Expertin warnt vor albanischen Kriminellen

Luzern spart bei der Polizei – organisierte Gruppen riechen Lunte

Im Sommer 2015 zerschlug die Luzerner Polizei drei albanische Drogenringe und stellte unter anderem drei Kilogramm Heroin sicher.

(Bild: Luzerner Polizei)

Die Luzerner Polizei ächzt unter den kantonalen Sparmassnahmen. Weil die Bekämpfung von organisierter Kriminalität besonders zeit- und kostenintensiv ist, besteht die Gefahr, dass sich kriminelle Netzwerke bilden. Eine immer grössere Rolle spielen dabei Gruppen aus dem Balkan.

«Es besteht die Gefahr, dass sich ein kriminelles Netzwerk bildet, darauf weisen wir schon länger hin», sagte der Luzerner Polizeikommandant Adi Achermann im Nachgang zur Budgetdebatte. Dies sei die sicherheitspolitische Sicht, finanzpolitisch könne man natürlich andere Schwerpunkte setzen. Aber gibt es denn schon konkrete Anzeichen für ein solches kriminelles Netzwerk? «Ja», sagt Adi Achermann auf Anfrage, «dies ist nicht nur im Kanton Luzern der Fall. Kriminelle Netzwerke sind überregional aktiv.»

Federico Domenghini, Präsident des Verbandes der Luzerner Polizei, schlägt in dieselbe Kerbe: «Kriminelle kennen längst die Lücken des Systems.» Das Problem mangelnder Ressourcen manifestiere sich insbesondere bei komplexen Fällen. «Wer also professionell und organisiert kriminell ist, wird künftig weniger zu befürchten haben», so Domenghini (zentralplus berichtete).

Über sieben Mal pro Tag kann die Polizei wegen mangelnder Ressourcen nicht ausrücken. Die Sparmassnahmen des Kantons Luzern haben Folgen – auch für die Sicherheit der Bevölkerung (zentralplus berichtete). Doch Falschparker, Litterer oder Kiffer sind kleine Fische. Wie reagieren die «richtigen» Ganoven auf die aktuelle Lage?

Gesetzgebung hinkt immer hinterher

Stephanie Oesch ist Politologin und hat ein Buch über organisierte Kriminalität in der Schweiz geschrieben. Sie teilt Domenghinis Einschätzung: «Mitglieder krimineller Organisationen leben hier und bekommen die Neuigkeiten mit, wie dies jeder normale Bürger tut.» Solche Organisationen gebe es in der ganzen Schweiz und sicherlich auch in Luzern. «Die Behörden wissen oftmals nicht, wo und wer genau involviert ist – sonst wären Ermittlung, Prävention und Strafvervolgung sehr viel einfacher.»

«Gruppierungen aus dem Balkan zeichnen sich durch eine hohe Gewaltbereitschaft aus.»

Stephanie Oesch, Expertin für organisierte Kriminalität

Mangelnde Ressourcen sind ein ernsthaftes Problem, denn Expertin Oesch antwortet auf die Frage, was es zur Bekämpfung braucht: «Unglaublich viel Personal und Zeit.» Ermittlungen seien kostenintensiv und dauerten lange. Ein weiteres Problem sei die hinterherhinkende Gesetzgebung. «Wenn Sie eine neue Vorgehensweise der Gruppen erkannt und ein entsprechendes Gesetz geschaffen haben, ist die Vorgehensweise längst veraltet.» Darum komme es auch selten zu Verurteilungen.

Stephanie Oesch, Expertin für organisierte Kriminalität, und der Luzerner Polizeikommandant, Adi Achermann.

Stephanie Oesch, Expertin für organisierte Kriminalität, und der Luzerner Polizeikommandant, Adi Achermann.

(Bild: zvg)

Drogen-, Waffen- und Menschenhandel

Nebst der wohl bekanntesten kalabrischen Mafia «Ndrangheta» äussern Experten immer wieder die These, dass insbesondere die albanische Mafia in der Schweiz aktiv sei. «Absolut, die gibt es und ihre Mitgliederzahl steigt», sagt Oesch. «Die schweizerische Kriminalität wird entscheidend durch solche Gruppierungen geprägt.» Die Kriminellen aus dem Balkan würden seit Jahren von der schwachen beziehungsweise fehlenden Rechtsstaatlichkeit, von andauernden politischen Instabilitäten sowie der massiven Korruption in ihren Heimatländern profitieren. «Der Einfluss krimineller Organisationen und die Infiltration von Staat und Gesellschaft sind dort gross.»

«Die organisierte Kriminalität beschränkt sich nicht auf Nationalitäten»

Adi Achermann, Luzerner Polizeikommandant

Das grösste «Geschäftsfeld» ist der Drogenhandel. «Der hiesige Heroinhandel wird durch albanische Gruppen kontrolliert», hält Oesch fest. Ferner seien die Gruppierungen im Waffenhandel und -schmuggel aktiv, sowie teilweise im Menschenhandel und in der Prostitution. «Gruppierungen aus dem Balkan zeichnen sich durch eine hohe Gewaltbereitschaft aus.»

In diesem Thema konkrete Zahlen zu nennen, ist schwierig. Oesch erklärt: «Kriminelle Gruppierungen wollen ja eben gerade nicht auffallen und achten streng darauf, im Geheimen zu operieren.»

Grosses Dunkelfeld

Polizeikommandant Adi Achermann will die These mit der albanischen Mafia nicht kommentieren, verneint sie jedoch auch nicht. «Die organisierte Kriminalität beschränkt sich nicht auf Nationalitäten», sagt er. Die Aktivitäten seien unterschiedlich. «Die Luzerner Polizei ermittelt, sobald sie von Straftaten Kenntnis hat.» Gerade auch bei organisierter Kriminalität gebe es jedoch ein grosses Dunkelfeld.

Die Luzerner Staatsanwaltschaft wollte auf Anfrage keine Fragen zum Thema beantworten. «Wir äussern uns aktuell nicht zur Spardebatte», liess Mediensprecher Simon Kopp verlauten.

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