Geplantes Grossprojekt erhält definitive Abfuhr

Luzerner Stadtrat: «Parking Musegg ist nicht zukunftsträchtig»

Noch keine schlaflosen Nächte: Das Amt des Stadtpräsidenten raubt Beat Züsli (noch) nicht den Schlaf.

(Bild: giw)

Der Luzerner Stadtrat sieht keine Zukunft für das Parking Musegg, wie heute bekannt wurde. In einer hastig vorverschobenen Medienkonferenz nahm Stadtpräsident Beat Züsli Stellung. «Für eine Aufwertung der Innenstadt braucht es kein Parkhaus Musegg.» 2018 soll ein Gegenvorschlag zur Initiative erarbeitet werden. Sonst aber bleibt vieles offen.

Es war bestimmt kein gemütlicher Mittag für den Luzerner Stadtrat. Am späten Vormittag liessen die zehn privaten Initianten des Musegg Parkings eine Bombe platzen, deren Zündung der Stadtrat eigentlich erst für den Montag vorgesehen hatte: Nämlich, dass der Stadtrat dem geplanten Parkhaus im Musegghügel eine Abfuhr erteilen will. Diese Information ist den Parking-Initianten gemäss deren Aussage zugespielt worden (zentralplus berichtete).

Hastig legte die Stadt die offizielle Medieninformation deshalb auf den Freitagnachmittag vor. Stadtpräsident Beat Züsli (SP) zeigte sich denn auch wenig erfreut über das Vorpreschen der privaten Initianten (siehe Box).

Gegenvorschlag geplant

Doch die Haltung der Stadtregierung ist deutlich: Das Parkhaus Musegg sei nicht zukunftsträchtig. Der Stadtrat lehnt deshalb die Volksinitiative «Aufwertung der Innenstadt» ab und wird 2018 einen Gegenvorschlag erarbeiten. Die im Mai eingereichte Initiative von den bürgerlichen Parteien und Wirtschaftsverbänden verlangt, dass die Debatte zum Parkhaus Musegg wieder aufgenommen wird, nachdem das Parlament dem Projekt Ende 2016 den Stecker zog (zentralplus berichtete).

«Im Hinblick auf den rasanten technologischen und gesellschaftlichen Wandel erachtet der Stadtrat ein Parkhaus mit über 650 Autoparkplätzen als nicht zukunftsträchtig», schreibt die Stadt in einer Mitteilung. Bis dahin seien Trends wie automatisiertes Fahren oder Sharing denkbar, sagte Daniel Meier, Leiter des Tiefbauamts. «Es wird betreffend Verkehr ein sehr starker Wandel stattfinden, für den das Parkhaus Musegg keine Lösung sein wird.» 

«Für eine Aufwertung der Innenstadt braucht es kein Parkhaus Musegg.»

Beat Züsli, Stadtpräsident

Dazu kommt: Für das Parking Musegg müssten rund 300 oberirdische Parkplätze als Kompensation abgebaut werden. «Für eine Aufwertung der Innenstadt ist das zu viel», so Meier. Ein Abbau in dieser Grössenordnung sei zudem besonders für das Gewerbe einschneidend.

Für den Stadtrat ebenfalls gegen das Projekt sprechen die Folgen für die Stabilität der Museggmauer und das finanzielle Risiko für die Stadt.

Aufwertung ohne das Parkhaus

Mit dem klaren Nein folgt der Stadtrat einer Motion der sogenannten Ökoallianz, die Ende 2016 für den ersten grossen Dämpfer des Parking Musegg verantwortlich war. SP, Grüne und GLP forderten im Mai, dass der Stadtrat die Volksinitiative für das Musegg-Parking ablehnt und einen Gegenvorschlag präsentiert.

Genau das tut er nun. Im Gegenvorschlag will der Stadtrat die Stossrichtung der Entwicklung der Innenstadt aufzeigen. «Dafür braucht es aber kein Parkhaus Musegg», so Stadtpräsident Beat Züsli. Deshalb wolle man eine Alternative bieten.

Wo war das Leck?

Die Information über die Haltung des Stadtrates ist auf inoffiziellem Weg zu den Initianten des Musegg-Parking gelangt. Die Stadt hat keine Kenntnis darüber, wo das Leck bestand. Klar ist: Alle Stadtparlamentarier haben die Informationen erhalten – mit Mediensperrfrist. Stadtpräsident Beat Züsli: «Wir bedauern die Weitergabe und werden den Vorfall mit der Geschäftsleitung des Grossen Stadtrates besprechen.»

Einerseits will der Stadtrat oberflächliche Parkplätze aufheben, um die Stadt aufzuwerten. Gleichzeitig soll die Verfügbarkeit der Parkplätze für Kunden und das Gewerbe optimiert werden. Der Gegenvorschlag soll bis im Juni 2018 dem Parlament vorgelegt werden, sodass die Stadtbevölkerung im September 2018 über die Volksinitiative für das Musegg-Parking sowie den Gegenvorschlag abstimmen kann. Der nächste Termin steht aber früher an: In knapp zwei Wochen diskutiert das Stadtparlament über die Motion von SP, Grüne und GLP zum Thema.

Zukunft der Carparkplätze

Wie es hingegen mit den Carparkplätzen weiter geht, ist noch immer weitgehend offen. «Der Stadtrat stellt sich klar hinter den Cartourismus und ist sich dessen wirtschaftlicher Bedeutung bewusst», hielt Daniel Meier fest. Das neue Regime am Schwanen- und Löwenplatz beurteilt die Stadt als positiv. «Doch es braucht weitere Optimierungen.» So will die Stadt nächstes Jahr ein Leitsystem für Cars einführen, das den Chauffeuren anzeigt, wo es freie Plätze hat.

«Aus meiner Sicht haben wir keine Kehrtwende vollzogen.»

Beat Züsli, Stadtpräsident

Mittelfristig ist es laut dem Stadtrat vertretbar, dass Cars am Schwanenplatz Touristen ein- und ausladen. Auf lange Dauer soll die Innenstadt aber vollständig vom Carverkehr entlastet werden. Wie genau, soll nochmals analysiert werden. Der Stadtrat will «den Blick noch einmal öffnen», geht aus der Antwort auf die Motion von SP, Grüne und GLP hervor. Um neue Optionen zu generieren, werden Experten beigezogen. «Es ist eine schwierige Aufgabe», sagte Daniel Meier mit Blick auf mögliche neue Ideen. Aber: «Der Stadtrat hat entschieden, nochmals die Anstrengungen zu unternehmen und Ressourcen frei zu machen, um einen Schritt weiterzukommen.» Es wird mit Kosten von rund 100’000 Franken gerechnet.

Offensichtlich beurteilt die Stadt das Problem aber gar nicht als ausserordentlich dringlich: «Am Gesamtverkehrsaufkommen nimmt der Carverkehr einen kleinen Anteil ein», relativierte Meier und plädierte für eine Gesamtsicht. Der Carverkehr belaste das Strassennetz und den Verkehrsfluss nur gering.

Züsli weist Vorwurf zurück

Weniger gelassen ist man auf der Gegenseite. Die privaten Initianten reagierten diesen Freitag «konsterniert» über das definitive Nein des Stadtrates – und wählten klare Worte. Von einem Affront ist die Rede, von einer unredlichen und zynischen Haltung der Stadt.

Beat Züsli kann die Enttäuschung über den Entscheid verstehen. Mühe habe er aber mit der Aussage, dem Stadtrat fehle das Rückgrat, um die Initianten persönlich zu informieren. «Diesen Vorwurf kann ich nicht akzeptieren», sagt der SP-Politiker. Die Stadt habe geplant, die Musegg Parking AG am Freitagnachmittag zu informieren – doch da kam ihm bekanntlich jemand zuvor.

«Es ist im Moment schwierig zu sagen, wo Fehler passiert sind.»

Beat Züsli, Stadtpräsident

Auch von einem Umschwung will Züsli nichts wissen. Der Stadtrat habe nie ein klares Ja zum Parking Musegg geäussert, sondern stets auf die offenen und kritischen Punkte hingewiesen. «Aus meiner Sicht haben wir also keine Kehrtwende vollzogen», sagte Züsli. Er negierte zudem, dass der kürzlich ins Spiel gebrachte Carparkplatz unter dem Schweizerhofquai eine Rolle spielte. «Das Seeparking war bei der Entscheidfindung kein Thema», versicherte er.

Schlechtes Signal an Private?

Dennoch: Der Scherbenhaufen für die Parking Musegg AG ist perfekt. Und entsprechend harsch ihre Kritik am Stadtrat. Was bedeutet das für zukünftige Grossprojekte, denen sich die Stadt Luzern ja explizit nicht verschliessen will? Welche Lehren zieht man aus dem Fall Musegg-Parking?

«Es ist im Moment schwierig zu sagen, wo Fehler passiert sind», sagt Beat Züsli dazu. Der Stadtrat werde voraussichtlich in «einer ruhigen Minute» mit den Privaten vom Parking Musegg besprechen, was nicht gut gelaufen sei. 

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4 Kommentare
  • Profilfoto von Marcel Sigrist
    Marcel Sigrist, 09.09.2017, 13:22 Uhr

    Nun aber mal Schluss mit Jammern, liebe Musegginitianten. Das Museggloch bringt weiterhin zuviel Verkehr in die Stadt und löst das Carproblem in keiner Weise. Um das Carproblem zu lösen sind rund 150 Carparkplätze ausserhalb der Stadt und eine unabhängige und direkte ÖV-Verbindung in die Innenstadt notwendig. Einziger Fehler der Stadt ist, dass sie das selber auch noch nicht gecheckt hat.

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  • Profilfoto von Silvio Bonzanigo
    Silvio Bonzanigo, 08.09.2017, 23:35 Uhr

    Links-Grün befindet sich im stadträtlichen Blutrausch: keine Autos an der Bahnhofstrasse, keine Busse auf dem Inseli, keine Abgabe von Grundstücken an private Investoren, dann die Abfuhr für das Parkausprojekt im Ibach, jetzt der Dolchstoss gegen das Parkhaus Musegg.
    In den Hauptrollen dieses Dramas: Beat Züsli (SP) als Stardemagoge und Adrian Borgula (Grüne) als Grossdogmatiker. In weiteren Rollen: Manuela Jost (GLP) als zahnlose Magd Betty, Martin Merki (FDP) als ständiger Statist und Franziska Bitzi (CVP) als stille Beisitzerin – eine ganz famose Truppe!
    Dass die kantonale Tiefsteuerstrategie für juristische Personen auch an der Wirtschaftsfeindlichkeit dieses Stadtrates scheitert, ist selbstverständlich.

    Silvio Bonzanigo, alt Co-Präsident CVP Stadt Luzern

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  • Profilfoto von Julia Radulovic
    Julia Radulovic, 08.09.2017, 18:20 Uhr

    «Die Stadt habe geplant, die Musegg Parking AG am Freitagnachmittag zu informieren.» Wie ein Schüler, der um Entschuldigungen ringt.

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  • Profilfoto von Martina Lukas
    Martina Lukas, 08.09.2017, 17:10 Uhr

    Der Stadtrat formuliert Forderungen. Die Initianten denken, wir schaffen das. Sie investieren Zeit, überzeugen Investoren und schaffen es tatsächlich, die Forderungen zu erfüllen. Als einzige. Und nun soll das kleinkarierte Vorgehen des Stadtrates keine Kehrtwende sein? Die Lösung mit erheblich weniger PW-Parkplätzen wäre allemal eine Debatte wert gewesen!

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