Eintrittspreise für Theater von 50 bis 80 Franken

Luzerner Grossproduktionen buhlen um Geld und Aufmerksamkeit

Szene aus dem Freilichttheater «Die Schwarze Spinne».

(Bild: zvg/Ingo Hoehn)

Ob eine fünfstöckige Industriehalle, ein künstliches Eisfeld oder eine Schwingarena auf der grünen Wiese: Aktuelle Theater-Produktionen in der Region geizen nicht mit Aufwand und Budget. Dementsprechend kosten die Billette bis zu 80 Franken. Die Produktionen mischen in einem hart umkämpften Markt mit.

«Kommst du das Theater ‹Gedächtnispalast› in der Viscosistadt gucken?» – «Ja klar, kaufst du die Billette?» – «Kann ich machen, es kostet 70 Franken.» – «Was? Nein sorry, das ist mir zu viel …»

Kürzlich so erlebt. Aktuelle Eintrittspreise von hiesigen Theater-Grossproduktionen können schon einmal jemanden abschrecken, die Schmerzgrenze scheint bei manchen Kulturinteressierten erreicht.

Die Billettpreise der grossen Kisten variieren dieses Jahr zwischen 52 und satten 80 Franken (siehe Box). Das kann angesichts des enormen Aufwands, der dahintersteckt, gut erklärt werden. Die Vorbereitungszeit beträgt Jahre, die Gesamtbudgets liegen zwischen einer halben und mehr als einer Million Franken.

Zudem wird der Kampf um Unterstützungs- und Sponsoringgelder härter – und damit die Einnahmen aus Eintritten wichtiger. Sie machen bis zur Hälfte der Gesamteinnahmen aus. Wenn da nicht etliche Beteiligte ehrenamtlich mit anpacken würden, ginge die Rechnung kaum auf.

«Der ausserordentliche Aufwand, den wir betreiben, rechtfertigt den Preis.»

Urs Zürcher, «Gedächtnispalast»

Die Freilichttheater müssen sich zudem in einem übersättigten Eventmarkt mit allgemein steigenden Eintrittspreisen behaupten. Sie bewegen sich auf einem ähnlichen Niveau wie Konzerte. So kostet am Blues-Balls-Festival kein KKL-Konzert unter 76 Franken (daneben gibt’s Gratiskonzerte für einen Festivalpin). Am Open Air B-Sides kostet ein Tagesticket 55 Franken.

Ausserordentlicher Aufwand

Die Grossproduktion «Gedächtnispalast» (künstlerische Leitung: Annette Windlin und Ruth Mächler) ist von den Dimensionen und der speziellen Location her durchaus mit einem Freilichttheater vergleichbar (zentralplus berichtete).

Insgesamt 25 Aufführungen gehen bis 29. Juni in der Industriehalle über die Bühne. Der Aufwand auf den 5’000 Quadratmetern über fünf Stockwerke ist immens. Alleine 40 Spielerinnen sind beteiligt, ganz zu schweigen von allen Helfern.

Eintritt für Theater-Grossprojekte

«Schwarze Spinne»: 24.5.–29.6., Ennetmoos. 52 Fr., reduziert: 26 Fr.

«Gedächtnispalast»: bis 29.6., Viscosistadt Emmen. 70.80 Fr. (inkl. Gebühren), ermässigt: 40 Fr.

Luzerner Freilichtspiel «Was ihr wollt»: 11.6.–13.7. EWL-Areal Luzern. 58 Fr. (2. Kat.), 78 Fr. (1. Kat.), Kinder ab 25 Fr., ermässigt ab 35 Fr.

Luzerner Theater «Zappa on the Hill»: 29.5.–2.6., Sonnenberg Kriens. 60 Fr., ermässigt 30 Fr. (inkl. Fahrt mit Sonnenbergbahn)

Karl-May-Freilichtspiele «Winnetou und der Ölprinz»: 6.7.–10.8., Engelberg. Ab 77.90 Fr. (2. Kat.), 96.90 Fr. (1. Kat.), inkl. Gebühren und Shuttle-Bus, Kinder ab 39.20 Fr.

Dass der Ticketpreis von über 70 Franken hoch angesetzt ist, sind sich die Verantwortlichen bewusst. Es habe auch schon vereinzelte Rückmeldungen gegeben. «Unsere Preispolitik ergibt sich aus den Erfahrungen der früheren Aufführungen unseres Vereins und den aktuellen Budgetzahlen», sagt Produktionsleiter Urs Zürcher.

«Der ausserordentliche Aufwand, den wir betreiben, rechtfertigt den Preis. Darstellende Künste wie Theater sind sehr personalintensiv und nie kostendeckend», sagt er. Im Falle des «Gedächtnispalasts» würden nur schon die Aufwände für das Bühnenbild den üblichen Rahmen «massiv sprengen».

Noch Luft nach oben

Erschwerend kommt hinzu: 20 Prozent der Eintritte für den «Gedächtnispalast» würden für den Ticketverkauf und die Billettsteuer der Gemeinde Emmen draufgehen.

Mit der bisherigen Auslastung seien sie zufrieden: «Wir haben jedoch noch etwas Luft nach oben.» Im Schnitt kommen 200 Zuschauer in die Viscosistadt, die Wochenenden seien besser besetzt als die Mittwochaufführungen, so Zürcher.

Vergünstigungsaktionen mit Partnern mit 20 Prozent Rabatt würden rege genutzt. Ausserdem wurden kürzlich die Preise für Studenten und Lernende von 50 auf 40 Franken verbilligt. «Damit wollen wir ein Zeichen setzen und mit einem fairen Preis auch einem jungen Publikum einen Besuch des ‹Gedächtnispalasts› ermöglichen», sagt er.

Am Freitag feierte das theatrale Grossprojekt «Gedächtnispalast» in Emmenbrücke Premiere.

Szene aus dem Theater-Grossprojekt «Gedächtnispalast» in Emmenbrücke.

(Bild: zvg/Beat Allgaier Anderhub)

Bei null beginnen

Das Gesamtbudget beläuft sich in Emmen auf stolze 1,2 Millionen Franken. «Als privater Anbieter sind wir auf einen Drittel Eigenmittel angewiesen. Ein ambitiöser Einnahmenposten, der zudem noch mit einem grossen Risiko verbunden ist», sagt Zürcher.

Er vermutet eine Übersättigung an Veranstaltungen, zudem spüre man die wirtschaftliche Lage. Es sei definitiv schwieriger geworden, an Sponsoren- und Fördergelder zu kommen. «Man muss schon ein attraktives Gesamtpaket anbieten können.»

Der Verein «Big Bang», der hinter der Produktion steckt, hat bisher erfolgreiche Produktionen in den Kantonen Schwyz und Zug gestemmt. «Wir beginnen jedes Mal praktisch wieder bei null, dies erschwert die Suche nach Sponsoren», sagt Zürcher. Erfreulich sei die Treue der Stiftungen sowie die «volle Unterstützung» der Gemeinde Emmen, der Stadt Luzern sowie aller Innerschweizer Kantone.

Erschwinglich bleiben

Die «Schwarze Spinne» in Ennetmoos hat diesen Freitag Premiere, bis Ende Juni sind es 20 Aufführungen. Die Produktion an diesem Ort ist ein einmaliges Projekt und kann nicht auf Erfahrung zurückgreifen. Die Fassung von Ursula Hildebrand (Regie) und Christoph Fellmann (Text) verfrachtet den Gotthelf-Stoff auf den historischen Allweg, der für die Produktion in eine Schwingarena verwandelt wird.

Ticketeinnahmen seien ein «wesentlicher Bestandteil des Budgets».

Anna Balbi, «Schwarze Spinne»

Ein riesiger Aufwand, eine mehrjährige Vorbereitungszeit von der Planung über die Umsetzung bis zum Schwingtraining. Trotzdem habe man dafür gesorgt, dass die Ticketpreise mit 52 Franken im Vergleich zu anderen Freilichtspielen relativ erschwinglich blieben, sagt Anna Balbi, eine der Produktionsleiterinnen. «Wichtig ist für uns, dass wir Studentenpreise anbieten können, die für ein junges Publikum wirklich bezahlbar sind», sagt sie. Diese zahlen die Hälfte.

Aufbauarbeit der «Schwarzen Spinne»:

 

Ticketeinnahmen seien ein «wesentlicher Bestandteil des Budgets» und machten rund 40 Prozent der Einnahmen aus. Das Gesamtbudget beträgt rund eine halbe Million Franken.

Da braucht es Sponsoren wie die Kantonalbank und das Elektrizitätswerk. «Daran sieht man auch, welche Bedeutung so ein Freilichttheater im Kanton Nidwalden hat», sagt Balbi. Zudem gibt’s Geld von der Albert-Koechlin-Stiftung, das Theater läuft unter der Kulturreihe «Die andere Zeit».

Auch Anna Balbi beobachtet eine gewisse Übersättigung: «Tatsächlich läuft im Moment in der Zentralschweiz sehr viel», sagt sie. Doch das Ennetmoos ist ansonsten nicht gerade ein Kulturhotspot. «Wir spüren sehr viel Begeisterung und Interesse der Ennetmooser. Es wird sehr geschätzt, dass ein Theater bei ihnen stattfindet, welches Tradition und Gegenwart verbindet und eine überregionale Ausstrahlung hat», so Anna Balbi. Mit dem Vorverkauf sei man angesichts des eher nassen Wetters in jüngster Zeit zufrieden.

50 Prozent Eigenfinanzierung in Luzern

Auch das traditionelle Luzerner Freilichtspiel ist dieses Jahr wieder mit von der Partie: «Was ihr wollt» heisst die Shakespeare-Adaption des Schriftstellers Thomas Hürlimann (Regie: Barbara Schlumpf), Premiere ist am 11. Juni. Einen Platz bekommt man ab 58 Franken.

Christoph Risi hat die Freilichtspiele 2005 initiiert. Nun spielt das Freilufttheater erstmals nicht auf Tribschen direkt am See, sondern auf dem EWL-Areal, wo in den nächsten Jahren kräftig gebaut wird. Verantwortlich für die ganze Produktion, für die extra eine Kunsteisbahn verlegt wurde, ist ein 22-köpfiges Ensemble.

Die Produktion kostet «bis zu einer Million Franken», sagte Risi zum Magazin der EWL. Ohne Sponsoren aus der Wirtschaft, Unterstützung von Privaten und der öffentlichen Hand sei eine Produktion in dieser Grössenordnung nicht realisierbar. Trotzdem erwirtschaften die Luzerner Freilichtspiele die Hälfte des Budgets selber: «Das Verhältnis zwischen Eigenfinanzierung durch Ticketverkäufe und dem Anteil der Fremdgelder liegt bei 50:50», so Risi.

Und so sieht die ganze Sache beim Luzerner Freilichtspiel auf dem EWL-Areal aus:

 

Zappa auf dem Hügel

Auch das Luzerner Theater geht übrigens noch an die frische Luft: Für das Musik-Theater-Stück «Zappa on the Hill» wird die Sopranistin Sarah Alexandra Hudarew Teil der Schweizer Band Faber. Die Eintrittspreise liegen bei Luzerner-Theater-üblichen 60 Franken.

Das Ganze wird nur gerade fünfmal auf dem Sonnenberg gezeigt, das Luzerner Theater nützt dafür die Infrastruktur des B-Sides-Festivals, das zwei Wochen später auf dem gleichen Platz stattfindet.

 

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