Auf die Haltung kommt's an

Luzerner Studenten wollen deine WC-Besuche revolutionieren

Soll den WC-Besuch angenehmer, kürzer und gesünder machen: der «Birdy» der Luzerner Studenten Raphael Amrein und David Bürgisser. (Bild: Birdy / zvg)

Die richtige Haltung ist wichtig, beim Sport, auf dem Bürostuhl – und auf dem Klo. Zwei Luzerner Studenten haben einen Hocker entwickelt, der dich in die perfekte WC-Position bringen soll. Für ein unverkrampftes und gesünderes Geschäft.

Menschen, die einen Bürojob haben, kennen das Problem: stundenlanges Sitzen, kaum Bewegung und im unglücklichsten Fall noch ein schlechter Bürostuhl, der einen in die Haltung eines geriatrischen Shrimps zwingt.

Mit Luftkissen, aufblasbaren Sitzbällen oder Rückenstützen kann man im Büro – oder im Homeoffice – gegen dieses Problem gut angehen. Nun gibt es aber noch einen anderen Ort, an dem wir täglich ebenfalls Zeit vebringen und wo die Haltung genauso entscheidend ist: das Klo.

Keine Macht den Hämorrhoiden

«Durch unsere gewöhnliche Sitzhaltung auf der Toilette erzeugen wir einen Knick im Enddarm», sagt der Luzerner Student Raphael Amrein (28). Durch diese Sitzhaltung könnten Krankheiten wie Verstopfungen, Reizdarm oder Hämorrhoiden entstehen.

Darum hat Amrein mit seinem Kollegen David Bürgisser Birdy kreiert. Das Start-up spezialisiert sich auf die Herstellung von Toilettenhockern aus lokaler Forstwirtschaft. «Unser Toilettenhocker bewirkt eine ergonomischere Haltung auf dem stillen Örtchen», erklärt Amrein.

Die Monarchie hat Schuld

Die Idee dahinter: Während dem grossen Geschäft stützt man die Füsse auf den Schemel und sorgt so dafür, dass der Körper automatisch eine andere Haltung annimmt, in der kein Knick im Enddarm entsteht und so die Verdauung ungehindert ihres Weges gehen kann.

«Es ist medizinisch erwiesen, dass eine hockende Haltung beim Stuhlgang gesünder ist als eine sitzende Haltung.» Amrein erklärt ausserdem, wie es überhaupt zu der heutigen – ungesunden – Haltung gekommen ist. «Früher haben Menschen ihre Notdurft auf natürliche Weise in der Hocke verrichtet. Das WC als solches, das die sitzende Haltung erzwang, kam dann später mit der Monarchie und hat sich seither etabliert.»

Aus eigener Erfahrung

Aber wie kommen zwei 28-jährige Studenten darauf, einen Klohocker zu entwerfen? Die Idee rund um Birdy entstand in ihrer damaligen Wohngemeinschaft in Luzern. Um einer Hämorrhoidenerkrankung entgegenzuwirken, wurde auf Empfehlung des Hausarztes ein Untersatz für die Füsse unter die Toilette gestellt.

«Mit dem Hocker macht man was Gutes für sich selbst, unterstützt aber auch noch eine soziale Institution.»

Raphael Amrein, Mitbegründer Birdy

Der Untersatz tat zwar seine Wirkung und wurde sowohl für Amrein als auch Bürgisser unentbehrlich, konnte jedoch optisch nicht überzeugen. Darum haben sich die beiden in einer Werkstatt ihren persönlichen Holzhocker kreiert. Die Idee, das Produkt zu professionalisieren, kam nach einigen WG-Partys, als Besucher zunehmend Interesse an dem Hocker bekundeten.

Soziales Engagement

«Wir haben uns dann mit der Stiftung Rütimattli in Sachseln zusammengetan», erklärt Amrein weiter. Gemeinsam mit Stefan Jans, dem Leiter der Holzwerkstatt der Stiftung, haben die beiden die finalen Designs ausgearbeitet und auch das Konzept der Produktion festgelegt.

Verwendet wird Holz aus lokalem Anbau und ein Teil der Einnahmen geht an die Stiftung zurück, die mit Menschen mit Beeinträchtigungen zusammenarbeitet. Ein Engagement, auf das die beiden Luzerner grossen Wert legen. «Mit dem Hocker macht man was Gutes für sich selbst, unterstützt aber auch noch eine soziale Institution», so Amrein.

Berührungsängste als grosse Hürde

Ein grosses Problem bei der Vermarktung des Hockers ist die Berührungsangst der Leute. «Für viele ist die Verdauung nach wie vor ein Tabuthema.» Deswegen legen Amrein und Bürgisser Wert auf eine offene und direkte Kommunikation. Auch auf Socialmedia. «Es ist wichtig, zur Sache zu stehen und die Dinge beim Namen zu nennen.»

Eine Strategie, die sich langsam auszahlt. Bereits 150 ihrer hölzernen Begleithocker für den heimischen Keramikthron haben die beiden Luzerner verkauft. Die nächste Charge soll Mitte März verfügbar werden. Aktuell gibt es den Birdy in zwei Ausführungen: den «Klassiker» für 120 Franken und den «Designer» für 140 Franken.

Der «Klassiker» im Einsatz. (Bild: Birdy / zvg)

Das Produkt verkauft sich

Vielleicht liegt der bisherige Verkaufserfolg auch am neugewählten Namen. «Wir wollten es zuerst Kackbrett nennen, entschieden uns dann aber für Birdy. Weil man sich nach der Benutzung vögeliwohl fühlt», erklärt Amrein lachend.

Längerfristig erhoffen sich die beiden Studenten für ihr Start-up ein langsames, aber stetiges Wachstum. Aktuell ist Birdy noch ein Nebenprojekt, dass die beiden abseits ihres Masterstudiums führen. «Wenn wir daraus eine Hauptbeschäftigung machen können, wäre das toll.»

Und die ersten Schritte in diese Richtung sind bereits gemacht: «Wir führen derzeit Gespräche mit Fachärzten und einem Geburtshaus in Bern», denn schwangere Frauen, erklärt uns Amrein, haben aufgrund ihrer Schwangerschaft auch oft mit Engpässen im Verdauungstrakt zu kämpfen.

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