Betroffener erklärt fiese Abzocke

Luzerner Wirt von Starkoch um 24’000 Franken geprellt

Da war die Welt noch in Ordnung: Joel Kraaz mit seiner damaligen Freundin Steffi Durrer. Auch sie wurde von ihm geprellt.

(Bild: Pascal Gut)

Ein Luzerner Wirt sprang bei einer Veranstaltung für den renommierten Koch Joel Kraaz ein. Dieser strich das Honorar aber schamlos selbst ein. Der Betroffene spricht von einer Schande für die Gastroszene und hat Anzeige erstattet.

Die glanzvolle Karriere von Joel Kraaz (31) schien vorgespurt. Im Herbst 2017 erlangte der Nachwuchskoch grosse Bekanntheit, als er in der deutschen Fernsehsendung «The Taste» den Sieg nur knapp verpasste. Wohnhaft war der dreifache Familienvater aus Ottenbach (ZH) damals in Neuenkirch (zentralplus berichtete).

Sein Talent liess Kraaz aber bereits früher aufblitzen und machte sich so in der Szene einen Namen. Schon in jungen Jahren bekam er Anstellungen in den ganz grossen Restaurants der ganzen Schweiz, darunter auch im damals neu eröffneten Hilton in Zürich. Mit nur 23 Jahren war er das erste Mal Küchenchef eines Restaurants.

Riesiger Schuldenberg

Doch nun scheint der Aufstieg ein jähes Ende zu nehmen. Wie der «Blick» am Montag berichtete, sitzt der Koch auf einem Schuldenberg von 400’000 Franken. Kraaz hat seine Verfehlungen gegenüber der Zeitung gestanden. Dutzende Gläubiger warten auf teils grosse Beträge aus Darlehen, die sie Kraaz für dessen Projekte geliehen haben.

Darunter auch der Luzerner Sven Gloor, der in Neudorf das Grillrestaurant «Füür ond Flamme» betreibt und Mitinhaber des Sandwichladens «S’elfie» ist (zentralplus berichtete). Er hatte für Kraaz im August 2018 kurzfristig die Organisation eines Geburtstagsfestes mit 150 Leuten übernommen, da dieser angeblich verhindert war. Equipment, Fahrzeuge und Personal stellte er zur Verfügung. Kostenpunkt: Knapp 24’000 Franken. Doch auf das Geld wartet er bis heute, wie Gloor auf Anfrage sagt. 

Wie er beim Veranstalter des Geburtstagsfestes in Erfahrung bringen konnte, habe Kraaz vor dem Anlass jedoch selber einen namhaften Barbetrag abgeholt, von dem allerdings kein einziger Rappen weitergereicht worden sei. Gloor hat mittlerweile Strafanzeige eingereicht.

Betrügerische Absichten

Entsprechend wütend ist Gloor. «Joel Kraaz hat uns ein tiefes und sehr schmerzhaftes Loch in die Kasse gerissen. Dank Rückstellungen, die eigentlich für andere Projekte vorgesehen waren, konnten wir dieses aber irgendwie stopfen.» So habe er mittlerweile zumindest den Angestellten, die am Anlass im Einsatz standen, die Löhne überweisen können, sagt Gloor. «Ich selber musste aber natürlich einige Abstriche machen», ärgert er sich. 

«Es wurde uns leider erst im Nachhinein klar, dass Kraaz die Absicht hatte, uns zu betrügen und was er tatsächlich für ein Mensch ist», so Gloor. Dennoch habe es ihm ziemlich schnell gedämmert, dass er und viele weitere gezielt über den Tisch gezogen wurden. Rund 50 weitere Opfer konnte Gloor ausfindig machen.

Kraaz habe er nur kurz kennengelernt, als sich dieser wegen der Organisation des Events bei ihm gemeldet hatte. Ein persönliche Beziehung zu ihm pflegte Gloor also nicht. Weder privat noch geschäftlich. Der Auftrag sei für ihn wichtig gewesen, weil er erst kurz zuvor viel Geld in die Erweiterung seiner Beiz investiert habe, die aber wegen des Traumwetters nicht wie geplant lief, erzählt Gloor.

«Ich wünsche mir, dass Veranstalter rasch davon abkommen, diesen Schandfleck der Gastroszene für ihre Anlässe zu engagieren.»

Sven Gloor, Betreiber des «Füür ond Flamme»

«Ein Schandfleck»

«Ich musste lange auf mein Geld warten und es gab immer sonderbare Gründe für die Verzögerung der Zahlungen», erinnert sich Gloor. Zudem habe ihm Kraaz gefälschte Bankauszüge zugestellt, um seine Liquidität zu beweisen und ihn auf später zu vertrösten. Im Nachgang der Geschichte ist Gloor auf rund 50 weitere Geschädigte gestossen, wie er erzählt. Darunter die bei «Blick» erwähnten Personen.

Ob er je etwas von seinem Geld sehen wird, bezweifelt Gloor. «Wir geben die Hoffnung aber nicht auf», sagt er und verweist auf die Lohnpfändung. Dies hänge aber natürlich davon ab, ob Kraaz überhaupt einen Job und Aufträge hat. Kraaz hat kürzlich seine eigene Firma gegründet, deren Angestellter er ist.

«Es wird für potenzielle Auftrag- und Arbeitgeber sicher nicht unbedingt von Vorteil sein, jemanden wie Kraaz als Aushängeschild zu präsentieren», ist sich Gloor bewusst. Gleichzeitig hofft er, dass Kraaz möglichst rasch gestoppt wird. «Ich wünsche mir, dass Veranstalter rasch davon abkommen, diesen Schandfleck der Gastroszene für ihre Anlässe zu engagieren», sagt er mit Nachdruck.

Die ganze Familie geprellt

Neben Kollegen aus der Gastrobranche hat sich Kraaz auch bei seiner eigenen Familie bedient. So plünderte er die Konti seiner damaligen Freundin Steffi Durrer sowie seiner Kinder. Das Paar hat sich mittlerweile getrennt, Kraaz schuldet Durrer aber nach wie vor eine Stange Geld. Ebenso deren Grossmutter, die er laut «Blick» um gut 12’000 Franken erleichtert hat.

Kraaz wohnt laut seinem Facebook-Profil aktuell im Kanton Zug. Als Pfändung eingeleitet wurde, wohnte er aber in Ruswil, weshalb sie dort abgewickelt wird. Wie viel Geld seither tatsächlich bei den Behörden eingegangen ist, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Obwohl der Fall öffentlich bekannt ist, sei es aus rechtlichen Gründen nicht möglich, weitergehende Infos preiszugeben, heisst es aus Ruswil.

Hinweis der Redaktion: In einer ersten Version wurde erwähnt, dass Joel Kraaz und Steffi Durrer drei gemeinsame Kinder hätten. Das ehemalige Paar hat jedoch keine gemeinsamen Kinder.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 22.01.2019, 11:20 Uhr

    «Kraaz wohnt aktuell offenbar im Kanton Zug…» Immer wieder interessant, dass offenbar der Kanton Zug eine unwiderstehliche Magnetwirkung auf Menschen mit fragwürdigen Geschäftsabsichten hat. Warum das wohl so ist? Nach der Revolution muss man dieses Gebiet wohl zu einer Notstandszone erklären.

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