Bildung, Sicherheit und Gesundheitswesen betroffen

Luzerner Regierung setzt auf notfallmässige Sparmassnahmen

Regierungspräsident Marcel Schwerzmann mit dem Finanzleitbild 2017.

(Bild: zvg)

Die Luzerner Regierung konkretisiert gegenüber den Luzerner Parteispitzen ihre Sparpläne. Um das Finanzloch nach der abgeschmetterten Steuererhöhung zu stopfen, will die Regierung kurzfristig 20 Millionen Franken sparen. Sie setzt den Rotstift in praktisch allen Bereichen an, betroffen sind diverse öffentliche Dienstleistungen.

Nach dem überraschenden Nein der Stimmbürger zur Steuererhöhung steht der Kanton Luzern noch stärker in der Misere (zentralplus berichtete). 64 Millionen müssen kurzfristig eingespart werden, um die Schuldenbremse einzuhalten. Erste Massnahmen waren bereits bekannt (zentralplus berichtete).

Nun gibt’s weitere Details, die Luzerner Regierung liess diesen Freitag die Katze aus dem Sack. Die finanzpolitische Auslegeordnung fand im Rahmen der Dulliker-Gespräche statt, des traditionellen Treffens des Regierungsrates mit den Präsidien der im Kantonsrat vertretenen Parteien und Fraktionen.

Gegenstand waren die Orientierung über die kurzfristigen Massnahmen zur Erlangung eines rechtskonformen Voranschlags 2017 und der Ausblick auf die Budgetprozesse 2018 und 2019. Der Regierungsrat legte dar, wie der finanzpolitische Normalzustand in drei Phasen wieder hergestellt werden soll.

Phase 1: Kurzfristiger Leistungsverzicht von 39 Millionen Franken

Der Regierungsrat skizziert den aktuellen Planungsstand wie folgt: Durch die zusätzliche Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank und die Erhöhung der Dividende der Luzerner Kantonalbank reduziert sich der Fehlbetrag von 64 Millionen auf 39 Millionen Franken.

Die Hälfte wird eingespart, indem wegen des budgetlosen Zustands seit Anfang Jahr Ausgaben und Investitionen nicht ausgelöst und Leistungen nicht erbracht werden. Die andere Hälfte, rund 20 Millionen Franken, muss über einen Leistungsverzicht kurzfristig erbracht werden.

Es sind nur Massnahmen möglich, die in der Kompetenz des Regierungsrates liegen; die Zeit für Gesetzesänderungen fehlt. Wesentliche «notfallmässige Leistungskürzungen» sind in folgenden Bereichen möglich:

  • Sozialversicherungen (Reduktion Prämienverbilligung, unter Schonung der Bezüger von Ergänzungsleistungen und wirtschaftlicher Sozialhilfe),
  • Asyl- und Flüchtlingswesen (Kürzung Globalbudget),
  • Stipendienwesen (Beitragsreduktion),
  • Gesundheitswesen (Reduktion der Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen),
  • polizeiliche Sicherheit (Reduktion Patrouillendichte/ präventive Präsenz/ Öffnungszeiten/ Supportleistungen), Kulturbeiträge (Umschichtung),
  • Gymnasialbildung (Anpassung Gemeindebeiträge),
  • Umwelt und Energie (Reduktion Förderbeiträge),
  • Landwirtschaft und Wald (Projektverzicht) und Bibliothekswesen (Reduktion Medienerwerb).

Rechtsunsicherheit und Reputationsschäden drohen

Wie hoch die Sparanteile in den einzelnen Leistungsbereichen sind, sei Gegenstand des laufenden Budgetprozesses 2017. Im Sinne von Sofortmassnahmen hat der Regierungsrat zudem zahlreiche Projekte gestoppt, Sachaufwände eingefroren, den Stellenstopp verschärft und Leistungen ausgesetzt. Noch vor den Sommerferien wolle man detaillierter informieren.

Der Regierungsrat wies auf die dringende Notwendigkeit hin, dass der Kantonsrat im September einen Voranschlag für das laufende Jahr beschliesst. Die wirtschaftlichen Auswirkungen, die Rechtsunsicherheit und die Reputationsschäden, welche Luzern bei andauernd budgetlosem Zustand zu tragen hätte, wären politisch nicht zu verantworten.

Phase 2: Voranschlag 2018

Äusserst anspruchsvoll werde das Voranschlagsjahr 2018, schreibt der Regierungsrat weiter. In diesem Jahr fehlten erneut die aus der Steuerfusserhöhung eingeplanten Mittel. Entlastungen, die Gesetzesänderungen erfordern, wirken nicht rechtzeitig. Das schränke den Handlungsspielraum erheblich ein.

Zudem werden mit der laufenden Organisationsentwicklung 2017 bereits umfangreiche Effizienzsteigerungen in der Verwaltung realisiert. Hier liessen sich kurzfristig keine zusätzlichen Effekte erzielen.

Um die Vorgaben der Schuldenbremse einzuhalten, ist der Haushalt 2018 nach heutigem Planungsstand um 62 Millionen Franken zu entlasten. Nach den jüngsten Volksentscheiden gegen die Erhöhung der Steuern bleiben nur Massnahmen im Bereich Verschuldung und der Abbau von Leistungen. Im Bereich Schulden könnten in der kommenden Junisession, bei der Beratung der Schuldenbremse, noch per 2018 wirksame Anpassungen beantragt werden. Im Bereich Leistungen erwägt der Regierungsrat die folgenden Massnahmen:

  • Abbau Prämienverbilligung,
  • Personalabbau Reduktion von Polizeileistungen und Strafverfolgung,
  • Streichung von Förderprogramme,
  • Reduktion Kulturförderung,
  • Straffung Bildungsangebote,
  • Stipendienkürzungen,
  • Anpassung Gesundheitsversorgung,

Phase 3: Aufgaben- und Finanzplan 2019–2022

Falle die Entlastung im Budgetjahr 2018 nachhaltig aus, reduziere sich entsprechend der Handlungsbedarf für die Folgejahre. Gemäss heutigem Planungsstand beträgt er ab 2019 je 90 Millionen Franken. Um dieses Volumen zu erreichen, seien in jedem Fall Gesetzesänderungen nötig.

Auf der Traktandenliste stünden die Kostenteiler beim Wasserbau und den Ergänzungsleistungen, die Aufgaben- und Finanzreform 2018, die Überprüfung des kantonalen Finanzausgleichs und die Revision des kantonalen Steuergesetzes einschliesslich der kantonalen Anschlussgesetzgebung an die Steuervorlage 2017 des Bundes. Ob die Vorgaben für 2019 im regulären Budgetprozess realisierbar sind oder ob ein Sparpaket nötig ist, entscheidet der Regierungsrat nach der Sommerpause 2017, wenn sich die mittelfristigen finanziellen Risiken und Chancen zahlenmässig konkreter schätzen lassen.

Die nächsten finanzpolitischen Weichenstellungen stehen in wenigen Tagen im Kantonsrat an. Er berät in der Junisession 2017 die finanzpolitische Steuerung (B 64), Massnahmen zur Verringerung der Wahrscheinlichkeit des budgetlosen Zustands (B 78) und das Finanzleitbild (B 79). Im September folgt der Voranschlag 2017 und im Dezember der Aufgaben- und Finanzplan 2018–2021.

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