Einblick in die modernen Katakomben

Luzerner Wartegghügel wird zum Datenbunker

Das Rechenzentrum Stollen befindet sich derzeit noch im Rohbau. (Bild: Jan Rucki)

Die Bauarbeiten am neuen Rechenzentrum Stollen des Luzerner Energieversorgers EWL sind weit fortgeschritten. Das Projekt verläuft nach Plan, auch wenn es während des Baus immer wieder grössere Herausforderungen gab.

Wer zum Segelclub Tribschenhorn flaniert und dem Sportfeld der Kantonsschule Alpenquai entlang geht, dem dürfte in den vergangenen zwei Jahren eine Baustelle aufgefallen sein. Speziell an ihr ist nur, dass sie viel grösser ist als man denkt.

Denn: Gebaut wird ein neues Rechenzentrum – und zwar unterirdisch. So wird der alte Zivilschutzbunker, der einst für den Luzerner Regierungsrat und die Schülerinnen der Kantonsschule gedacht war, nun durch die Luzerner Energieversorgerin EWL umfunktioniert.

Aus Zivilschutzanlage mach Rechenzentrum

Marco Reinhard, Geschäftsführer EWL Rechenzentrum AG, sagt gegenüber zentralplus, wie es zu dieser Umnutzung kam: «2011 entliess der Regierungsrat den Warteggstollen aus der Funktion als Zivilschutzanlage. Der Stollen ging 2012 in den Besitz der Stadt Luzern über. Da der Bunker als Zivilschutzanlage keine Verwendung mehr hatte, suchte die Stadt Luzern einen neuen Verwendungszweck für den abgeschirmten Bunkerkomplex.»

Bei der EWL habe man die Gunst der Stunde damals genutzt und mit der Planung des Rechenzentrums Stollen begonnen. Nach umfassenden Planungsarbeiten wurde im April 2019 mit den Bauarbeiten beim Wartegghügel begonnen, auf dem das Richard-Wagner-Museum steht: «Seit dem Start ist der Bau des Rechenzentrums Stollen Luzern weit fortgeschritten. Unter anderem auch der Rohbau des Kopfgebäudes, der im September 2021 fertiggestellt wird.»

Auch im Innern des Stollens nahm das Rechenzentrum Form an. Reinhard führt aus: «Einzelne Stollen sind baulich bereits fertig, einzig die technische Ausrüstung fehlt noch. Andere Stollen befinden sich noch im Bau, sie werden frisch betoniert und sauber abgedichtet.»

Das Projekt lief bisher nach Plan: «Als Herausforderung erwies sich der harte Fels um den Stollen herum, der grössere Sprengungen notwendig machte. Der Bau des Rechenzentrums Stollen Luzern läuft aber nach aktuellem Plan. Wir werden im ersten Quartal 2022 in Betrieb gehen können.»

Nachhaltigkeit inklusive Wiederaufforstung

Reinhard betont, dass es sich beim Bau des neuen Rechenzentrums um ein Projekt handle, das langfristig bestehen soll und bei dem auch Nachhaltigkeit und Effizienz eine grosse Rolle spielen. Dies auch bereits während der Bauphase.

Ein Grossteil des Stollens konnte somit nämlich im selben Zustand belassen werden wie er bisher war: «Die fünf Hauptstollen können mehr oder weniger im Urzustand belassen und ausgerüstet werden. Für die technischen Anlagen und die Zutrittssysteme mussten zusätzlich einzelne Stollen neu durchbrochen und erweitert werden», so Reinhard.

Er macht deutlich, dass dadurch sogenannte graue Energie eingespart wird. Auch die Kühlung des Rechenzentrums wird nachhaltig realisiert: «Mit dem Bau neuer See-Energie-Leitungen wurde die Basis gelegt für die künftige Versorgung des Rechenzentrums mit ökologischer Energie aus dem Vierwaldstättersee.»

«Als sogenanntes Colocation Rechenzentrum bietet das neue Datacenter Räumlichkeiten und Dienste für Unternehmen, die ihre Daten auslagern möchten.»

Marco Reinhard, Geschäftsführer EWL Rechenzentrum AG

Um die Bauarbeiten umsetzen zu können, musste ein Teil des Wartegghügels abgetragen werden. Dortl, wo noch ein grosses Loch im Hügel klafft, soll aber demnächst wieder Form in die Sache hinein gebracht werden: Nach der Fertigstellung des Rechenzentrums wird das Terrain wiederhergestellt und die Vegetation wieder aufgeforstet.

Unklare Vermietungslage

Ab Frühjahr 2022 werden also auf insgesamt 1640 Quadratmetern rund 600 Serverracks ihren Platz finden. Doch wer wird eine solch grosse Infrastruktur nutzen?

Einerseits die EWL selbst sowie ihre Tochtergesellschaft Arcade Solutions AG. Auch die Stadt Luzern wird neben Kunden diverser Branchen Serverinfrastrukturen ins neue Rechenzentrum zügeln.

Reinhard sagt: «Als sogenanntes Colocation Rechenzentrum bietet das neue Datacenter Räumlichkeiten und Dienste für Unternehmen, die ihre Daten auslagern möchten. Etwa, weil sich der Bau eines eigenen Rechenzentrums für sie nicht lohnt.»

Über die Anzahl derzeitig bereits vermieteten Racks kann die EWL noch nichts sagen. Reinhard sagt: «Die Sicherheit von Daten ist für viele Firmen ein zentrales Thema und wir stehen aktuell mit diversen Unternehmen in Verhandlungen.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Renter
    Renter, 21.08.2021, 08:52 Uhr

    Baut endlich ein Tunnel unten durch Richtung Kriens Anschluss A2 die Pläne sind schon ewig in der Schublade

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  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 18.08.2021, 21:45 Uhr

    Find ich gut. Wenn man die Welt digalisieren will, sind aber noch ein paar mehr solche Stollen nötig. Vorallem Swisscom hat’s nötig.
    Vom Bund wollen wir gar nicht reden, einfach marode.
    Es gibt noch viele unbenutzte Bunker.
    Es geht ja auch um Sicherheit.
    Zum Schluss, was ist bei Stromausfall. Solche Anlagen haben sicher einen Notstromgenerator und Kondensatoren.
    Aber was ist mit dem Rest der Welt.

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