Genervte Buspassagiere machen ihrem Ärger Luft

Luzerner Busse: Erst Bleifuss, dann Vollbremsung?

«Ich habe auch schon erlebt, wie eine alte Person stürzte und der Chauffeur erwiderte, dass man sich besser halten solle», so eine Buspassagierin.

(Bild: ida)

Sie ist so alt wie der öV selbst, wird aber immer wieder befeuert: Die Debatte über die Fahrweise der Luzerner Buschauffeure. «Hau-Ruck-Fahren», «mit Vollgas auf die Fussgänger und dann brüsk abbremsen», «kein gutes Gespür für ihr Fahrzeug» lauten einige der gehörten Stimmen. Was ist dran?

«Ich habe auch schon erlebt, wie eine alte Person stürzte und sich gar die Hüfte gebrochen hat», erzählt die 25-jährige Justine Strebel, die täglich von Nidwalden nach Root pendelt. «Der Chauffeur suchte den Fehler nicht bei sich. Er meinte, man solle sich eben besser festhalten.»

Die Debatte ist so alt wie die Luzerner Busse. Und kommt gerade im Zeitalter der sozialen Medien regelmässig auf: Man beschwert sich über die ruppige Fahrweise von Luzerner Chauffeure. Im Bus auf dem Weg zur Arbeit werde man erst so richtig aus dem Schlaf gerissen. Vor einer Haltestelle werde abrupt abgebremst, der Kaffee schwappt über. Einige Passagiere, die sich zu wenig festgehalten haben, «schleudern» umher.

Sorgenbriefkasten der Stadt Luzern erhielt Post

«Haben die Busse in Luzern kein Gaspedal, mit dem der Fahrer zart umgehen kann?», setzt ein Facebook-Nutzer die Frage im «Sorgenbriefkasten der Stadt Luzern» in die Runde. Und weiter: «Meine Erfahrung ist: Anfahren = Vollgas, Abbremsen an der Haltestelle = Vollbremsung.»

Die Frage löste zahlreiche Reaktionen aus. Mehr als ein Dutzend Personen zeigen sich über die Fahrweise einiger Fahrer empört – andere versuchen dafür Erklärungen zu finden. Eine Problemzone sei die Hirschmattstrasse in Luzern, wie ein Mitglied meint: «Mit Vollgas auf die zahlreichen Fussgänger zufahren, um dann vor diesen brüsk abzubremsen, wenn Fussgänger rüber wollen.»

Die Dame mit Rollator, die den öV meidet

Ist der Zeitdruck schuld daran – der Zwang, den Fahrplan einzuhalten? Steht Pünktlichkeit der Busse vor Sicherheit und Fahrkomfort der Fahrgäste? Und vor allem: Ist die Kritik berechtigt? Setzt man sich zu Fahrgästen in den Luzerner Bussen oder befragt Passanten am Bahnhof, die gerade auf einen Bus warten, stimmen diese gerne zu. «Die Busse sind zum Teil so vollgestopft, dass man sich beim besten Willen nirgends mehr halten kann», sagt die 59-jährige Margrith Schnyder aus Hellbühl. Mehrheitlich seien die Fahrten jedoch angenehm. Aber auch schon seien – aufgrund der fehlenden Haltemöglichkeiten und des abrupten Abbremsens des Chauffeurs – Fahrgäste einen halben Meter quer durch den Bus geschleudert worden.

«Haben die Busse in Luzern kein Gaspedal, mit dem der Fahrer zart umgehen kann?»

Facebook-Nutzer im «Sorgenbriefkasten der Stadt Luzern»

Auch eine 81-jährige Dame, die mit dem Rollator auf den 1er-Bus wartet, macht ihrem Ärger Luft. Oftmals könne sie sich nicht mal in Ruhe setzen, ohne dass der Bus bereits angefahren sei. Auch sie sei schon gestürzt, weshalb sie die Busse – so gut es eben ginge – meiden würde.

Die 22-jährige Lea Felder machte indessen ganz andere Erfahrungen. «Einige Busse fahren viel zu langsam», meint sie. Beschweren will sie sich nicht – schon gar nicht über eine derbe Fahrweise.

Busbetriebe sehen keinen Handlungsbedarf

Die VBL und die Auto AG Rothenburg sehen kein Dilemma. Von einer brüsken Fahrweise will die Auto AG Rothenburg nichts wissen. «Der Fahrstil ist bei den Kundenreaktionen kein Bestandteil», meint Florine Schmidt, Leiterin Marketing und Kommunikation bei der Auto AG Rothenburg. Vergangenes Jahr hätten sie sechs Rückmeldungen erhalten bei über sechs Millionen transportierten Fahrgästen, was keinen Handlungsbedarf mit sich ziehen würde.

Die VBL hingegen kennt das Thema. Die Diskussion habe man auf Facebook mitverfolgt, teilt Christian Bertschi, Mediensprecher der Verkehrsbetriebe Luzern, mit.

«Das Hau-Ruck-Fahren dient der Fahrplaneinhaltung. Es ist eine Gratwanderung für die Fahrer, welche definitiv nicht immer glückt.»

Facebook-Nutzer im «Sorgenbriefkasten der Stadt Luzern»

Auf Facebook wurden verschiedenste Ursachen als Erklärungen für eine unangenehme Fahrweise genannt. Überforderung, harte Arbeitsbedingungen und strenge Arbeitsschichten. Die wohl meistgenannte Ursache: Zeitdruck. «Das Hau-Ruck-Fahren dient der Fahrplaneinhaltung (spart Sekunden). Es ist eine Gratwanderung für die Fahrer, welche definitiv nicht immer glückt», lautete ein Kommentar.

Bertschi verneint diese Vorwürfe. Es bestehe kein Zeitdruck aufgrund des Fahrplans. Sicherheit habe oberste Priorität, weshalb man auch Verspätungen in Kauf nehme. Dasselbe teilt auch die Auto AG Rothenburg mit. Arbeitsschichten sowie Ruhepausen werden gesetzlich fest- und eingehalten. Dies werden laufend kontrolliert, heisst es weiter.

Buschauffeure werden auf neue Modelle geschult und mit diesen vertraut gemacht. Die Fahrweise werde kontrolliert. Das heisst, dass Fahrer in regelmässigen Zeitabständen von ihren Vorgesetzten auf ihren Fahrten begleitet werden. «Stellen wir bei solchen Begleitfahrten oder aufgrund von Kundenreaktionen Defizite in der Fahrweise fest, so werden diese Chauffeure in eine Weiterbildung geschickt», sagt Bertschi.

Über die Philosophie des Busfahrens

Die Diskussion auf Facebook erscheint einem beinahe endlos. Einige gehen in den Erklärungen weiter und finden vermeintliche Unterschiede der Geschlechter, was ein wenig absurd erscheinen mag. Frauen seien die feinfühligeren Fahrerinnen, erklärt jemand: «Die meisten männlichen VBL-Chauffeure haben eine Lastwagenkarriere hinter sich und können Passagiere nicht von Gütern oder schweren Lasten unterscheiden. Sie pflegen einfach einen ihren angestammten LKW-Fahrstil. Frauen hingegen sind in der Lage, zwischen unempfindsamen Transportgut und empfindsamen Menschen zu unterscheiden.»

«Die Eindrücke betreffend Gasgeben und Bremsen sind sehr subjektiv.»

Christian Bertschi, Mediensprecher Verkehrsbetriebe Luzern

Doch nicht nur den Busfahrern wird die Schuld zugeschoben. Einige versuchen diese zu entlasten. Der Luzerner Verkehr werde immer schlimmer, lauten einige Aussagen auf Facebook. Fussgänger wie auch andere Fahrzeuge behindern die Fahrbahn, weil sie blindlings die Durchfahrt betreten würden.

Kritische Stimmen von Buspassagieren über die Fahrweise werden sich wohl nie vermeiden lassen. «Die Eindrücke betreffend Gasgeben und Bremsen sind sehr subjektiv», hält VBL-Sprecher Christian Bertschi fest.

Einen (gekürzten) Einblick in die Diskussion im «Sorgenbriefkasten der Stadt Luzern» erhalten Sie hier:

Angeregte Diskussion und kritische Stimmen auf Facebook zu den Fahrweisen der Buschauffeure.

Angeregte Diskussion und kritische Stimmen auf Facebook zu den Fahrweisen der Buschauffeure.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Strouch
    Strouch, 27.03.2018, 11:46 Uhr

    Genau deswegen fahre ich nur im Notfall mit dem Bus. Es ist eine Schande wie die VBL mit ihren Kunden um geht.

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