Kurt Graf geht nach 38 Jahren Dienst in Pension

Luzerner Polizei muss sich einen neuen Kommunikationschef suchen

Kurt Graf, Chef Kommunikationsdienste der Luzerner Polizei.

(Bild: giw)

Er wurde schon vom Schäferhund attackiert und mehrfach angezeigt – doch Kurt Graf ist nicht etwa ein Schwerkrimineller, sondern einer der höchsten Polizisten im Kanton Luzern. Nun geht der Chef Kommunikationsdienste in Pension. Obwohl seine Arbeit nicht immer einfach ist, blickt er dennoch auf eine positive Zeit zurück.

Ob Raubüberfall, Grossunfall oder Brand: Kurt Graf, Chef Kommunikationsdienste der Luzerner Polizei, spricht immer ruhig und überlegt. «Umso hektischer es wird, desto ruhiger werde ich», sagt er von sich. Das hat vielleicht mit seiner grossen Erfahrung zu tun, der Mann hat wortwörtlich schon einige Leichen gesehen in seinem Leben.

Nach über 38 Jahren geht Graf auf Ende Jahr in Pension. Er hat sich im Korps die Ränge hinaufgearbeitet. Der Informationschef war zuerst bei der Sicherheitspolizei, dann Kriminaltechniker und später Chef des Kriminaltechnischen Dienstes, dann stellvertretender Chef Kriminalpolizei und seit 2012 zuständig für die Kommunikation. Wenn Graf, der nächste Woche 62 Jahre alt wird, im Hauptquartier an der Kasimir-Pfyffer-Strasse durch die Gänge schreitet, wird er immer wieder gegrüsst. Mit ein paar wenigen Kollegen hat er bereits gemeinsam die Polizeischule absolviert.

«Wenn ich die Türe hinter mir schliesse, sind die unliebsamen Bilder weg.»

Kurt Graf, Chef Kommunikationsdienste Luzerner Polizei

«Es war eine sehr interessante Zeit», sagt er über seine Jahre im Dienst. Doch nicht immer eine ganz einfache. «Ganz besonders schwierig ist es, wenn Kinder vermisst werden», sagt Graf. Sehr beschäftigt haben ihn auch Fälle von plötzlichem Kindstod. Das sei für die Eltern eine sehr schwierige Situation, gleichzeitig muss der Vorfall ganz genau abgeklärt werden, um ein Tötungsdelikt ausschliessen zu können. «Eine solche Untersuchung ist belastend.» Aber Graf sagt, er könne gut abschalten. «Wenn ich die Türe hinter mir schliesse, sind die unliebsamen Bilder weg.»

110 Beschwerden und zwei Anzeigen gegen Graf

Graf selbst wurde in seiner langen Karriere immer wieder auf die Probe gestellt. Beispielsweise nach dem umstrittenen Einsatz gegen die unbewilligte Demonstration im Vögeligärtli während der EM-Auslosung 2008, die gleichzeitig im KKL stattfand. Während des Einsatzes hatte er die Verantwortung für die Kriminalpolizei. «Es waren über hundert Fernsehstationen beim KKL in Luzern, es durfte nichts schiefgehen.»

Im Hintergrund die Einsatzleitzentrale der Polizei, wo alle Fäden zusammenlaufen, wenn es mal hektisch wird.

Im Hintergrund die Einsatzleitzentrale der Polizei, wo alle Fäden zusammenlaufen, wenn es mal hektisch wird.

(Bild: giw)

Der Stadtrat habe sich um das Image der Stadt gesorgt und deshalb die Proteste für mehr Freiräume nicht gestattet. Über 250 Personen aus linken Kreisen wurden in Polizeigewahrsam genommen und während der Nacht im Sonnenberg untergebracht. Viele warfen der Polizei vor, zu unkorrekt vorgegangen zu sein. Der Vorfall hatte ein Nachspiel: Graf musste über 110 Beschwerden beantworten und wurde gleich zweimal angezeigt – im anschliessenden Verfahren jedoch freigesprochen.

Schwieriger Einsatz in Emmenbrücke

Doch es war nicht das einzige Mal in seiner Karriere, dass er vor den Richter treten musste. 1983 wurde er in Emmenbrücke zu einem schwierigen Einsatz gerufen. Ein Hausfest ist eskaliert, Graf wurde während der Patrouille aufgeboten. «Das ganze Haus war ein einziges Durcheinander, das Treppenhaus war blutverschmiert und ein stark alkoholisierter Bewohner hat seinen Schäferhund auf mich und drei Kollegen gehetzt.» Schliesslich habe man das Tier beruhigen und den Mann festnehmen können. In der Zelle hat der Täter anschliessend noch randaliert. Statt aber klein beizugeben, hat der ungemütliche Zeitgenosse Graf und die anderen Polizisten angezeigt.

«Es gibt durchaus hektische Momente – insbesondere wenn der Ausgang von laufenden Einsätzen unsicher ist.»
Kurt Graf, Chef Kommunikationsdienste Luzerner Polizei

Als Pikettoffizier habe ich mich entschieden, zusammen mit Polizei und Feuerwehr eine Suchaktion zu starten. Wir durchsuchten während der Nacht Felder mit Infrarotgeräten und das Dorf mit Gruppen. Schliesslich hat man das Mädchen um drei Uhr morgens im Dorfkern gefunden. Es hatte sich wegen schlechter Noten versteckt. «Da war die Erleichterung natürlich sehr gross, gerade weil vermisste Kinder oft sehr heikle Geschichten sind», sagt Graf.

Zeit für Garten, Sport und Bergtouren

Die letzten sieben Jahre war Graf nicht mehr in der Frontabteilung, sondern Informationschef. Die Kommunikation umfasse alle Abteilungen, die Herausforderung sei gross und auch interessant – deshalb der Wechsel. Ein entspannter Bürojob vor dem Ruhestand? «Es gibt durchaus hektische Momente – insbesondere wenn der Ausgang von laufenden Einsätzen unsicher ist.»

Die Spezialisten hätten oft ihre Aufgabe im Fokus und seien weniger sensibilisiert für die öffentliche Wirkung ihrer Arbeit, sagt Graf. Beispielsweise wenn es um die Publikation von Fahndungsfotos gehe, tendiert der erfahrene Polizist zur Vorsicht. «Wenn einmal ein Bild in der Presse und im Internet landet, dann bleibt es da», so Graf. Dann ist es an ihm, die Perspektive der Öffentlichkeit anzunehmen.

Der Beruf sei schwieriger geworden in den vergangenen Jahren – insbesondere weil die Redaktionen dank Leserreportern Bilder und Filme besitzen, bevor die Polizei am Einsatzort ist. Auskünfte seitens Polizei kann und darf Graf aber erst geben, wenn die Informationen gesichert sind.

Bald aber ist es mit dem Stress vorbei – im Dezember wird Graf noch seinen Nachfolger einarbeiten. Dann kann er seine Uniform ablegen. Langweilig werde ihm nicht, sagt der verheiratete Vater zweier Kinder. Der Krienser hat diverse Hobbys im Sportbereich, geht gerne zu Berg und kann sich dann auch unter der Woche um seinen Garten kümmern.

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