Krisensitzung findet heute statt

Luzerner Züchter werden Schweinefleisch nicht los

Schwein gehabt: Mehrere Tausend Luzerner Schweine können nicht geschlachtet werden, weil es zu wenig Abnehmer gibt. (Bild: Suisseporcs)

Den Konsumenten dürfte die Situation auf dem Schweinemarkt freuen: Metzger und Detailhändler senken die Preise für das Schweinefleisch. Mit dieser Massnahme sollen die Züchter entlastet werden, denn im Kanton Luzern finden schätzungsweise mehrere tausend Schweine keinen Abnehmer. Die Tendenz verspricht keine rasche Beruhigung des Marktes.

Die Schweinefleisch-Branche ist in Aufruhr. Die Züchter werden zurzeit ihre Tiere nicht los. Laut dem «Schweizer Bauer» gibt es schweizweit 40’000 bis 50’000 Schweine, die nun geschlachtet werden sollten – doch es fehlt an Abnehmern. Besonders betroffen ist der Kanton Luzern, denn hier leben bekanntlich mehr Schweine als Menschen. Laut einer Erhebung von Lustat aus dem Jahr 2011 kommen auf 381’966 Personen 423’953 Schweine. Wie hoch der Überhang alleine in Luzern ist, kann Franz Hegglin, vom Schweizerischen Schweinezucht- und Schweineproduzentenverband «Suisseporcs» nicht genau sagen. Er schätzt die Zahl auf etwa mehrere Tausend. Hegglin ist Präsident der Zentralschweizer Schweinebörse.

Krisensitzung findet jetzt statt

Das Überangebot drückt auf den Preis. Dieser ist laut Hegglin so tief wie schon lange nicht mehr. Nach zwei durchaus positiven Jahren lag der Kilopreis für Schweinefleisch diesen Juli noch bei 4.70 Franken pro Kilo für die Produzenten. «Heute liegt der Kilopreis bei 3.40 Franken. In den besten Zeiten waren es 8.50 Franken bei den Zuchtferkeln», erinnert er sich. Markus Käppeli, ebenfalls von Suisseporcs, spricht von «mehr als einer saisonalen Schwankung». Er sagt: «Die Situation ist dramatisch. Züchter und Mäster leiden.»

Deshalb wollen die Beteiligten reagieren. An der gestrigen Schweinebörse in Sempach wurde klar: 90 Prozent der regionalen Züchter und Mäster bringen ihre Schweine nicht los. Jeweils sechs Züchter, sechs Mäster und sechs Händler bestimmen hier wöchentlich den Schweizer Kilopreis für die nächste Woche. Dies in Absprache mit der Sektion Ostschweiz. Beide Sektionen schliessen weitere Preisabschläge nicht aus, beschlossen aber vorerst den Preis bei 3.40 Franken zu belassen. Die Sektionen Zentralschweiz und Ostschweiz hoffen, dass sich schon heute eine Lösung abzeichnen könnte.

Denn heute Mittwoch treffen sich Vertreter der Branche in Bern unter der Federführung des Branchenorganisation «Proviande» zu einer Krisensitzung. Auch Hegglin wird daran teilnehmen, doch er macht sich nichts vor. «Das Resultat wird kein fertiges Rezept für das Problem sein.» Wichtig sei, dass die ganze Kette vom Züchter bis zum Händler an einem Strang zieht.

Krise hat viele Gründe

Obwohl zurzeit «alle Beteiligten Haare lassen müssen», wie es Hegglin nennt, kenne er keinen Bauern, der seine Existenz nicht mehr halten könnte und den Hof aufgeben muss. «Die Betriebe wurden während der letzten 20 Jahre grösser und haben sich professionalisiert.» Wäre ein Umstellen auf eine andere Tierart nicht die Lösung für die Überproduktion? «Nein», sagt Hegglin. Eine Umstellung sei nicht einfach und mit grossen Kosten verbunden. «Ein Bauer kann nicht einfach Hühner in seinen Schweinestall stellen.» Der Stall würde zuvor unter vielen Vorschriften umgebaut werden müssen. 

Der Absatzeinbruch kam Anfang August mit voller Wucht. Die Gründe sind vielseitig. Einerseits haben die Züchter nach dem Hoch der letzten beiden Jahre wieder mehr zu produzieren begonnen, andererseits sorgte die schlechte Grillsaison für weniger Abnehmer. Hegglin kritisiert den Einkaufstourismus sowie den Teilstückimport, mit dem günstigeres Schweinefleisch aus dem Ausland importiert wird. Zudem vermisst Hegglin eine klare Deklaration des Fleisches, das oft eben aus dem Ausland stamme. Laut dem «Tages Anzeiger» wurden im Jahr 2013 rund 1’671 Tonnen in die Schweiz eingeführt. Und bereits Ende August diesen Jahres sei diese Zahl übertroffen worden. Aktuell seien es bereits 2’117 Tonnen.

Schweinefleisch im Laden günstiger

Um das Problem langfristig zu lösen, schlägt Hegglin vor, die Produktion zu drosseln. «Jeder Züchter müsste fünf bis zehn Prozent weniger produzieren. Die Metzger auf der anderen Seite sollten die Preisabschläge schneller an die Konsumenten weitergeben», so Hegglin. Kurzfristig müsste der Überhang abgebaut werden. «Im Idealfall sollten wir 20’000, 30’000 überschwere Schweine aus dem Markt nehmen und zu exportieren. Aber das braucht Geld. Denn im Ausland können wir unser Schweinefleisch nur zu Schundpreisen verkaufen.»

Immerhin für die Konsumenten dürfte sich die Situation auszahlen. Denn die Metzger und Detailhändler haben angekündigt, die Preise zu senken, oder haben dies bereits gemacht. Coop beispielsweise wirbt aktuell mit einer Preisreduktion von 33 Prozent auf das gesamte Schweinefleisch-Sortiment. Dennoch: «Bei den Bestellungen haben die Vermarkter davon noch nichts gemerkt. Sie befinden sich im Rahmen des Vorjahres. Das wird nicht reichen, um den Überhang abzubauen», sagt Käppeli.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon