Luzerner DJ

Mad Morris: «Ich bin gegen Drogen»

«Es ist überwältigend, an der Street Parade aufzulegen», sagt der Luzerner DJ Mad Morris. (Bild: Andrea Schelbert)

Der Luzerner DJ Mad Morris legt an der Street Parade auf. Der 32-Jährige spricht übers Kiffen, schlaflose Nächte und eine gefährliche Situation in Russland.

Moskau. Maurizio Garofalo sucht am internationalen Flughafen nach seiner Kontaktperson. Zum ersten Mal darf er in Moskau auflegen, seine Freude ist gross. Er entdeckt einen Mann, der ein kleines Stück Papier in seinen Händen hält. «DJ Mad Morris» steht darauf geschrieben. Der Luzerner hat ein ungutes Gefühl und zögert, auf den Mann zuzugehen. «Ich habe das komisch und unprofessionell gefunden», sagt der 32-Jährige. Er ruft sicherheitshalber seinen russischen Kontaktmann an und erfährt Erstaunliches: «Mein Bekannter erklärte, dass er sich verspäten würde.
Als ich ihm von der Situation berichtet habe, sagte er zu mir, dass ich auf gar keinen Fall mit dem Mann Kontakt aufnehmen dürfe.» Organisiertes Verbrechen? Ein Gag? Oder vielleicht bloss ein Fan, der mit dem DJ Kontakt aufnehmen wollte? «Ich will gar nicht wissen, was man mit mir machen wollte», sagt DJ Mad Morris auf sein erstes Erlebnis in Russland angesprochen. Seine Kontaktleute in Russland hätten sich nicht weiter dazu geäussert. «Es ist möglich, dass man mich entführen wollte», spekuliert der Luzerner.

Diese Situation hat sich vor 4 Jahren ereignet. Maurizio sitzt entspannt in seinem Studio in Kriens, er ist von zahlreichen Boxen, einem Mischpult und vielen technischen Geräten umgeben. Der Luzerner schaut sich kurz in seinen vier Wänden um und meint: «Damit könnte man sich ein schönes Auto kaufen. Ich investiere viel Geld in meine Musik.» Er könnte von der Musik leben, sei aber nebenbei in der Marketingbranche tätig, erklärt der gelernte Elektroniker. Seit 17 Jahren mischt er in der DJ-Szene mit. In Russland, Mexico, Singapur und vielen anderen Ländern ist der House-DJ schon aufgetreten.

Am nächsten Samstag folgt aber der Anlass, an dem jeder DJ dabeisein möchte: Mad Morris wird an der Street Parade Hunderttausende zum Tanzen animieren. Zum fünften Mal wird er am grössten Festival der Schweiz mitwirken. Dieses Jahr ist er auf dem Lovemobil des Krienser Clubs Vegas mit dabei. Er wird seinen Sound ab Bellevue präsentieren. «Es ist überwältigend, an der Street Parade aufzulegen», schwärmt er. Man spüre den direkten Kontakt zum Publikum wie nirgendwo sonst. «Teilweise schreien die Leute so laut, dass man die Musik nicht mehr hört. Das ist faszinierend, man muss es einmal erlebt haben.»

Wilde Partynächte in Russland
Jubeln, schreien, feiern – das machen die Fans von DJ Mad Morris auch in Russland. Vor allem für Auftritte in luxuriösen Clubs wird der Luzerner dort gebucht. Bis zu 10 Maybachs würden an einem solchen Abend vor den Clubs in Moskau, St. Petersburg oder Kaliningrad stehen. Und wenn der Star aus dem Ausland hinter dem DJ-Pult steht, dann geht es wild zu und her. «Die Menschen in Russland sind offener als wir Schweizer. Sie wollen vor allem Spass haben», sagt Maurizio. Wie reagieren die temperamentvollen und trinkfesten Russinnen auf den coolen DJ? Meistens würden sie nur sehr schlecht Englisch sprechen, sodass sich kein Gespräch entwickeln könne, erklärt der DJ. Mehr sagt Maurizio zu diesem Thema nicht, klar ist aber: Wenn der Wodka fliesst und der Rubel rollt, wird der 32-Jährige wohl schon viele Flirts oder verheissungsvolle Angebote erlebt haben.

Noch exzessiver aber werde in Mexiko gefeiert: «So etwas habe ich nie zuvor gesehen», berichtet er. Die Lateinamerikaner hätten «gebechert und ununterbrochen gebrüllt.» Solche Szenen erlebe er in der Schweiz kaum. «In der Deutschschweiz habe ich manchmal den Eindruck, dass sich die Menschen dafür schämen, richtig Party zu machen und aus ihrer Haut zu kommen.» Dieses reservierte und für Schweizer so typische Verhalten störe ihn aber nicht.

Beim Kiffen eingeschlafen
Über Drogen spricht der Luzerner, ohne danach gefragt zu werden. «Ich bin gegen Drogen“, betont er. Zweimal habe er gekifft, «beide Male bin ich eingeschlafen.» Als DJ habe er eine Vorbildfunktion einzunehmen. «Ich finde es völlig daneben, wenn ein DJ in der Ecke kifft oder andere Drogen konsumiert. Das ist das Schlimmste, was man machen kann.» Einerseits würde das Image darunter leiden, anderseits könnten junge Menschen auf die Idee kommen, ebenfalls Drogen auszuprobieren. Er trinke während seinen Bookings viel Red Bull. «Ich glaube aber, dass mich vor allem das Adrenalin wach hält.»

«Ich bin ein sehr emotionaler Mensch», sagt der DJ. Solche Aussagen überraschen nicht, wenn man weiss, dass Maurizio italienische Wurzeln hat. In Reussbühl, als Sohn einer Schweizer Kauffrau und eines italienischen Schuhmachers aufgewachsen, begeisterte sich der junge Luzerner schon früh für diese Musik. Als 16-Jähriger legte der junge DJ im Broadway of live, dem heutige Mad Wallstreet, auf. «Meine Mutter war streng. Wenn ich um Punkt Mitternacht nicht unten auf der Strasser gestanden habe, ist sie in den Club gekommen und hat mich geholt. Das ist mehrmals passiert», erzählt er lachend.

Nach den 10‘000 Platten, mit denen DJ Mad Morris früher in den Clubs für Stimmung gesorgt hat, fragt heute keiner mehr. Heute ist sein Sound auf einer 16 Gigabyte SD-Karte gespeichert. Das Schweizer DJ-Business, so sagt Maurizio, sei hart und kompromisslos geworden. «Der Markt ist übersättigt. Wer erfolgreich sein will, muss eigene Musik produzieren und immer wieder neue Tracks auf den Markt bringen.» Es sei nicht einfach, neue Musik zu produzieren. «Es gibt enorm viel Konkurrenz und man weiss gar nicht mehr wirklich, was gute Musik ist. Alles ist digitalisiert, jeder kann online Musik herunterladen. Egoismus und Neid sind in dieser Branche weit verbreitet.»

«Ich war extrem traurig“
Unverändert aber sei die Oberflächlichkeit, welche dieses Business prägt. «Es bleibt offen, wer mich noch cool finden würde, wenn ich von heute auf morgen nicht mehr auflegen würde», meint er. Früher habe er sich viele Gedanken darüber gemacht. «Ich hatte Mühe damit und war extrem traurig, dass alles so oberflächlich ist. Ich hatte schlaflose Nächte», gesteht der 32-Jährige. Inzwischen – nach 17 Jahren als DJ – habe er gelernt, mit dieser Situation umzugehen. «Heute geniesse ich einfach den Moment, den ich mit den Leuten in den Clubs teilen darf. Für mich stimmt es so.» Es gibt jedoch ein Prinzip, das er im Umgang mit Freunden berücksichtigt: «Nimm deine Freunde nicht in‘s Business mit», lautet dieses. Er wisse, wer seine wahren Freunde seien und treffe diese vor allem ausserhalb der DJ-Szene.

«Wenn du mit der Musik Geld verdienen willst, musst du auf Vieles verzichten», sagt der Luzerner. Maurizio ist zurzeit Single, wünscht sich aber später eine Familie. Zuvor aber träumt er vom internationalen Durchbruch. Der 32-Jährige schwärmt von DJ Antoine und seiner «besonderen Aura“, mit der er seine Fans beeindrucken würde. Zwischen 20‘000 und 30‘000 Franken pro Auftritt soll dieser verdienen. Von einer solchen Gage ist DJ Mad Morris zwar noch weit entfernt. Doch er besitzt die nötige Konsequenz, Hartnäckigkeit und Ausdauer, um sein Zeil zu erreichen. Und sollte sein Traum trotzdem unerfüllt bleiben, wäre dies keine Katastrophe. «Die Kunst des Lebens besteht ja darin, mit dem glücklich zu sein, was man hat.»

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