mauern, Scheiben, Tafeln oder Veloständern.

Und sie sind nicht nur hässlich anzusehen, sondern ebenso hässlich in ihrer Botschaft: Hakenkreuze und andere Nazisymbole wie «Sieg Heil» oder «88» (steht für «Heil Hitler») leuchten da seit ein paar Tagen von der Mauer. Aber nicht alles ist Nazipropaganda: Ebenso findet man «ACAB» (für «All Cops Are Bastards»), die Zahlen «7», «12» oder «13» sowie «HOMO», die Krienser Postleitzahl «6012» oder einfach «HAHA».

Dies ist ein Werk der unbekannten Vandalen vom Wochenende in Kriens.  (Bild: Luzerner Polizei)

Dies ist ein Werk der unbekannten Vandalen vom Wochenende in Kriens.  (Bild: Luzerner Polizei)

Für ihre Schmierereien müssen die Vandalen auch in die Baustelle eingedrungen sein – denn auch auf dem Gelände haben sie sich verwirklicht.

Mehr als nur Sachbeschädigung

Auf dem Areal wird momentan fleissig gebaut, vor allem im Innenhof des ehemaligen Werkhofs und des Feuerwehrdepots. Es sind Vorbereitungsarbeiten für die Umnutzung des Areals zu einem Kultur- und Jugendzentrum. Künftig wird dort ein kleiner Veranstaltungssaal, Probenräume für Musikformationen, Jugendräume, Kulturateliers sowie der neue Standort der Musikschule Kriens entstehen (zentralplus berichtete).

Wer hat das Hakenkreuz unkenntlich gemacht?  (Bild: jwy)

Wer hat das Hakenkreuz unkenntlich gemacht?  (Bild: jwy)

Die Luzerner Polizei sucht seit Montag Zeugen, die Hinweise zu den unbekannten Sprayern geben können (zentralplus berichtete). Ein zentralplus-Leser empörte sich am Montag darüber, dass die Polizei in ihrer Mitteilung von «Sachbeschädigung» schrieb, die Nazi-Symbole in ihrer Mitteilung aber verschwieg. «Hier handelt es sich um weit mehr als nur um Sachbeschädigung! Die Zentralschweiz hat definitiv ein Neonazi-Problem», schreibt User Walther Rath.

«Nehmt Wandfarbe, Rollen und Pinsel mit. Gemeinsam gegen rechte Hetze und Propaganda!»

Erste Hinweise sind eingegangen

Strafrechtlich handelt es sich um Sachbeschädigung, egal, was für Symbole es sind. Und da ja neben den Nazisymbolen auch andere Parolen gesprayt wurden, ist es tatsächlich fraglich, ob es eine politisch motivierte Tat war – oder einfach jugendlicher Blödsinn.

Kurt Graf, Sprecher der Luzerner Polizei, will darüber keine Prognose wagen, spricht aber von einem «schlechten Scherz», wenn es denn einer war. Und tolerierbar sei so etwas so oder so nicht. Inzwischen seien aus der Bevölkerung Hinweise eingegangen, die man noch prüfen müsse, so Graf. Die Ermittlungen laufen.

Da war kein Freund der Polizei am Werk.  (Bild: Luzerner Polizei)

Da war kein Freund der Polizei am Werk.  (Bild: Luzerner Polizei)

«Buntes Malen gegen Braun»

Ein weiterer Leser meldet sich per Mail und ruft unter dem Slogan «Buntes Malen gegen Braun!» dazu auf, die Symbole eigenhändig zu übermalen: «Seit drei Tagen prangen Nazisymbole an Krienser Hauswänden. Niemand fühlt sich wohl verantwortlich, dieses traurige Werk zu entfernen. Daher werden alle couragierten Menschen aufgerufen, diese rechte Propaganda zu entfernen.»

Um 17 Uhr am Dienstag will er sich mit Gleichgesinnten beim ehemaligen Feuerwehrlokal in Kriens treffen: «Nehmt Wandfarbe, Rollen und Pinsel mit. Gemeinsam gegen rechte Hetze und Propaganda!», so der Appell.

Auch die Gemeinde weiss von nichts

Nur: Es stimmt gar nicht, dass niemand etwas tut. Die schlimmsten Symbole wie Hakenkreuze sind inzwischen blau und grün übersprayt und nur noch schwer erkennbar.

Hat da womöglich die Gemeinde reagiert? Ein Anruf bei Bauvorsteher Matthias Senn soll Klarheit schaffen – doch dieser hat auch noch nicht herausgefunden, wer die Symbole unkenntlich gemacht hat. Jedenfalls ist es auch im Interesse der Gemeinde, dass man die Symbole nicht länger sieht. «Und der Schaden ist dadurch sicher nicht grösser geworden», sagt er trocken. Ohnehin kommt am Gebäude in den nächsten Tagen ein Gerüst hin, die Fassaden werden neu gemacht und die Fenster ersetzt. Mühsamer sind die Sprayereien auf Signalen, auf Stromkästen oder auf der Strasse.

Eine Frage bleibt: Wer hat die Nazi-Symbole übersprayt? War’s ein couragierter Bauarbeiter, der auf eigene Faust handelte? Oder haben die usprünglichen Vandalen ihre Tat bereut und sind nochmals aktiv geworden?

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