Heidi Maria Glössner ist zurück am Luzerner Theater

«Luzern hat die Chance verpasst, im KKL einen Theatersaal zu bauen»

Fühlt sich in Luzern zu Hause: Heidi Maria Glössner vor dem KKL. (Bild: zvg)

Theater überall, «Die Herbstzeitlosen» und KKL-«Tatort»: Schauspielerin Heidi Maria Glössner war allenorten dabei. Auch 13 Jahre als Ensemblemitglied am Luzerner Theater. Derzeit spielt sie die Hauptrolle in einer Jazz-Operette. Es ist für Glössner ein Heimspiel.

Ihre blauen Augen sind ihr Markenzeichen, sie scheinen das Gegenüber zu durchdringen, ihr Lächeln ist entwaffnend, ihre Stimme angenehm tief. Man schaut ihr immer wieder und immer noch gerne zu, sei es auf der Leinwand oder auf der Bühne. Und auch wenn Heidi Maria Glössner auf mehr als 50 Jahre Theater- und Filmerfahrung zurückblickt, gehört sie noch lange nicht zum alten Eisen. 

«Das Schauspiel ist meine Leidenschaft, mein Leben», sagt Heidi Maria Glössner, die vor ein paar Tagen im Restaurant «Krone» Malters ihren 76. Geburtstag gefeiert hat. Diese Leidenschaft bringt sie diese Tage zurück nach Luzern. Ihren Enkelinnen macht sie die Stadt jeweils als «schönste der Welt» schmackhaft. Und hier fühlt sie sich zu Hause, auch wenn sie nicht mehr hier lebt. 

1974 ist die Süddeutsche für viele Jahre nach Luzern gezogen, «im Obergütsch wohnte ich direkt am Waldrand – wunderbar». Geboren ist Heidi Maria Glössner während den Wirren des Zweiten Weltkrieges. Ihre Mutter wollte sie vor den Fliegerbomben in Karlsruhe schützen, und sie brachte sie nach Niederuzwil SG zur besten Freundin. Ihre Pflegemama, eine Schneiderin, blieb unverheiratet und kinderlos. «Ich war ihr grosses Glück», sagt Glössner heute. Sie erinnert sich gerne an erste Verwandlungsspiele mit deren Kleidern aus der Stofftruhe.

Karrierestart mit 25 Jahren

Ihre Karriere startete Heidi Maria Glössner in Bern: mit einer Premiere an ihrem 25. Geburtstag. Es war just der Tag, an dem Präsidenten-Witwe Jackie Kennedy den Milliardär Onassis geheiratet hat. «Das werde ich nie vergessen», sagt die Schauspielerin. 1997, als Schweizer Erstaufführung, spielte Glössner genau die Frau, die vor Jackie Kennedy mit dem griechischen Reeder eine lange Affäre hatte: Opernsängerin Maria Callas. 

Heidi Maria Glössner in jungen Jahren am Luzerner Theater in einem Musical. (Bild: zvg)

Glössners Auftritte wurden zum Triumph. Und es folgten überall und ohne Unterlass Angebote: Filme wie der Frauenreigen «Die Herbstzeitlosen», der freche «Handyman» und zuletzt der KKL-«Tatort». Für ihr Wirken wurde Heidi Maria Glössner vielfach geehrt, so unter anderem mit dem Armin-Ziegler-Preis für ihr Lebenswerk, dem Prix Walo als beste Schauspielerin und der Ehrenmedaille der Bernburger.

«Ich wurde immer wieder auf der Strasse angesprochen, machte schnell Freundschaften.»

Heidi Maria Glössner, Schauspielerin, über ihr Wirken in Luzern

Die schönsten Jahre verbrachte sie aber am Luzerner Theater von 1974 bis 1987: Hier fühlte sich Heidi Maria Glössner von Anfang an schnell aufgenommen. «Ganz anders als in Bern, wo ich drei Jahre lang sehr einsam war», gesteht sie. Das liege am enthusiastischen Publikum und den begeisterungsfähigen Luzernern: «Ich wurde immer wieder auf der Strasse angesprochen, machte schnell Freundschaften.» Das Luzerner Publikum sei eines, das sehr direkt und emotional reagiere. «Auch bei Missfallen; ich habe es schon erlebt, dass da wütend Türen geschletzt wurden vor Empörung», lacht sie. In Luzern erhielt sie auch ihr schönstes Kompliment: «Sie haben ein grosses Talent, mit ihrem Spiel den Menschen direkt ins Herz zu gehen.»

Immer wieder zurück ans Luzerner Theater

Deshalb kam Heidi Maria Glössner immer wieder gerne zurück ans Luzerner Theater, so wie jetzt wieder. Bis am 13. März 2020 spielt sie in einer eigens für Luzern gestalteten Version der Jazz-Operette «Märchen im Grand Hotel». 

Heidi Maria Glössner ist im «Märchen im Grand Hotel» auch grandios inszeniert. (Bild: zvg)

Am Theater liebt sie die Proben genauso wie die Momente im Rampenlicht, um perfekt in die Haut einer anderen zu schlüpfen und Geschichten zu erzählen. Bis heute zweifelt Heidi Maria Glössner keine Sekunde an ihrem Traumberuf, auch wenn ihr durch Intrigen zweimal eine Wunschrolle entging. «Aber ich bin nicht nachtragend.» Sie scheint mit sich im Reinen, wirkt aufgestellt und positiv.

Und auch mit 76 ist sie vif und schlank, voller Energie. Dennoch setzt sie sich immer schon mit dem Tod auseinander. Schliesslich geht es ja nicht nur bei Shakespeare immer um «Sein und Nichtsein». «Und in meiner Karriere habe ich wohl alle grossen Frauen in den Stücken des Engländers gespielt», sagt sie nicht ohne Stolz. 

Vorletztes Jahr spielte sie in «Alzheim» eine demente Seniorin. Derzeit gibt sie ein Stück nach der grossen Schriftstellerin Joan Didion in Bregenz: In «Das Jahr magischen Denkens» geht es um die Verarbeitung zweier Tode nächster Menschen. Wie geht sie selber mit dem Älterwerden um? Sie winkt ab: «Ich vergesse zwar Namen ohne Ende. Aber wenn ich eineinhalb Stunden allein auf der Bühne stehe, habe ich bislang kein Wort Text vergessen.»

«Mit dem Bewusstsein, dass der Intendant wechselt, gibt es natürlich viele Fragezeichen.»

Dass dies nicht passiert, dafür sorgt das Team des Luzerner Theaters. «Die Luzerner Crew ist bestens motiviert, und ich bin einmal mehr gut aufgehoben.» Von Dumpinglöhnen am Theater, die derzeit zu reden geben, weiss sie nichts, aber sie vermutet: «Mit dem Bewusstsein, dass der Intendant wechselt, gibt es natürlich viele Fragezeichen; die Belegschaft muss sich wieder neu bewähren.» Doch das sei ja in der Branche gang und gäbe. 

Heidi Maria Glössner (Mitte) im «Märchen im Grand Hotel». (Bild: zvg)

Ganz toll findet Heidi Maria Glössner, dass das Theater mitten im Herzen der Stadt ist. Doch eine Chance hätten die Luzerner wohl verpasst, meint sie: «Ich habe nach dem KKL-Neubau dem Verwaltungsratspräsidenten Kurt Meyer gesagt, dass man am besten neben dem Konzertsaal auch gleich einen Opern- und Theatersaal ins Gebäude gebaut hätte.»

Diese Vision blieb leider unerfüllt. Immerhin ist Luzern stolz auf sein Theater, und dank dessen vergleichsweise kleinen Bühne sind die Zuschauer dafür sehr nahe an den Schauspielern dran. Derzeit wieder einmal ganz nah an der umwerfenden Aura von Heidi Maria Glössner.

Bis am 13. März 2020 ist Heidi Maria Glössner als Isabella in der Jazz-Operette «Märchen im Grand Hotel» noch zu erleben. Auch heute Sonntagabend.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon