Was die Expertin für das grosse Fest rät

Luzerner Ernährungsberaterin: «Das Problem sind nicht die drei, vier Weihnachtsessen»

«Ich hab mich völlig überessen», ein Satz, der die Weihnachtstage genauso begleitet wie das stetige: «Au ja, Glühwein!» (Bild: Adobe Stock)

Na, gewappnet für die grossen Weihnachtsessen? Für endlose Stunden am Tisch, zahlreiche Gläser Wein und Berge von Guetsli? Klar, freuen tut man sich schon. Doch fürchten sich viele gleichzeitig davor, mit all der Futterei grandios ausser Form zu geraten. Eine Luzerner Ernährungsberaterin erklärt, was wirklich das Problem ist an der ganzen Völlerei.

«Dörfs no es Schlückli meh si?» – «Chum Kari, nimm no Herdöpfel, mer möched kei Reschte.» – «Doch, doch, für es Stück Torte heds no immer Platz.» Die kommenden Tage sind für viele Menschen kulinarisch erfreulich wie auch anstrengend. Denn bei vielen reiht sich Familienfest an Familienfest, bis man am Abend des 26. Dezembers überfressen auf dem Sofa liegt und dort die letzten vier Spitzbuben, das dritte Bratenstück und das letzte Glas Wein bereut.

Gerade Menschen, die sich ihres Gewichtes bewusst sind und dieses lieber etwas tiefer halten möchten, fürchten sich, dass die Festtage verkleidet als Hüftspeck zu lange in Erinnerung bleiben.

Die Krienserin Simone Bürgler wird als Ernährungsberaterin zurzeit mit ebensolchen Fragen konfrontiert.

zentralplus: Sind die kommenden Weihnachtstage – wie es das Klischee besagt – tatsächlich problematisch fürs Körpergewicht?

Bürgler: Eigentlich nicht. Gerade wenn man sich überlegt, wie oft man im Sommer grilliert, Würste isst und Bier trinkt. Dies über eine deutlich längere Zeit, als wir es während der Festtage tun. Doch klar: Es braucht etwas Verstand, um zu merken, wann Zeit ist, mit dem Essen aufzuhören. Doch die gesellschaftliche Tendenz geht in eine gute Richtung, meine ich.

zentralplus: In welche denn?

Bürgler: Meine subjektive Wahrnehmung ist, dass die Gesellschaft heute nicht mehr gar so üppig feiert und dass man sich etwas mehr Gedanken macht. Ich glaube auch, dass das Konsumverhalten eher rückläufig ist. Doch das ist sicher nicht bei allen so.

zentralplus: Bei wem denn nicht?

Bürgler: Einerseits gibt es die Bevölkerungsschichten, die es sich vielleicht weniger leisten können, qualitativ gute Lebensmittel einzukaufen. Ausserdem ist bei Menschen mit einem tieferen Bildungsstand das Bewusstsein für eine ausgewogene Ernährung eher geringer.

zentralplus: Die Tage, die kommen, werden – trotz gesteigertem Bewusstsein – bei vielen Leuten von üppigen Essen dominiert. Man sitzt lange, isst und trinkt mehr als sonst und bewegt sich weniger. Ausserdem sind Fitnesscenter und Schwimmhallen zu dieser Zeit häufig geschlossen. Eine problematische Kombination?

Bürgler: Eigentlich nicht. Ich finde, man kann sich auch ausserhalb des Fitnessstudios gut bewegen. Es muss ja nicht ein intensives Workout sein. Es reicht, sich ein wenig draussen an der frischen Luft zu bewegen, seinen Körper zu spüren und den Verstand spielen zu lassen: Warum nicht einfach zu Fuss auf Besuch zu gehen, statt sich ins Auto zu setzen? Oder den Besuch mit einem Spaziergang abrunden?

«In erster Linie kann man beim Alkoholkonsum ansetzen.»

Simone Bürgler, Ernährungsberaterin

zentralplus: Gibt es Tricks, die man befolgen kann, wenn man zu der Sorte Mensch gehört, die gerne viel isst? Wie kann man sich selbst überlisten, damit man nach den Feiertagen nichts bereut?

Bürgler: In erster Linie kann man beim Alkoholkonsum ansetzen. Etwa, indem man zwischendurch Wasser trinkt und ein etwas langsameres Tempo einschaltet. Auch kann man sich bewusst werden, was man in welchem Verhältnis isst. Meist hat man ja Fleisch, Stärke sowie Gemüse und Salat zur Verfügung. Da kann man gut steuern, wovon man wie viel zu sich nimmt.

zentralplus: Und wenn man sich bei Chips oder Guetsli ganz schlecht zügeln kann?

Bürgler: Das ist dann schwieriger. Dann muss man an sich selber arbeiten und sich vielleicht an eine Ernährungsberatung wenden. Sowieso sind es nicht die wenigen paar Tage, die ernährungstechnisch problematisch sind.

zentralplus: Sondern?

Bürgler: Wegen drei, vier Festessen nimmt man nicht zu. Das Problem ist vielmehr die Zeit davor. Dass man vom ersten Dezember bis zum ersten Januar jeden Tag Glühwein trinkt, Guetsli und Weihnachtsschokolade isst. Doch man soll in dieser Zeit auch realistisch sein.

zentralplus: Heisst?

Bürgler: Es muss kein Ziel sein, über die Weihnachtstage abzunehmen. Man soll ja auch geniessen können. Vielmehr kann es jedoch ein Vorsatz sein, während dieser Zeit nicht zuzunehmen.

zentralplus: Dann dürften Sie wohl auch wenig davon halten, wenn Menschen am 1. Januar schwören, ihr Leben völlig auf den Kopf zu stellen und per sofort nur noch gesund zu leben.

Bürgler: (schmunzelt.) Man kann sie ja dann anfangs Februar wieder fragen, wie es läuft. Eine Ernährungsumstellung sollte möglichst alltagstauglich sein und genügend Proteine und eine angepasste Menge an Stärkeprodukten beinhalten. So lassen sich etwa Heisshungerattacken vermeiden. Nein, ich empfehle nie, eine Radikaldiät zu machen.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Joseph de Mol
    Joseph de Mol, 26.12.2019, 12:04 Uhr

    Ich nehme an Weihnachten nur Lichtnahrung aus dem Römertopf zu mir. Und wenn das mal nicht reicht, gibts ergänzend Kerzenreste.

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  • Profilfoto von CScherrer
    CScherrer, 24.12.2019, 14:33 Uhr

    Die Sache ist ganz einfach. Bewegung, Bewegung, Bewegung. Die Menschen bewegen sich viel zu wenig. Da muss noch viel mehr getan werden. Weiter keine Süssgetränke (Cola etc.) und diese unsäglichen Fertiggerichte (Zucker, Zucker, Zucker). Schon mal darauf geachtet, was wo drin steckt? Da wird einem aber Übel. Die Ernährungsindustrie arbeitet mit so genannten Geschmacksverstärker etc., welche das grosse Problem sind. Schlussendlich bleibe ich dabei: Bewegt Euch und trinkt zum Entschlacken Brennesseltee. That works.

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  • Profilfoto von M. Roe
    M. Roe, 24.12.2019, 01:15 Uhr

    Als Erwachsene konnte ich mir angewöhnen, kein Frühstück zu essen (16/8). Meine Ernährung ist heute möglichst deftig und unkompliziert. D.h. mit genügend gesundem Fett. Ich bewahre wenig bis kein Brot und Teigwaren im Haus auf: denn sonst sind gerade diese mit viel Ungesundem beladen die Schnelle Lösung. Wenn’s pressiert ist eine Gemüsesuppe in 15Minuten bereit und total gesund. Eintopf oder Früchtekuchen mache ich im Voraus, damit ich meist nur wärmen muss. Auf diese Weise nehme ich nicht mehr zu! Jedoch: Kindern sollte man das Gesündeste und Nahrhafteste zum Frühstück geben, dann kommen keine falschen «Gelüste» auf.

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