Allmend: Luzern setzt auf Repression

Machen Ranger bald Jagd auf «Hündeler»?

Eine Hundehalterin geht auf der Allmend mit ihrem Vierbeiner Gassi. (Bild: Luca Wolf)

Hunde, die frei herumtollen – das ist auf der Allmendwiese künftig nur noch auf einem speziellen Areal möglich. Für das restliche Gebiet gilt dann Leinenzwang. Das bringt die «Hündeler» in Rage – und stellt die Stadt vor ein kniffliges Bussen-Problem.

2,5 Hektare oder 25’000 Quadratmeter: So gross wird die neue Hundefreilaufzone auf der wilden Allmendwiese ennet der Swissporarena nun definitiv. Auf diesem nicht eingezäunten Areal, das zwischen der alten Pferderennbahn und dem stillgelegten Zentralbahntrassee liegt, dürfen Hundehalter ihre Vierbeiner künftig offiziell ohne Leine herumtollen lassen. Das dürfen sie zwar schon heute, und sie tun es auch ausgiebig. Nur war es bislang nicht offiziell.

Hundebesitzer sehen rot

Das hört sich eigentlich nach Good News für die vielen «Hündeler» an, die jeden Tag auf der Allmend spazieren gehen. Doch die diesen Freitag von der Stadt Luzern als Besitzerin des Areals kommunizierte Massnahme (zentral+ berichtete) ärgert viele Hundefans gehörig.

«Die Stadt betreibt hier völlig unnötigen und übertriebenen Fundamental-Naturschutz.»

Jörg Willi, Hundeliga Luzern

«Die Stadt betreibt hier völlig unnötigen und übertriebenen Fundamental-Naturschutz», ärgert sich Jörg Willi, ehemaliger Tierarzt und Präsident der Luzerner Hundeliga. Die Hundeliga ist ein loser Zusammenschluss von rund 400 Hundebesitzern, die sich für ihre Anliegen auf der Luzerner Allmend einsetzen.

Konsequenter Leinenzwang

Leinenpflicht in allen Wäldern

Im Kanton Luzern gilt neu während der Brutzeit der Rehe vom 1. April bis 31. Juli in allen Wäldern eine Leinenpflicht für Hunde. Damit sollen die Wildtiere geschützt werden. Bei vielen Hundehaltern stösst dieser Anleinzwang aber auf wenig Gegenliebe. Sie fühlen sich zu Unrecht bevormundet und möchten ihren Hunden Gelegenheit geben, etwas herumzutollen.

Ein Reh, das von einem Hund gerissen wurde.
Ein Reh, das von einem Hund gerissen wurde. (Bild: SRF, 10vor10)

Willis nicht immer zitierfähige Wut auf die Stadt bezieht sich auf Folgendes: Mit der Errichtung der Hundefreilaufzone ist auch eine restriktive Massnahme verbunden. Neu soll nämlich auf dem ganzen restlichen Allmend-Areal Leinenzwang herrschen. Wobei dies laut Stefan Herfort vom städtischen Umweltschutz eigentlich schon lange gilt, bislang aber nicht umgesetzt wurde. Geschätzte 50 Prozent der Hundebesitzer liessen ihre Vierbeiner auf der Allmend derzeit von der Leine. Damit soll bald Schluss sein. Die Stadt will den Leinenzwang laut Mitteilung «konsequent» durchsetzen. Dadurch sollen Velofahrer, Familien mit Kindern und Wanderer sowie die vielen Nauturschutzflächen samt ihren tierischen Bewohnern geschützt werden.

«Ich lebe seit 15 Jahren hier und in dieser Zeit gab es nie Probleme mit Hunden», ärgert sich Willi. «Wieso nur soll neu, ausser in dieser doch recht kleinen Freilaufzone, auf der ganzen Allmendseite ein Leinenzwang herrschen?» Das sei doch völlig unnötig, gerät Willi in Rage.

Polizei will nicht kontrollieren

Doch verhindern lässt sich die Allmend-Aufwertung nicht, für welche das Stadtparlament 2009 einen Kredit über 3,6 Millionen Franken gesprochen hat. Jedoch sind bezüglich der «Hündeler» noch ein paar heikle Fragen offen. Etwa, wer denn die fehlbaren Hundehalter – und davon dürfte es zu Beginn des Leinenzwangs einige geben – büsst. Und ab wann genau gebüsst wird. Wird nun, analog zur beschlossenen Velopolizei, auch eine Hundepolizei eingeführt? «Es ist nicht vorgesehen, dass die Polizei auf der Allmendwiese Hundehalter kontrolliert und büsst», stellt Kurt Graf, Mediensprecher der Luzerner Polizei, klar. Aber wer dann?

In oder rund um Wälder sind es oft Jäger, die Hundehalter auf ihr Fehlverhalten ansprechen. Sind diese nicht einsichtig, informieren die Jäger die Polizei und diese leitet dann die Anzeige an die Staatsanwaltschaft weiter. «Je nach Situation wird dann eine Busse ausgesprochen», sagt Kurt Graf. Diese betrage je nach Schwere des Vergehens von 40 Franken bis zu mehreren Tausend Franken. «Im Stadt- und Agglobereich kommt es aber selten zu solchen Bussen.»

Auf dieser Wiese, bis zu der Baumreihe, soll die Freilaufzone eingerichtet werden.

Auf dieser Wiese, bis zu der Baumreihe, soll die Freilaufzone eingerichtet werden.

(Bild: Luca Wolf)

Ranger sollens richten

Da aber auf der Allmend keine Jäger umherstreifen, denkt man laut Stefan Herfort vom städtischen Umweltschutz über alternative Lösungsansätze nach: «Eine Idee ist, dass speziell ausgebildete Ranger die fehlbaren Hundehalter ansprechen und sie über die negativen Auswirkungen freilaufender Hunde auf die empfindliche Pflanzen- und Tierwelt informieren. Viele Hundehalter sind sich dessen gar nicht bewusst. Gegebenenfalls könnte über die Ranger auch eine Anzeige bei der Polizei erfolgen.»

Ranger kennt man in unseren Breitengraden etwa vom Stanserhorn. Dort stehen diese meist pensionierten Naturkenner den Touristen als Auskunftspersonen und Fotosujets zur Verfügung. Bussen für Wildpinkler, schlecht erzogene Hundehalter oder Ähnliches verteilen sie aber nicht. Auch am Rotsee gibt es heute bereits ein rangerähnliches System. Dort ist es die Rotseekommission des Quartiervereins Maihof, die im Sinne einer Ergänzung zur Schutzgebietsbetreuung durch den Umweltschutz der Stadt Aufsichtsaufgaben übernimmt. Laut Herfort ist die Allmend-Ranger-Variante aber noch nicht spruchreif. Auch ab wann der Leinenzwang «konsequent» umgesetzt werden soll, sei noch nicht klar.

Glaube an Akzeptanz

Angedacht ist laut Herfort aber, dass die vielen Allmendnutzer zuerst über die neue Regelung informiert werden, bevor es allenfalls Bussen für herumtollende Wauwaus gibt. «Wir werden entsprechende Schilder aufstellen und die Leute darauf ansprechen. Auch in den umliegenden Quartieren werden wir darauf aufmerksam machen, etwa via Quartierzeitungen.» Die Stadt appelliere an eine gegenseitige Rücksichtnahme. Herfort sagt: «Ich bin sicher, dass die neue Regelung mit der Zeit gut akzeptiert wird.»

Kritisch beurteilt den Leinenzwang aber auch der Kynologische Verein Luzern (KVL). «Grundsätzlich sind wir gegen Verbote», sagt Vizepräsidentin Lisbeth Hegele. Denn: «Eine Leinenpflicht in begrenzten Gebieten kann auch kontra-produktiv sein. Hundehalter sind der Ansicht, hier darf mein Hund alles.» Der Hund soll laut Hegele – ob angeleint oder nicht – jederzeit unter der Kontrolle des Besitzers stehen. Dem Besitzer müsse es jederzeit möglich sein, den Hund zu rufen und anzuleinen. Speziell gelte dies bei: Spaziergängern, Velofahrern, Joggern, angeleinten Hunden, Hundetraining auf der Rennbahn und Sportaktivitäten auf der Allmend. Hegele sagt: «Wir sind für ein miteinander und nicht gegeneinander. Denn nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme können alle Allmendbenutzer Spass und Freude haben.»

   Hochschule fehlt Geld für Lernburg – nun droht der Abriss

Die Idee hat sich nett angehört. Einer der sechs kleinen ehemaligen Armeebunker auf der Allmend bleibt erhalten und wird zur Lernburg umfunktioniert. Dieser kleine Betonbau dient fortan der Pädogogischen Hochschule (PH) Luzern als Ausgangspunkt für Naturbeobachtungen. Schulklassen inspizieren die Fauna und Flora auf der wilden Allmendwiese neben dem ehemaligen Zentralbahntrassee. Auch der Fledermauskeller steht ihnen offen. Diesen Freitag haben die Abbrucharbeiten an den restlichen fünf Ex-Häuserkampfanlagen begonnen.

170’000 Franken für Umbau

Doch möglicherweise werden nun alle sechs dem Erdboden gleichgemacht. Denn: «Aktuell fehlt es der PH an den nötigen finanziellen Mitteln für den Unterhalt des Baus und das benötigte Material.» Das sagt Stefan Herfort vom städtischen Umweltschutz. Die Stadt hätte den Bunker, wo früher im Sommer gelegentlich Technoparties stattfanden, für 170’000 Franken saniert und umgebaut und der PH zur Verfügung gestellt. «Wenn wir bis Ende Jahr zusammen mit PH Luzern keine mittel- bis langfristig tragfähige Lösung für den Betrieb gefunden haben, müssen wir auf die Lernburg verzichten und den Bunker abreissen», so Herfort.

Dieser alte Armeebunker könnte als Lernburg erhalten bleiben.

Dieser alte Armeebunker könnte als Lernburg erhalten bleiben.

(Bild: Luca Wolf)

Dieser alte Armeebunker wird definitiv abgerissen.

Dieser alte Armeebunker wird definitiv abgerissen.

(Bild: Luca Wolf)

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Cantucci
    Cantucci, 13.09.2021, 17:17 Uhr

    Die Ranger sollten sich vielleicht auch Mal um die Hundefreilaufzone kümmern und dort die Velofahrer/Biker wegbeordern. Die Hundefreilaufzone ist keine Biker-Rennbahn, zumal sich der Veloweg nur wenige Meter daneben befindet. Es gibt keine nachvollziehbaren Gründe, wieso die Hundefreilaufzone mit dem Bike durchquert werden muss. Die Hunde sind fernab von der Hundewiese einem Leinenzwang unterworfen. Der für die Hunde zur Verfügung stehende kleine Raum sollte auch ausschliesslich nur den Vierbeinern und ihren Besitzern zur Verfügung stehen. Hunde springen und spielen dort herum, toben sich aus. Durch vorbeiflitzende Biker werden sie irritiert und es könnte zu schlimmen Unfällen für Zwei- und Vierbeiner führen. Auch wird die Hundewiese zunehmend immer wieder von Pick-Nick-Begeisterten belagert, die das Herumtollen der Hunde nicht immer freudig begrüssen. Das gibt jeweils immer wieder Anlass zu Streitigkeiten die nicht sein müssten. Ich appelliere um etwas gegenseitige Rücksichtnahme und mehr Verständnis untereinander. Biker haben viele Routen und Möglichkeiten und diese müssen nicht unbedingt durch ein Naturerholungsgebiet führen und schon gar nicht durch eine Hundefreilaufzone.

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